In den vergangenen Jahren hat die Bundesregierung die Rekrutierung ausländischer Fachkräfte erleichtert. Dennoch rekrutierten aktuell nur 6 Prozent der Betriebe aktiv Fachkräfte im Ausland. Während 58 Prozent der Betriebe dieses Instrument nicht nutzen, da sie keine Fachkräfte benötigen, nutzen 36 Prozent der Betriebe diese Möglichkeit nicht, obwohl sie Fachkräfte benötigen. Diese Betriebe begründen den Verzicht vor allem mit Schwierigkeiten bei der Einschätzung der Qualifikation und mit rechtlichen Hürden.

Die Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland ist für die Sicherung des Fachkräftebedarfs von wachsender Bedeutung. Dem tragen auch das 2020 eingeführte beschleunigte Fachkräfteverfahren nach § 81a Aufenthaltsgesetz und die 2023 verabschiedete Neufassung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes Rechnung. Dadurch soll die Rekrutierung ausländischer Fachkräfte erleichtert werden (zur aktuellen Entwicklung des Arbeitskräftebedarfs siehe auch den IAB-Monitor Arbeitskräftebedarf 2/2024).

Größere Betriebe rekrutieren deutlich häufiger im Ausland als kleinere

Nach einer aktuellen unterjährigen Befragung im Rahmen des IAB-Betriebspanels (siehe Infokasten) haben 6 Prozent der Betriebe zum Zeitpunkt der Befragung aktiv Fachkräfte im Ausland rekrutiert. Kleinere Betriebe mit bis zu 10 Beschäftigten taten dies jedoch deutlich seltener als größere mit mehr als 50 Beschäftigten (4 versus 12 Prozent). Zugleich gibt es nur geringe Unterschiede zwischen dem verarbeitenden Gewerbe und dem Dienstleistungssektor sowie zwischen West- und Ostdeutschland (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1 zeigt Betriebe, die Fachkräfte im Ausland rekrutieren nach Betriebsgröße, Sektor und Standort. Dabei zeigt sich, dass 6% der Betriebe aktiv Fachkräfte im Ausland rekrutieren. Dabei rekrutieren 12% der Betriebe mit mehr als 50 Beschäftigte Fachkräfte im Ausland, während nur 4% der Betriebe mit 1 bis 10 Beschäftigten dieses Instrument nutzen. Nach Sektoren gibt es keine statistisch signifikanten Unterschiede. Es rekrutieren beispielsweise 6% der Betriebe im Dienstleistungssektor aktiv Fachkräfte im Ausland. Schließlich rekrutieren 6% der Betriebe in Westdeutschland und 7% der Betriebe in Ostdeutschland mit Berlin aktiv Fachkräfte im Ausland. Die Unterschiede nach Standort sind nicht statistisch signifikant.

58 Prozent der Betriebe haben derzeit keinen Bedarf an Fachkräften

58 Prozent aller Betriebe haben nach eigenen Angaben keine Fachkräfte im Ausland rekrutiert, da sie derzeit keinen Bedarf an Fachkräften haben (siehe Abbildung 2). 36 Prozent der Betriebe wiederum nutzten die Auslandsrekrutierung nicht, obwohl sie aktuell Fachkräfte benötigen.

Abbildung2 zeigt die Haltung der Betriebe zur Rekrutierung von Fachkräften im Ausland zum Zeitpunkt der Befragung. Dabei rekrutieren 6% der Betriebe aktiv Fachkräfte im Ausland. 58% der Betriebe verzichten auf die Auslandsrekrutierung, da sie derzeit keinen Fachkräftebedarf haben. 36% der Betriebe rekrutieren trotz Fachkräftebedarf nicht aktiv im Ausland.

