Betriebe benennen in etwa 75 Prozent ihrer Stellenanzeigen explizit fachliche Kompetenzen. Zugleich werden in rund zwei Drittel der betrieblichen Stellenanzeigen aber auch überfachliche Kompetenzen gefordert. Bei Letzteren gilt dabei den personalen und sozial-kommunikativen Kompetenzen ein besonderes Augenmerk. Vor allem größere Betriebe, die vergleichsweise hohe Löhne zahlen, fordern überfachliche Kompetenzen — insbesondere, wenn es um Stellen mit höherem Anforderungsniveau geht.

Überfachliche Kompetenzen gewinnen bei der Besetzung offener Stellen immer weiter an Bedeutung. Dies zeigt unter anderem eine Studie der Unternehmensberatung Mercer aus dem Jahr 2021, die überfachliche Kompetenzen sogar für wichtiger hält als fachliche Kompetenzen. Firmen, die auf Beschäftigte mit bestimmten überfachlichen Kompetenzen bauen können, sind der Studie zufolge für organisatorische Veränderungen besser gerüstet. Umgekehrt haben solche Beschäftigte auf Dauer bessere Erwerbschancen. Letzteres deckt sich mit Befunden von David Deming aus dem Jahr 2017, wonach hoch qualifizierte Arbeitsplätze, bei denen soziale Fähigkeiten gefragt sind, zunehmend bedeutsamer werden.

Wie bedeutsam überfachliche Kompetenzen sind, zeigt eine Auswertung von Stellenanzeigen, die in der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit (BA-Jobbörse) veröffentlicht wurden (siehe Infokasten „Daten“). Dabei wird deutlich: Umfang und Art der nachgefragten überfachlichen Kompetenzen hängen stark von der Art der Stelle und der Größe des Betriebs ab.

Personale und sozial-kommunikative Kompetenzen werden am häufigsten nachgefragt

Überfachliche Kompetenzen, so viel zur Begriffsklärung, haben im Gegensatz zu fachlichen Kompetenzen keinen konkreten inhaltlichen Bezug zu Berufsabgrenzungen, sondern können in den unterschiedlichsten Berufen eingesetzt werden. Sie ermöglichen oder erleichtern dennoch die Bewältigung beruflicher Aufgaben.

Um überfachliche Kompetenzanforderungen in den Stellenanzeigen zu identifizieren, wurde hier der Kompetenzatlas von Volker Heyse und John Erpenbeck aus dem Jahr 2004 herangezogen. Dieser unterscheidet vier überfachliche Kompetenzkategorien:

  • personale Kompetenzen (zum Beispiel Loyalität, normativ-ethische Einstellungen, Glaubwürdigkeit, Eigenverantwortung, Zuverlässigkeit)
  • Aktivitäts- und Handlungskompetenzen (zum Beispiel Entscheidungsfähigkeit, Innovationsfreudigkeit, Belastbarkeit, Initiative, Ergebnisorientierung)
  • fachlich-methodische Kompetenzen (zum Beispiel analytische Fähigkeiten, Sachlichkeit, Organisationsfähigkeit, Planungsverhalten, systematisches methodisches Vorgehen); dies sind überfachliche Kompetenzen, die die Anwendung bestimmter fachlicher berufsspezifischer Kompetenzen erleichtern oder erst ermöglichen
  • sozial-kommunikative Kompetenzen (zum Beispiel Konfliktlösungsfähigkeit, Teamfähigkeit, Problemlösungsfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Gewissenhaftigkeit).

In knapp zwei Drittel der Stellenanzeigen werden überfachliche Kompetenzen als Anforderung an potenzielle Bewerberinnen und Bewerber genannt (64 %). Dabei wurden personale Kompetenzen (44 %) und sozial-kommunikative Kompetenzen (43 %) am häufigsten nachgefragt. Aktivitäts- und Handlungskompetenzen (20 %) sowie fachlich-methodische Kompetenzen wurden deutlich seltener (11 %) genannt. Im Durchschnitt finden sich 1,6 überfachliche Kompetenzen je ausgeschriebener Stelle.

Dagegen werden fachliche Kompetenzen in etwa 75 Prozent der Stellenanzeigen explizit benannt. Im Schnitt ergeben sich 2,3 fachliche Kompetenzen je ausgeschriebener Stelle. Bei der Formulierung von Stellenanzeigen haben fachliche Kompetenzen aus Arbeitgebersicht also weiterhin einen höheren Stellenwert. Diesbezüglich bestätigen sich die Befunde aus der Studie von Mercer nicht.

Die am häufigsten nachgefragten überfachlichen Einzelkompetenzen sind Zuverlässigkeit (26 % der Stellen) und Teamfähigkeit (22 %), gefolgt von Eigenverantwortung (13 %), Belastbarkeit und Gewissenhaftigkeit (jeweils 11 %).

