7. März 2018 | Betriebliche Arbeitswelt
Bekommen Bachelorabsolventen die schlechteren Jobs?
Seit Anfang der 2000er Jahre wurde in Deutschland im Rahmen des Bologna-Prozesses ein zweistufiges System von Bachelor- und Masterabschlüssen eingeführt, durch das die traditionellen Hochschulabschlüsse Diplom und Magister nach und nach abgelöst wurden. Ziel dieser Strukturreform war unter anderem eine stärkere Vergleichbarkeit und Internationalisierung der Studiengänge sowie eine Verkürzung der Ausbildungsdauer durch die Einführung des meist dreijährigen Bachelors als Regelabschluss.
Wie beispielsweise Gregor Fabian und Koautoren in einer Studie aus dem Jahr 2016 zeigen, wurde zumindest das Ziel der Studienzeitverkürzung nur bedingt erreicht, denn de facto entscheiden sich 64 Prozent der Bachelorabsolventen für ein Masterstudium. Dies gilt insbesondere an den Universitäten: Dort nehmen 82 Prozent der Bachelorabsolventen anschließend ein Masterstudium auf, an den Fachhochschulen hingegen ist dieser Anteil mit 44 Prozent deutlich geringer.
Hierzu mag beigetragen haben, dass der Bachelor in der Öffentlichkeit häufig als „Schmalspurstudium“ wahrgenommen wurde. Und auch das Bundesinnenministerium lehnte noch im Jahr 2015 die Öffnung des höheren Dienstes für Bachelorabsolventen aufgrund der damit verbundenen „breite[n] Absenkung des Qualifikationsniveaus“ ab.
Allerdings ist im Laufe der Zeit der Anteil derjenigen Betriebe deutlich gestiegen, in denen (auch) Bachelorabsolventen tätig sind: Waren es noch im Jahr 2010 nur 13 Prozent, so lag dieser Anteil laut einer Studie von Christiane Konegen-Grenier, Beate Placke und Ann-Katrin Schröder-Kralemann aus dem Jahr 2015 zu diesem Zeitpunkt bereits bei 23 Prozent.
Während ältere Studien, etwa von Meike Rehburg aus dem Jahr 2006, zudem zeigen, dass die Arbeitgeber den neuen Bachelorabschlüssen zunächst skeptisch gegenüberstanden, deuten neuere Untersuchungen wie die im Jahr 2011 veröffentlichte Studie von Christiane Konegen-Grenier, Beate Placke und Theresa Stangl darauf hin, dass sie die Bachelorabsolventen inzwischen deutlich positiver beurteilen. So bietet die Mehrheit der Unternehmen Bachelorabsolventen nach eigenen Angaben ähnliche Einstiegspositionen an wie Master- und Diplomabsolventen. Und zwei Drittel zahlen Akademikern mit Bachelorabschluss dieser Studie zufolge vergleichbare Einstiegsgehälter wie ihren Kollegen mit klassischem Diplom.
Wer Bachelorabsolventen beschäftigt, sieht weniger Unterschiede zu Diplomabsolventen
Einen genaueren Aufschluss über die Beurteilung von Bachelorabsolventen durch die Arbeitgeber gibt die aktuelle Betriebsbefragung „Quality in Establishment Surveys“ (QuEst) des IAB. Sie wurde vom Marktforschungsinstitut forsa im Jahr 2016 durchgeführt. Die befragten Betriebe wurden gebeten, die folgenden fünf Schlüsselqualifikationen von Bachelorabsolventen mit denen von Akademikern zu vergleichen, die über einen entsprechenden traditionellen Diplomabschluss verfügen:
- ihre Fähigkeit, sich in neue Themengebiete einzuarbeiten
- ihre Fähigkeit, unerwartet auftretende Probleme zu lösen
- ihre Erfahrungen außerhalb des Studiums
- ihr allgemeines Grundlagenwissen
- ihre fachspezifischen Kenntnisse.
Von besonderem Interesse ist hierbei, ob die Urteile der Betriebe anders ausfallen, wenn diese bereits Personen mit Bachelorabschluss beschäftigen. Dies war bei 38 Prozent der befragten Betriebe der Fall. Diese Betriebe sind überproportional häufig der Meinung, dass die Qualifikationen von Bachelorabsolventen denen von Akademikern mit traditionellen Diplomabschlüssen gleichwertig sind (siehe Abbildung).
