Das Bruttoinlandsprodukt sank im 4. Quartal 2022 um -0,2 Prozent (preis-, saison- und kalenderbereinigt) gegenüber dem Vorquartal. Für das Jahr 2022 wird insgesamt ein preis- und kalenderbereinigter Anstieg von 1,9 Prozent ausgewiesen. Die deutsche Wirtschaft verlor damit im Vergleich zum Vorjahr an Fahrt, blieb aber angesichts  anhaltender Material- und Lieferengpässe, hoher Inflationsraten durch stark gestiegene Energiepreise und Unsicherheiten infolge des Ukrainekrieges vergleichsweise stabil. Die Dienstleistungsbranchen entwickelten sich bedingt durch Nachholeffekte nach der Aufhebung der Corona-Schutzmaßnahmen gut, die Baubranche und das Verarbeitende Gewerbe schwächelten hingegen. Die Beschäftigungsentwicklung flachte sich im Jahresverlauf ab und die Arbeitslosigkeit nahm im Durchschnitt, trotz der Geflüchteten aus der Ukraine, ab.

Außenwirtschaftliches Umfeld

Die Konjunkturdynamik in der Weltwirtschaft ließ 2022 nach. So ist die chinesische Wirtschaft in diesem Jahr nur um etwa 3 Prozent gegenüber dem Vorjahr gewachsen. Insbesondere durch die Abkehr von der Null-Covid-Politik entstehen aktuell hohe Krankheitsstände – und damit ein langsameres Wachstumstempo. Der Euroraum wurde durch den russischen Krieg gegen die Ukraine, die hohe Inflation und die gestörten Lieferketten belastet. Diese Faktoren beeinträchtigen auch zu Jahresbeginn 2023 das Wirtschaftsgeschehen. Die Indikatoren zur aktuellen Konjunkturlage befinden sich für die Eurozone, die USA und auch China weiterhin im negativen Bereich. Die Indikatoren zu den Konjunkturerwartungen hellen sich am aktuellen Rand aber weiter auf.

Außenhandel

Der deutsche Außenhandel bremste das BIP-Wachstum. Die Exporte konnten preisbereinigt um 3,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr zulegen, die Importe stiegen aber um 6,7 Prozent – und damit deutlich stärker. Im Vorjahresvergleich sind die Exporte nach Russland massiv zurückgegangen, aber auch die Exporte nach China waren im Dezember 2022 gegenüber dem Vorjahresmonat rückläufig. Die Wirtschaft Chinas könnte nach Abflauen der dortigen Corona-Welle beim Export für Aufwind sorgen. Hoffnung machen auch hohe Auftragsbestände und nachlassende Lieferengpässe. Die Exporterwartungen im Verarbeitenden Gewerbe befinden sich seit November wieder im leichten Plus.

Investitionen

Die Investitionen zeigten im Jahr 2022 ein durchwachsenes Bild. Während die Ausrüstungsinvestitionen preisbereinigt ein Plus von 2,5 Prozent verzeichneten, sanken die Bauinvestitionen um 1,6 Prozent. Hohe Baupreise, geringere Kaufkraft und gestiegene Finanzierungskosten belasten diesen Bereich. Am aktuellen Rand entwickeln sich die Indikatoren zur Einschätzung der aktuellen Lage und zu den Geschäftserwartungen der Investitionsgüterhersteller verhalten. Der reale Auftragseingang im Bauhauptgewerbe nahm im November 2022 erneut kräftig ab (-5,6 Prozent gegenüber dem Vormonat). Das Geschäftsklima im Bauhauptgewerbe ist schon seit Längerem stark getrübt. Daher ist nicht mit einer zunehmenden Dynamik bei den Bauinvestitionen zu Jahresbeginn zu rechnen.

Konsum

Der Konsum erwies sich im Jahr 2022 als Stütze der Wirtschaftsentwicklung. Der private Konsum stieg preisbereinigt um 4,6 Prozent.  Insbesondere die Nachholeffekte in den Dienstleistungsbranchen, etwa in den Bereichen Beherbergung, Gaststätten, Freizeit, Unterhaltung und Kultur belebten den privaten Konsum. Insgesamt wurde der Konsum aber durch die Inflation gebremst. So erreichte der Verbraucherpreisindex ein Plus von 7,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Infolgedessen nahm der Konsumklimaindex im Jahresverlauf kontinuierlich ab und erholt sich seitdem nur langsam von seinem Tiefpunkt von -42,8 Punkten im Oktober 2022. Der Staatskonsum erhöhte sich real um 1,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Während die Ausgaben für Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus sanken, stiegen die Ausgaben aufgrund der Flucht aus der Ukraine.

Arbeitsmarkt

Der Arbeitsmarkt blieb stabil. Im Jahresdurchschnitt 2022 sanken Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung. Die Beschäftigung nahm zu. Zum Jahresbeginn 2023 sinkt die Arbeitslosigkeit wieder, nachdem sie in der zweiten Jahreshälfte durch die Registrierung der Geflüchteten aus der Ukraine angestiegen war.  Zudem entlastet das bis kürzlich milde Winterwetter die Arbeitslosigkeit (zu den Wettereffekten auf die Arbeitslosigkeit). Die Unterbeschäftigung, die unter anderem Geflüchtete in Maßnahmen der Arbeitsmarkt- und Integrationspolitik berücksichtigt, steigt in diesem Monat kaum noch. Die Beschäftigung nahm im November wieder etwas stärker zu als im Vormonat. Das IAB-Arbeitsmarktbarometer legt zum Jahresauftakt deutlich zu und signalisiert mit einem Stand von 102,9 Punkten für die Beschäftigung und auch wieder für die Arbeitslosigkeit eine günstige Entwicklung.

 

DOI: 10.48720/IAB.FOO.20230131.01

Bauer, Anja; Weber, Enzo (2023): Einschätzung des IAB zur wirtschaftlichen Lage – Januar 2023, In: IAB-Forum 31. Januar 2023, https://www.iab-forum.de/einschaetzung-des-iab-zur-wirtschaftlichen-lage-januar-2023/, Abrufdatum: 23. November 2024