9. Dezember 2024 | Internationale und regionale Arbeitsmärkte
Derzeit werben etwa 6 Prozent der Betriebe Fachkräfte im Ausland an
Die Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland ist für die Sicherung des Fachkräftebedarfs von wachsender Bedeutung. Dem tragen auch das 2020 eingeführte beschleunigte Fachkräfteverfahren nach § 81a Aufenthaltsgesetz und die 2023 verabschiedete Neufassung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes Rechnung. Dadurch soll die Rekrutierung ausländischer Fachkräfte erleichtert werden (zur aktuellen Entwicklung des Arbeitskräftebedarfs siehe auch den IAB-Monitor Arbeitskräftebedarf 2/2024).
Größere Betriebe rekrutieren deutlich häufiger im Ausland als kleinere
Nach einer aktuellen unterjährigen Befragung im Rahmen des IAB-Betriebspanels (siehe Infokasten) haben 6 Prozent der Betriebe zum Zeitpunkt der Befragung aktiv Fachkräfte im Ausland rekrutiert. Kleinere Betriebe mit bis zu 10 Beschäftigten taten dies jedoch deutlich seltener als größere mit mehr als 50 Beschäftigten (4 versus 12 Prozent). Zugleich gibt es nur geringe Unterschiede zwischen dem verarbeitenden Gewerbe und dem Dienstleistungssektor sowie zwischen West- und Ostdeutschland (siehe Abbildung 1).
58 Prozent der Betriebe haben derzeit keinen Bedarf an Fachkräften
58 Prozent aller Betriebe haben nach eigenen Angaben keine Fachkräfte im Ausland rekrutiert, da sie derzeit keinen Bedarf an Fachkräften haben (siehe Abbildung 2). 36 Prozent der Betriebe wiederum nutzten die Auslandsrekrutierung nicht, obwohl sie aktuell Fachkräfte benötigen.
Warum verzichten so viele Betriebe darauf, Fachkräfte im Ausland zu rekrutieren, obwohl sie Fachkräfte benötigen? Die Gründe hierfür sind unterschiedlich (siehe Abbildung 3). 55 Prozent dieser Betriebe tun sich nach eigenen Angaben schwer, die Qualifikation ausländischer Fachkräfte richtig einzuschätzen. 52 Prozent verzichteten wegen bürokratischer und rechtlicher Hürden auf die Auslandsrekrutierug. 46 Prozent verweisen auf Verständigungsschwierigkeiten, 29 Prozent auf eine ausreichend große Zahl inländischer Fachkräfte. Schlechte Erfahrungen mit ausländischen Fachkräften werden nur von 14 Prozent der Betriebe als Grund genannt.
Nur 17 Prozent der Betriebe kennen das beschleunigte Fachkräfteverfahren
Ein möglicher Grund für die häufige Nennung bürokratischer und rechtlicher Hürden könnte sein, dass die jüngsten gesetzlichen Änderungen vielen Betrieben nicht bekannt sind. Um solche Hürden zu verringern, wurde beispielsweise zum 1. März 2020 ein beschleunigtes Verfahren zur Einstellung ausländischer Fachkräfte eingeführt. Dieses Verfahren soll die Zeit zwischen der Zusage und dem ersten Arbeitstag wesentlich verkürzen. Dazu dienen gesetzlich festgelegte Fristen und vereinheitlichte Verwaltungsschritte (genauere Informationen sind einer 2022 durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz herausgegebenen Broschüre zu entnehmen).
Tatsächlich geben nur 17 Prozent der Betriebe an, dieses Verfahren zu kennen, wobei die Bekanntheitswerte bei den größeren Betrieben deutlich höher sind (siehe Abbildung 4).
Fazit
In den vergangenen Jahren gab es mehrere gesetzliche Änderungen, um die Rekrutierung von Fachkräften im Ausland zu erleichtern. Trotz dieser Änderungen und eines hohen Anteils an Betrieben, die unter einem Engpass an Arbeitskräften leiden, nutzen derzeit nur rund 6 Prozent der Betriebe diese Möglichkeit zur Fachkräftesicherung. Darunter sind vor allem größere Betriebe.
Betriebe, die trotz ihres Bedarfs an Fachkräften nicht im Ausland rekrutieren, nennen als Grund am häufigsten die schwierige Einschätzung von Qualifikationen sowie bürokratische und rechtliche Hürden.
