Der Außenhandel geht zurück, Investitionen sinken und der Konsum bricht deutlich ein – die Corona-Krise trifft die deutsche Wirtschaft hart. Das lässt sich vor allem am realen Bruttoinlandsprodukt ablesen, das im ersten Quartal deutlich eingebrochen ist. Dieser Abwärtstrend wird sich im zweiten Quartal voraussichtlich noch stärker fortsetzen. Und auch um den Arbeitsmarkt ist es schlecht bestellt: Im Mai haben sich noch einmal mehr Menschen arbeitslos gemeldet als im Vormonat – Tendenz steigend.

Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist im ersten Quartal 2020 um 2,2 Prozent geschrumpft. Dieser Einbruch ist gravierend, obwohl sich die Corona-Krise erst gegen Ende des Quartals mit voller Wucht bemerkbar gemacht hat. Es ist daher davon auszugehen, dass die Wirtschaft im zweiten Quartal einen noch weitaus stärkeren Rückgang verzeichnen wird. Auch wenn die Vorlaufindikatoren im Allgemeinen wieder ansteigen, befinden sie sich immer noch auf einem extrem niedrigen Niveau. Der Lkw-Maut-Fahrleistungsindex – ein Frühindikator für die Industrieproduktion – brach im März ebenfalls stark ein. Seit Ende April deutet er aber tendenziell eine Erholung an. Damit dürfte der Einbruch des BIP aufgrund der Corona-Krise einen in der Nachkriegsgeschichte noch nie gesehenen Tiefpunkt markieren.

Außenwirtschaftliches Umfeld

Aufgrund der Corona-Krise befindet sich nicht nur die Wirtschaft in Deutschland, sondern weltweit in einer Rezession.  Das BIP der Europäischen Union sank im ersten Quartal um 3,3 Prozent. Insbesondere Frankreich (-5,8 %), Spanien (-5,2 %) und Italien (-4,7 %) waren stark betroffen. In den USA nahm das Bruttoinlandsprodukt um lediglich 1,2 Prozent ab. Das liegt daran, dass die wesentlichen wirtschaftlichen Auswirkungen des Corona-Virus hier erst etwas später zu Buche schlagen. Der Haupteffekt der Eindämmungsmaßnahmen wird sich, wie fast überall, im zweiten Quartal am deutlichsten zeigen. Für die USA wird aktuell von einem kurzfristigen Absturz des BIP von mehr als einem Drittel ausgegangen. Auch die Schwellenländer sind stark betroffen. Lediglich in China scheint sich die Industrieproduktion weiter zu erholen. Angesichts dieser Lage bleiben die Konjunkturaussichten stark getrübt.

Außenhandel

Corona hat den Außenhandel im ersten Quartal erwartungsgemäß massiv beeinträchtigt. Die Exporte nahmen preis-, saison- und kalenderbereinigt um 3,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal ab. Die Importe sanken um 1,6 Prozent. Diese Entwicklung wird sich solange fortsetzen, bis der Welthandel wieder an Fahrt gewinnt.  Am aktuellen Rand erholen sich die Exporterwartungen wieder etwas, wenngleich sie noch immer sehr pessimistisch ausfallen.

Investitionen

Die Investitionen verringerten sich im ersten Quartal insgesamt nur moderat. Grund hierfür sind zwei gegenläufige Effekte: Zwar sanken die Investitionen in Ausrüstung um 6,9 Prozent. Dieser starke Einbruch wurde allerdings durch die Bauinvestitionen abgemildert, die um 4,1 Prozent gestiegen sind. Die Investitionsgüterproduzenten beurteilen ihre aktuelle Lage noch einmal schlechter als im Vormonat, und auch der Ausblick in die Zukunft bleibt trotz eines Anstieges des Indikators stark getrübt.

Konsum

Der Konsum wurde durch die Schließungsmaßnahmen besonders hart getroffen.  Bereits im ersten Quartal kam es deshalb zu einem markanten Einbruch von 2,2 Prozent. Auch hier gab es zwei gegenläufige Effekte: Während der private Konsum um 3,2 Prozent kräftig zurückging, wirkte der Staatskonsum mit einem Plus von 0,2 Prozent leicht stützend.  Die Talfahrt dürfte sich im zweiten Quartal fortsetzen, auch wenn aktuell die Einschränkungen mehr und mehr gelockert werden. Konzerte, Messen und andere Großveranstaltungen sind weiter ausgesetzt, und auch in der Gastronomie und im Tourismus ist noch kein Normalzustand erreicht.  Aufgrund der steigenden Zahlen für Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit gibt das Konsumklima im Mai noch einmal nach und befindet sich dadurch weit im Minus.

Arbeitsmarkt

Die enormen Auswirkungen der Corona-Krise zeigen sich auch am Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosigkeit steigt erneut deutlich, wenngleich weniger als noch im April. Auch diesen Monat ist dieses Ergebnis teilweise durch Sondereffekte bedingt wie ausbleibende Abgänge aus Arbeitslosigkeit in arbeitsmarktpolitische Maßnahmen. Das IAB-Arbeitsmarktbarometer steigt ausgehend von seinem Tiefstwert im April wieder etwas an und erreicht im Mai einen Stand von 93,8 Punkten. Für die kommenden Monate wird dennoch erwartet, dass die Arbeitslosigkeit stark zunimmt und die Beschäftigung zurückgeht. Noch immer ist kurzfristig mit mehreren Millionen Kurzarbeitern zu rechnen. Während dies für umfassende Arbeitsausfälle steht, zeigt es auch eine große Bereitschaft der Betriebe, ihre Beschäftigten zu halten. Angesichts der Dimension des wirtschaftlichen Schocks bleibt der Arbeitsmarkt verhältnismäßig robust.

Bauer, Anja; Weber, Enzo (2020): Einschätzung des IAB zur wirtschaftlichen Lage – Mai 2020, In: IAB-Forum 3. Juni 2020, https://www.iab-forum.de/einschaetzung-des-iab-zur-wirtschaftlichen-lage-mai-2020-2/, Abrufdatum: 21. November 2024