Je höher das Anforderungsniveau, desto eher sind überfachliche Kompetenzen gefragt

Die Nachfrage nach überfachlichen Kompetenzen steigt mit dem Anforderungsniveau. Sie liegt bei durchschnittlich 1,3 überfachlichen Kompetenzen je Stelle für Helfer- und Anlerntätigkeiten und erhöht sich auf 2,0 für hochkomplexe Tätigkeiten.

Allerdings gilt dies nur für drei der vier beschriebenen überfachlichen Kompetenzkategorien. Denn die Nachfrage nach personalen Kompetenzen fällt über die verschiedenen Anforderungsniveaus hinweg ähnlich stark aus. Bei den anderen Kompetenzkategorien hingegen steigt die Zahl der geforderten überfachlichen Kompetenzen mit dem Anforderungsniveau (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1 zeigt, dass die Anzahl der nachgefragten überfachlichen Kompetenzen je ausgeschriebener Stelle für die meisten Kompetenzgruppen mit dem Anforderungsniveau deutlich steigt, ausgenommen für personale Kompetenzen. So werden bei Stellen für hoch komplexe Tätigkeiten im Durchschnitt 0,34 fachlich-methodische Kompetenzen je ausgeschriebener Stelle nachgefragt, bei Helfer- und Anlerntätigkeiten sind es nur 0,03. Quelle: Stellendaten der BA-Jobbörse. Zugangsstichproben: April/Mai 2019 und Oktober/November 2019. Eigene Berechnungen.

Größere Betriebe fragen häufiger überfachliche Kompetenzen nach als kleinere

Auch die Betriebsgröße dürfte einen Einfluss auf die Nachfrage nach überfachlichen Kompetenzen haben. Denn in Großbetrieben gehen die Anforderungen noch stärker als in kleineren Betrieben über die rein fachliche Aufgabenerfüllung hinaus. Dies betrifft beispielsweise die Zusammenarbeit über Abteilungen hinweg. In Großbetrieben erfolgen Informationsaustausch sowie Problem- und Konfliktlösung typischerweise in Interaktion mit einer Vielzahl an Kolleginnen und Kollegen auch aus anderen, mitunter fachfremden Abteilungen.

Tatsächlich zeigt sich folgender Befund: Während die kleinsten Betriebe mit bis zu neun Beschäftigten im Durchschnitt etwas mehr als eine überfachliche Kompetenz in ihren Stellenanzeigen benennen, sind es bei den großen Betrieben ab 500 Beschäftigten mehr als zwei (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2 zeigt, dass die Häufigkeit der nachgefragten überfachlichen Kompetenzen je ausgeschriebener Stelle mit der Zahl der Beschäftigten in einem Betrieb steigt. So werden bei Stellen, die von Betrieben mit 1 bis 9 Beschäftigten ausgeschrieben werden, je Stelle im Schnitt 1,22 überfachliche Kompetenzen nachgefragt. In Betrieben mit 500 oder mehr Beschäftigten sind es 2,1. Quelle: Stellendaten der BA-Jobbörse, für die eine Zuspielung der Betriebsdaten möglich ist. Zugangsstichproben: April/Mai 2019 und Oktober/November 2019. Eigene Berechnungen.

Allerdings zeigt sich dieses Muster ausschließlich bei den sozial-kommunikativen Kompetenzen. Bei den anderen Kompetenzkategorien gibt es dagegen keinen systematischen Zusammenhang mit der Betriebsgröße.

Die Nachfrage nach überfachlichen Kompetenzen steigt unter anderem mit dem Entgeltniveau

Nachfolgend werden die Ergebnisse einer multivariaten Analyse präsentiert, die zeigen, wie bestimmte Eigenschaften der Stelle oder des Betriebs mit der Nachfrage nach überfachlichen Kompetenzen zusammenhängen. Zunächst bestätigt sich, dass die nachgefragten überfachlichen Kompetenzen mit dem Anforderungsniveau der Stelle steigen: So erhöht sich für Expertentätigkeiten im Vergleich zu Helfer- und Anlerntätigkeiten die durchschnittliche Anzahl der genannten überfachlichen Kompetenzen je Stelle um 0,75 (siehe Tabelle).

Die Tabelle zeigt den Zusammenhang zwischen Merkmalen des Betriebes beziehungsweise der Stelle und den Nennungen von überfachlichen Kompetenzen je ausgeschriebener Stelle. Demnach steigt die Zahl der Nennungen sowohl mit dem Anforderungsniveau als auch mit der Betriebsgröße. Auch der Betriebseffekt spielt eine Rolle. Quelle: Stellendaten der BA-Jobbörse, für die eine Zuspielung der Betriebsdaten möglich ist (Zugangsstichproben: April/Mai 2019 und Oktober/November 2019). Betriebshistorikpanel. Eigene Berechnungen.