Warum verzichten so viele Betriebe darauf, Fachkräfte im Ausland zu rekrutieren, obwohl sie Fachkräfte benötigen? Die Gründe hierfür sind unterschiedlich (siehe Abbildung 3). 55 Prozent dieser Betriebe tun sich nach eigenen Angaben schwer, die Qualifikation ausländischer Fachkräfte richtig einzuschätzen. 52 Prozent verzichteten wegen bürokratischer und rechtlicher Hürden auf die Auslandsrekrutierug. 46 Prozent verweisen auf Verständigungsschwierigkeiten, 29 Prozent auf eine ausreichend große Zahl inländischer Fachkräfte. Schlechte Erfahrungen mit ausländischen Fachkräften werden nur von 14 Prozent der Betriebe als Grund genannt.

Abbildung 3 zeigt warum Betriebe derzeit trotz Fachkräftebedarf nicht aktiv Fachkräfte im Ausland rekrutieren. 55% der Betriebe gaben die schwierige Einschätzung der Qualifikation als Grund an und 52% bürokratische und rechtliche Hürden. 46% gaben Verständigungsschwierigkeiten als Grund für den Verzicht auf die Fachkräfterekrutierung im Ausland an. Deutlich seltener werden ausreichend inländische Fachkräfte oder schlechte Erfahrungen mit ausländischen Fachkräften als Grund angegeben.

Nur 17 Prozent der Betriebe kennen das beschleunigte Fachkräfteverfahren

Ein möglicher Grund für die häufige Nennung bürokratischer und rechtlicher Hürden könnte sein, dass die jüngsten gesetzlichen Änderungen vielen Betrieben nicht bekannt sind. Um solche Hürden zu verringern, wurde beispielsweise zum 1. März 2020 ein beschleunigtes Verfahren zur Einstellung ausländischer Fachkräfte eingeführt. Dieses Verfahren soll die Zeit zwischen der Zusage und dem ersten Arbeitstag wesentlich verkürzen. Dazu dienen gesetzlich festgelegte Fristen und vereinheitlichte Verwaltungsschritte (genauere Informationen sind einer 2022 durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz herausgegebenen Broschüre zu entnehmen).

Tatsächlich geben nur 17 Prozent der Betriebe an, dieses Verfahren zu kennen, wobei die Bekanntheitswerte bei den größeren Betrieben deutlich höher sind (siehe Abbildung 4).

Abbildung 4 zeigt die Bekanntheit des beschleunigten Verfahrens zur Einstellung von ausländischen Fachkräften. 17% der Betriebe geben an, dieses beschleunigte Verfahren zu kennen. Bei Betrachtung nach Betriebsgröße zeigt sich, dass 31% der Betriebe mit mehr als 50 Beschäftigen dieses Verfahren kennen, während es nur 14% der Betriebe mit 1 bis 10 Beschäftigten kennen. Somit ist das beschleunigte Verfahren zur Einstellung von ausländischen Fachkräften besonders größeren Betrieben bekannt.

Fazit

In den vergangenen Jahren gab es mehrere gesetzliche Änderungen, um die Rekrutierung von Fachkräften im Ausland zu erleichtern. Trotz dieser Änderungen und eines hohen Anteils an Betrieben, die unter einem Engpass an Arbeitskräften leiden, nutzen derzeit nur rund 6 Prozent der Betriebe diese Möglichkeit zur Fachkräftesicherung. Darunter sind vor allem größere Betriebe.

Betriebe, die trotz ihres Bedarfs an Fachkräften nicht im Ausland rekrutieren, nennen als Grund am häufigsten die schwierige Einschätzung von Qualifikationen sowie bürokratische und rechtliche Hürden.

Um die Einschätzung der Qualifikationen von ausländischen Fachkräften zu erleichtern, wird im neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen vereinfacht. So können ausländische Fachkräfte im Rahmen einer Anerkennungspatenschaft ein Visum für Deutschland erhalten, um ihre Qualifikationen hier analysieren zu lassen. Außerdem können sie fortan leichter an Qualifizierungsmaßnahmen teilnehmen, wenn ihre im Ausland erworbene Berufsausbildung nicht vollständig anerkannt wird.

