Mit „BeYou – Berufswahl und Du“ hat das IAB eine neue Längsschnittbefragung von Jugendlichen aufgesetzt. Damit soll eine Datenbasis aufgebaut werden, mit der sich die Wirkung der Berufsorientierung langfristig untersuchen lässt. Die Redaktion des IAB-Forum hat bei Silke Anger, Bernd Fitzenberger und Anna Heusler nachgefragt.

Was ist das Besondere an der BeYou-Studie?

Silke Anger: Die Studie richtet sich an Jugendliche, die kurz vor dem Schulabschluss – und damit auch potenziell kurz vor dem Übergang ins Berufsleben – stehen. Damit setzt BeYou etwas früher als andere Befragungen an, nämlich noch während der Phase der Berufsorientierung.

Anna Heusler: Mit BeYou möchten wir verstehen, wie Jugendliche ihre berufliche Zukunft gestalten wollen: Welche Vorstellungen sie von Ausbildung und Beruf haben, wie sie Entscheidungen treffen und vor allem, inwiefern sich die Pläne verändern. Deshalb befragen wir die jungen Menschen zu verschiedenen Zeitpunkten, sowohl während des Berufsorientierungsprozesses, aber auch nach dem ersten Übergang, wenn sie also einen beruflichen Bildungsweg gewählt haben.

Eine Gruppe von Jugendlichen, die im Zusammenhang mit dem Ausbildungsmarkt vorher wenig Beachtung fand, wird in der Studie besonders berücksichtigt: Schulabgänger*innen, die mit der Bundesagentur für Arbeit (BA) in Kontakt stehen, jedoch nicht offiziell als Ausbildungsmarktbewerber*in registriert sind. Welche Jugendlichen sind das eigentlich?

Silke Anger

Prof. Dr. Silke Anger leitet den Forschungsbereich „Bildung, Qualifizierung und Erwerbsverläufe“ am IAB.

Bernd Fitzenberger: BeYou befragt Jugendliche, die die Berufsberatung der Bundesagentur für Arbeit genutzt haben, egal ob sie dort als Bewerber*in für eine Ausbildungsstelle gemeldet sind oder nicht. Damit erreicht BeYou auch jene, die neben einer betrieblichen Ausbildung andere Wege in Betracht ziehen, etwa eine schulische Berufsausbildung, weiterführende Schulen oder ein Studium, und in den administrativen Bewerberdaten kaum erfasst sind.

Anger: Diese Gruppe ist nicht nur vielfältig, sondern auch sehr dynamisch. Einige junge Menschen sind mit Blick auf die Berufsrichtung noch nicht gefestigt oder verfügen noch nicht über die notwendige Qualifikation. Einige Monate später könnten sie bereits als Ausbildungsmarktbewerber*in gelten und Vermittlungsangebote der BA erhalten.

Erste Ergebnisse liegen schon vor: Welche Erkenntnisse ziehen Sie aus der Studie?

Heusler: Fragt man Jugendliche nach ihren Plänen für die Zeit nach der allgemeinbildenden Schule, so sagen zwei Drittel von ihnen, dass sie sich relativ sicher bezüglich ihrer Zukunftspläne sind. Ein Drittel der Jugendlichen erwägt mehrere Bildungswege.

Anger: Dabei gibt es starke Unterschiede je nach besuchtem Schultyp. Jugendliche, die einen Haupt- oder Realschulabschluss anstreben, ziehen am häufigsten eine betriebliche Ausbildung oder den Besuch einer weiterführenden Schule in Erwägung. Jugendliche mit Aussicht auf eine Hochschulreife bevorzugen mehrheitlich ein Studium, aber etwa die Hälfte interessiert sich auch für ein Duales Studium.

Ein nennenswerter Teil der Jugendlichen, die zwar die Berufsberatung der BA nutzen, aber nicht als Bewerber*innen gemeldet sind, haben trotzdem Interesse an einer Berufsausbildung.

Was hat Sie besonders überrascht?

Prof. Bernd Fitzenberger, PhD, leitet seit 2019 das IAB.

Prof. Bernd Fitzenberger, PhD, leitet seit 2019 das IAB.