Es gibt aber noch weitere Faktoren, die die Nachfrage nach überfachlichen Kompetenzen beeinflussen dürften. Sie steigt beispielsweise mit der Lohnhöhe: Selbst bei gleichem Anforderungsniveau erhöht sich mit einem um 10 Euro höheren Tagesentgelt die Zahl der genannten Kompetenzen je Stelle um 0,03. Die Nachfrage nach überfachlichen Kompetenzen steigt auch mit dem sogenannten Betriebseffekt auf die Löhne. Dieser lässt sich auf die Produktivität oder das Entlohnungsverhalten eines Betriebes in der jüngeren Vergangenheit zurückführen – unabhängig von der Qualität der Belegschaft.

Der positive Zusammenhang zwischen der Betriebsgröße und der Nennungen der überfachlichen Kompetenzen bestätigt sich ebenfalls im Wesentlichen: So steigt deren Zahl bei einem Betrieb mit 500 und mehr Beschäftigten um 0,87 je Stelle im Vergleich zu einem Betrieb mit 9 oder weniger Beschäftigten. Dieser Effekt ist zwar etwas kleiner als für Betriebe mit 200 bis 499 Beschäftigten, die beiden Effekte unterscheiden sich jedoch kaum.

Fazit

Die Nachfrage nach überfachlichen Kompetenzen hängt sowohl mit Stellenmerkmalen als auch mit betrieblichen Merkmalen zusammen. Die hier präsentierte Analyse zeigt dies erstmalig auf der Basis von BA-Stellenanzeigen und zugespielten Betriebsdaten für Deutschland.

In den hierfür ausgewerteten Stellen wurden fachliche Anforderungen häufiger als überfachliche Anforderungen genannt. Auch wenn die Zahlen keine exakte Aussage darüber zulassen, wie die Betriebe die Bedeutung überfachlicher und fachlicher Kompetenzen gegeneinander abwägen, zeigen die Auswertungen dennoch ein deutliches Bild: Bei der Ausschreibung von zu besetzenden Stellen kommt es nach wie vor sowohl auf fachliche als auch auf überfachliche Aspekte an. So werden Arbeitsuchende mit einem fachlich einschlägigen Kompetenzprofil höhere Chancen auf eine Einstellung haben, wenn sie zudem über überfachliche Kompetenzen verfügen.

Bei gut zwei Fünftel der ausgeschriebenen Stellen, und damit relativ am häufigsten, werden mindestens jeweils eine personale und eine sozial-kommunikative Kompetenz nachgefragt. Weitaus seltener, nämlich in etwa einem Fünftel der Fälle, werden Aktivitäts- und Handlungskompetenzen sowie bei nur einem Zehntel der Stellen fachlich-methodische Kompetenzen gefordert.

Die Nachfrage nach überfachlichen Kompetenzen steigt mit zunehmender Komplexität der Tätigkeiten. Nur für die personalen Kompetenzen bestätigt sich dieses Muster nicht: Sie werden bei allen Anforderungsniveaus ähnlich stark nachgefragt. Es zeigt sich zudem, dass größere Betriebe insgesamt mehr Wert auf überfachliche Kompetenzen legen als kleinere Betriebe. Zudem fragen besser bezahlende Betriebe überfachliche Kompetenzen häufiger nach.

Wenn Betriebe mit überfachlich kompetenten Belegschaften, wie von der Personalbranche behauptet, tatsächlich wandlungsfähiger sind, könnte es auch für viele kleinere Betriebe vorteilhaft sein, stärker auf die überfachlichen Kompetenzen von Bewerberinnen und Bewerbern zu achten und Stellenausschreibungen entsprechend zu formulieren. Einschlägige private oder öffentliche Beratungsangebote könnten solche Betriebe bei der Auswahl und Formulierung der relevanten Anforderungen unterstützen.