Um die Einschätzung der Qualifikationen von ausländischen Fachkräften zu erleichtern, wird im neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen vereinfacht. So können ausländische Fachkräfte im Rahmen einer Anerkennungspatenschaft ein Visum für Deutschland erhalten, um ihre Qualifikationen hier analysieren zu lassen. Außerdem können sie fortan leichter an Qualifizierungsmaßnahmen teilnehmen, wenn ihre im Ausland erworbene Berufsausbildung nicht vollständig anerkannt wird.
Um bürokratische und rechtliche Hürden abzubauen, trat am 1. März 2020 das sogenannte beschleunigte Fachkräfteverfahren nach § 81a Aufenthaltsgesetz in Kraft. Dadurch wird das Verwaltungsverfahren – und damit der Einstellungsprozess – wesentlich verkürzt. Die Dauer der Anerkennung der Qualifikation und Erteilung eines Visums soll so auf unter vier Monate verringert werden. Allerdings gaben nur 17 Prozent der Betriebe an, dieses Verfahren zu kennen. Eine gezielte Werbung, um dessen Bekanntheit zu erhöhen, könnte gerade kleinere Betriebe dazu bewegen, verstärkt Fachkräfte im Ausland zu rekrutieren.
Daten und Methoden
Die Datengrundlage für diese Untersuchung ist die „Unterjährige Kurzbefragung im Rahmen des IAB-Betriebspanels“ aus dem Jahr 2024. Diese Befragung wurde finanziert von der Europäischen Union – NextGenerationEU und dem IAB. Die Erhebung fand in Zusammenarbeit mit dem Befragungsinstitut Verian zwischen dem 6. März und dem 26. April 2024 statt und erreichte eine Rücklaufquote von 58 Prozent.
2.301 Betriebe beantworteten Fragen zur Beschäftigung und Rekrutierung im Betrieb. Von diesen Betrieben wurden Betriebe in der Land- und Forstwirtschaft sowie dem Bergbau aufgrund der geringen Fallzahl von 74 Betrieben entfernt. Für diesen Beitrag wurden die Antworten von 2.132 Betrieben ausgewertet, die keine fehlenden Werte in den untersuchten Variablen aufwiesen.
Das verarbeitende Gewerbe setzt sich zusammen aus dem Baugewerbe und den Produzenten von Investitions- und Gebrauchsgütern, Nahrungs- und Genussmitteln sowie von Produktions- und Verbrauchsgütern. Der Dienstleistungssektor beinhaltet Dienstleistungen überwiegend für Unternehmen, Einzelhandel, Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, Großhandel, Handel und Reparatur von Kraftfahrzeugen, Information und Kommunikation, sonstige Dienstleistungen sowie Verkehr und Lagerei.
Die Organisationen ohne Erwerbscharakter setzen sich zusammen aus den Bereichen Erziehung und Unterricht, Gesundheitswesen, Interessenvertretungen, kirchliche und sonstige religiöse Vereinigungen, Sozialwesen und Öffentliche Verwaltung, Verteidigung und Sozialversicherung.
In aller Kürze
- Nur rund 6 Prozent der Betriebe werben Fachkräfte im Ausland an.
- Mittelgroße und große Betriebe rekrutieren häufiger im Ausland als kleine.
- Trotz des Fachkräftebedarfs rekrutieren 36 Prozent der Betriebe nicht im Ausland.
- Diese Betriebe nannten vor allem Schwierigkeiten bei der Einschätzung der Qualifikation und bürokratische Hürden als Gründe dafür, dass sie nicht im Ausland rekrutieren.
- Das beschleunigte Fachkräfteverfahren ist nur 17 Prozent der Betriebe bekannt.
Literatur
Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (2022): Fragen und Antworten zum beschleunigten Fachkräfteverfahren.
Bundesregierung (2024): Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz.
Gürtzgen, Nicole; Kubis, Alexander; Popp, Martin (2024): IAB-Monitor Arbeitskräftebedarf 2/2024: Rund 400.000 offene Stellen weniger als im Vorjahresquartal. In: IAB-Forum, 16.9.2024.
Bild: CoetzeeRising/peopleimages.com/stock.adobe.com
DOI: 10.48720/IAB.FOO.20241209.01
Zimmermann, Florian (2024): Derzeit werben etwa 6 Prozent der Betriebe Fachkräfte im Ausland an, In: IAB-Forum 9. Dezember 2024, https://www.iab-forum.de/derzeit-werben-etwa-6-prozent-der-betriebe-fachkraefte-im-ausland-an/, Abrufdatum: 12. December 2024
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Autoren:
- Florian Zimmermann