Fitzenberger: Ein nennenswerter Teil der Jugendlichen, die zwar die Berufsberatung der BA nutzen, aber nicht als Bewerber*innen gemeldet sind, haben trotzdem Interesse an einer Berufsausbildung. Diese Jugendlichen werden wir weiter beobachten, um zu sehen, ob sich ihre Pläne konkretisieren, neue Optionen entstehen und sie letztendlich ihren Bewerberstatus ändern und in eine Berufsausbildung münden.

Heusler: Obwohl sich die meisten der befragten Jugendlichen recht sicher hinsichtlich ihrer Pläne für die Zeit nach der allgemeinbildenden Schule sind, ziehen viele von ihnen dennoch verschiedene (Aus-)Bildungswege in Betracht. Das wirkt sich auch auf die Beratungs- und Vermittlungsbedarfe aus.

Die schon vorliegenden Ergebnisse legen nahe, dass eine frühzeitige und differenzierte Berufsorientierung notwendig ist.

Welche Bedeutung haben die Ergebnisse für die Praxis der Berufsorientierung?

Anna Heusler

Anna Heusler ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschungsgruppe des Direktors und dem Forschungsbereich „Arbeitsförderung und Erwerbstätigkeit“ am IAB.

Fitzenberger: Wir stehen natürlich erst am Anfang der Analyse dieses neuen Datenschatzes am IAB. Weitere Auswertungen sind geplant. Angesichts vieler unbesetzter Ausbildungsplätze und einer hohen Zahl von jungen Erwachsenen ohne abgeschlossene Berufsausbildung sollte die Berufsberatung das hohe potenzielle Interesse von vielen befragten Jugendlichen, auch solchen, die noch nicht als Bewerber*innen bei der BA gemeldet sind, chancenorientiert in den Blick nehmen.

Heusler: Die schon vorliegenden Ergebnisse legen nahe, dass eine frühzeitige und differenzierte Berufsorientierung notwendig ist, um Jugendliche im noch andauernden Orientierungs-, aber auch im Bewerbungsprozess zu begleiten. Ergebnisse aus weiteren Erhebungswellen werden wichtige Hinweise für die Praxis liefern. Zum Beispiel haben wir die Jugendlichen zu ihrer Mobilitätsbereitschaft gefragt – also inwieweit junge Menschen bereit sind, für eine Ausbildung den Wohnort zu wechseln oder einen anderen Beruf zu wählen.

Wir können nachvollziehen, welche Pläne die jungen Menschen realisieren, welchen Bildungsweg sie tatsächlich beginnen und wie zufrieden sie mit ihrer Bildungsentscheidung sind.

Wie geht es mit der BeYou-Studie weiter? Welche weiteren Schritte sind geplant?

Anger: Durch die Panelstruktur – also der wiederholten Befragung der jungen Menschen über einen längeren Zeitraum hinweg – können wir nachvollziehen, welche Pläne die jungen Menschen realisieren, welchen Bildungsweg sie tatsächlich beginnen und wie zufrieden sie mit ihrer Bildungsentscheidung sind.

Fitzenberger: Darüber hinaus können wir die Befragungsdaten mit administrativen Daten der Bundesagentur für Arbeit verknüpfen und den Jugendlichen über ihren weiteren Erwerbsverlauf folgen. Somit ist es möglich, die berufliche Karriere auch über den Befragungszeitraum hinaus zu untersuchen. Durch die Verbindung der Befragungsdaten, die die Übergangsphase abdecken, und die administrativen Informationen schafft BeYou eine Datenbasis, um langfristig die Wirkung der Berufsorientierung zu untersuchen.

Literatur

Anger, Silke; Dietrich, Hans; Fitzenberger, Bernd; Heusler, Anna; Roth, Duncan; Schels, Brigitte; Wicht, Leonie (2025): Was kommt nach der Schule? Ein Drittel der Jugendlichen erwägt mehrere Bildungswege. In: IAB-Forum, 12.11.2025.

 

Bild: Jacob Lund / stock.adobe.com

DOI: 10.48720/IAB.FOO.20251112.02

Schludi, Martin (2025): Neue Online-Panelbefragung des IAB zur beruflichen Zukunft von Jugendlichen: BeYou setzt kurz vor dem Schulabschluss an, In: IAB-Forum 12. November 2025, https://iab-forum.de/neue-online-panelbefragung-des-iab-zur-beruflichen-zukunft-von-jugendlichen-beyou-setzt-kurz-vor-dem-schulabschluss-an/, Abrufdatum: 12. November 2025

 

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