Daten

Teile der angewendeten Auswertungsmethode wurden in einer für das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durchgeführten Machbarkeitsstudie gemeinsam mit dem IT-Systemhaus der Bundesagentur für Arbeit (BA) entwickelt. Die Studie hatte unter anderem zum Ziel, die überfachlichen Kompetenzanforderungen in Stellenanzeigen zu identifizieren (Stops et al. 2020; Stops 2021). Das Wörterbuch für die überfachlichen Kompetenzen wurde vom Autorenteam im Anschluss an diese Studie noch einmal systematisch bearbeitet und insbesondere um eine Vielzahl von alternativen Suchwörtern ergänzt.
Verwendet wurden die für die Machbarkeitsstudie erschlossenen Stellendaten der BA-Jobbörse, eines der größten Online-Jobportale in Deutschland. Sie ist für Stellensuchende und für Unternehmen kostenlos. Bei den Daten handelt es sich um zwei Zugangskohorten von Stellenanzeigen aus der BA-Jobbörse, die sich auf Jobangebote beziehen. Die erste Kohorte mit 2,43 Millionen offenen Stellen wurde zwischen dem 1. April und dem 31. Mai 2019 angelegt, die zweite mit 2,10 Millionen Stellen zwischen dem 1. Oktober und dem 30. November 2019. Um die Repräsentativität der Stellendaten aus der BA-Jobbörse zu testen, wurden diese mit der für Betriebe repräsentativen IAB-Stellenerhebung verglichen. In beiden Fällen ist die Verteilung der Stellen entlang vergleichbarer Strukturparameter wie den Anforderungsniveaus sehr ähnlich.
Für den Teil der Stellen, für die Betriebe die BA beauftragt haben, die Inserate aktiv zu betreuen, ist es möglich, betriebliche Daten aus dem IAB-Betriebshistorikpanel zuzuspielen. Es ist somit möglich, für diesen Teil der Stellen der Frage nachzugehen, ob bestimmte Merkmale eines Betriebes und die Nachfrage nach überfachlichen Kompetenzen in den Stellenanzeigen dieses Betriebs zusammenhängen. Dies ist möglich für 1,06 Millionen Stellen im April/Mai 2019 und 0,86 Millionen Stellen im Oktober/November 2019.

Literatur

Bellmann, Lisa; Lochner, Benjamin; Seth, Stefan; Wolter, Stefanie (2020): AKM effects for German labour market data, FDZ-Methodenreport Nr. 1 (en).

Deming, David (2017): The Growing Importance of Social Skills in the Labor Market. In: The Quarterly Journal of Economics, Volume 132, Issue 4, S. 1593–1640.

Heyse, Volker, Erpenbeck, John (2004). Kompetenztraining. 64 Informations- und Trainingsprogramme. Stuttgart: Schäffer-Poeschel.

Mercer (2021): Win with empathy. Global talent trends 2020–2021. Zuletzt heruntergeladen am 28.11.2021.

Stops, Michael (2021): Kompetenz-Kompass: Mit einem neuen Verfahren lassen sich die Kompetenzanforderungen in Stellenanzeigen systematisch abbilden. In: IAB-Forum, 11.02.2021.

Stops, Michael; Bächmann, Ann-Christin; Glassner, Ralf; Janser, Markus; Matthes, Britta; Metzger, Lina-Jeanette; Müller, Christoph; Seitz, Joachim; Hanebrink, Alina; Lataster, Lea; Müller, Gerrit (2020): Machbarkeitsstudie Kompetenz-Kompass – Teilprojekt 2: Beobachtung von Kompetenzanforderungen in Stellenangeboten. Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Forschungsbericht 553.

In aller Kürze

  • Einschlägigen Studien zufolge gewinnen überfachliche Kompetenzen immer mehr an Bedeutung für den Arbeitsmarkt. Mithilfe von Stellendaten der BA-Jobbörse lässt sich die Nachfrage nach solchen Kompetenzen abbilden.
  • Betriebe fragen in ihren Stellenanzeigen häufiger fachliche als überfachliche Kompetenzen nach. Somit bleiben auch fachliche Kompetenzen weiterhin bedeutsam.
  • Bei überfachlichen Kompetenzen werden am häufigsten personale und sozial-kommunikative Kompetenzen nachgefragt.
  • Die Nachfrage nach überfachlichen Kompetenzen hängt sowohl mit Stellenmerkmalen als auch mit betrieblichen Merkmalen zusammen. Sie steigt mit zunehmender Komplexität der Tätigkeiten – mit Ausnahme der personalen Kompetenzen: Diese werden auf allen Anforderungsniveaus ähnlich stark nachgefragt.
  • Größere Betriebe, die vergleichsweise hohe Löhne zahlen, fragen überfachliche Kompetenzen häufiger nach als kleinere Betriebe.

doi: 10.48720/IAB.FOO.20220216.01

 

Stops, Michael ; Laible , Marie-Christine; Leschnig, Lisa (2022): Überfachliche Kompetenzen sind gefragt – allen voran Zuverlässigkeit und Teamfähigkeit, In: IAB-Forum 16. Februar 2022, https://www.iab-forum.de/ueberfachliche-kompetenzen-sind-gefragt-allen-voran-zuverlaessigkeit-und-teamfaehigkeit/, Abrufdatum: 24. November 2024