Um bürokratische und rechtliche Hürden abzubauen, trat am 1. März 2020 das sogenannte beschleunigte Fachkräfteverfahren nach § 81a Aufenthaltsgesetz in Kraft. Dadurch wird das Verwaltungsverfahren – und damit der Einstellungsprozess – wesentlich verkürzt. Die Dauer der Anerkennung der Qualifikation und Erteilung eines Visums soll so auf unter vier Monate verringert werden. Allerdings gaben nur 17 Prozent der Betriebe an, dieses Verfahren zu kennen. Eine gezielte Werbung, um dessen Bekanntheit zu erhöhen, könnte gerade kleinere Betriebe dazu bewegen, verstärkt Fachkräfte im Ausland zu rekrutieren.

Daten und Methoden

Die Datengrundlage für diese Untersuchung ist die „Unterjährige Kurzbefragung im Rahmen des IAB-Betriebspanels“ aus dem Jahr 2024. Diese Befragung wurde finanziert von der Europäischen Union – NextGenerationEU und dem IAB. Die Erhebung fand in Zusammenarbeit mit dem Befragungsinstitut Verian zwischen dem 6. März und dem 26. April 2024 statt und erreichte eine Rücklaufquote von 58 Prozent.

2.301 Betriebe beantworteten Fragen zur Beschäftigung und Rekrutierung im Betrieb. Von diesen Betrieben wurden Betriebe in der Land- und Forstwirtschaft sowie dem Bergbau aufgrund der geringen Fallzahl von 74 Betrieben entfernt. Für diesen Beitrag wurden die Antworten von 2.132 Betrieben ausgewertet, die keine fehlenden Werte in den untersuchten Variablen aufwiesen.

Das verarbeitende Gewerbe setzt sich zusammen aus dem Baugewerbe und den Produzenten von Investitions- und Gebrauchsgütern, Nahrungs- und Genussmitteln sowie von Produktions- und Verbrauchsgütern. Der Dienstleistungssektor beinhaltet Dienstleistungen überwiegend für Unternehmen, Einzelhandel, Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, Großhandel, Handel und Reparatur von Kraftfahrzeugen, Information und Kommunikation, sonstige Dienstleistungen sowie Verkehr und Lagerei.

Die Organisationen ohne Erwerbscharakter setzen sich zusammen aus den Bereichen Erziehung und Unterricht, Gesundheitswesen, Interessenvertretungen, kirchliche und sonstige religiöse Vereinigungen, Sozialwesen und Öffentliche Verwaltung, Verteidigung und Sozialversicherung.

In aller Kürze

  • Nur rund 6 Prozent der Betriebe werben Fachkräfte im Ausland an.
  • Mittelgroße und große Betriebe rekrutieren häufiger im Ausland als kleine.
  • Trotz des Fachkräftebedarfs rekrutieren 36 Prozent der Betriebe nicht im Ausland.
  • Diese Betriebe nannten vor allem Schwierigkeiten bei der Einschätzung der Qualifikation und bürokratische Hürden als Gründe dafür, dass sie nicht im Ausland rekrutieren.
  • Das beschleunigte Fachkräfteverfahren ist nur 17 Prozent der Betriebe bekannt.

Literatur

Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (2022): Fragen und Antworten zum beschleunigten Fachkräfteverfahren.

Bundesregierung (2024): Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz.

Gürtzgen, Nicole; Kubis, Alexander; Popp, Martin (2024): IAB-Monitor Arbeitskräftebedarf 2/2024: Rund 400.000 offene Stellen weniger als im Vorjahresquartal. In: IAB-Forum, 16.9.2024.

 

Finanziert von der Europäischen Union NextGenerationEU

 

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DOI: 10.48720/IAB.FOO.20241209.01

Zimmermann, Florian (2024): Derzeit werben etwa 6 Prozent der Betriebe Fachkräfte im Ausland an, In: IAB-Forum 9. Dezember 2024, https://www.iab-forum.de/derzeit-werben-etwa-6-prozent-der-betriebe-fachkraefte-im-ausland-an/, Abrufdatum: 12. December 2024

 

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