Dennoch werden Bachelorabsolventen auch von dieser, ihnen gegenüber eher positiv eingestellten Teilgruppe der Betriebe oft weniger positiv beurteilt als ihre diplomierten Kollegen: Je nach Qualifikationsdimension denken zwischen 20 und knapp 50 Prozent dieser Betriebe, dass Bachelorabsolventen gegenüber Diplomabsolventen eher im Nachteil sind. Bei den Betrieben ohne Erfahrung mit Bachelorabsolventen liegen die entsprechenden Werte allerdings nochmals zwischen 7 und 12 Prozent höher.
Die befragten Arbeitgeber sehen die Bachelorabsolventen am häufigsten in Hinblick auf deren im Rahmen ihres Studiums erworbenen Wissens im Nachteil. Dies betrifft sowohl ihr Grundlagenwissen als auch ihre fachspezifischen Kenntnisse. Auch wenn es um Erfahrungen geht, die neben dem Studium gesammelt wurden, schneiden Bachelorabsolventen aus Sicht vieler Betriebe eher schlechter ab. Im Vergleich dazu ist der Anteil der Arbeitgeber geringer, die die generellen Qualifikationen der Bachelorabsolventen als weniger gut einschätzen – etwa ihre Fähigkeit, Probleme zu lösen oder sich in neue Themengebiete einzuarbeiten.
Rund die Hälfte der Arbeitgeber, die Bachelorabsolventen im Nachteil sehen, zahlen ihnen auch niedrigere Einstiegsgehälter
Diese Einschätzungen der Arbeitgeber werfen die Frage auf, ob mit einer schlechteren Beurteilung des Bachelorabschlusses konkrete Nachteile für die betroffenen Beschäftigten einhergehen. Bachelorabsolventen verdienen in der Praxis tatsächlich häufig weniger als Beschäftigte mit einem Master- oder einem Diplomabschluss. Dies zeigt unter anderem eine Studie von Bernhard Christoph, Ute Leber und Heiko Stüber, die als IAB-Kurzbericht 13/2017 erschienen ist.
Allerdings gilt dies nicht für alle Bachelorabsolventen in gleicher Weise (siehe Tabelle 1). Vielmehr spielt es für die Entlohnung durchaus eine Rolle, wie die Arbeitgeber die generelle Qualität der Bachelorabsolventen beziehungsweise des Bachelorabschlusses beurteilen. Die Beurteilung der Bachelorabsolventen durch die Arbeitgeber wird dabei in drei Kategorien dargestellt:
- Bachelorabsolventen werden nicht negativer bewertet als Absolventen mit Diplomabschluss, sie sind also in keiner der fünf oben dargestellten Qualifikationsdimensionen im Nachteil (36,1 %; 39,0 % bei Betrieben, die Bachelorabsolventen beschäftigen).
- Bachelorabsolventen werden zum Teil negativer bewertet, also in einer bis drei der fünf Dimensionen im Nachteil gesehen (37,6 %; 39,3 % bei Betrieben, die Bachelorabsolventen beschäftigen).
- Bachelorabsolventen werden deutlich negativer bewertet, also in vier oder gar allen fünf Qualifikationsdimensionen im Nachteil gesehen (26,4 %; 21,8 % bei Betrieben, die Bachelorabsolventen beschäftigen).
Bei der großen Mehrheit der Arbeitgeber, welche die Qualifikationen der Bachelorabsolventen und die ihrer Kollegen mit Diplomabschluss als gleichwertig erachten, sind nach Aussage der Betriebe auch die Einstiegsgehälter vergleichbar (82 % bei Universitätsabsolventen und 89 % bei Absolventen von Fachhochschulen und Berufsakademien).
Anders ist dies bei Arbeitgebern, welche die Fähigkeiten von Bachelorabsolventen negativer beurteilen. In diesem Fall zahlt bei den Universitätsabsolventen gut die Hälfte der Arbeitgeber ihren Angestellten mit Bachelorabschluss auch ein niedrigeres Einstiegsgehalt. Hierbei spielt es keine Rolle, ob die entsprechenden Betriebe die Qualifikationen der Bachelorabsolventen nur zum Teil (Skalenwert 1 bis 3) oder deutlich (Skalenwert 4 bis 5) negativer bewerten.
Auch bei den Fachhochschulabsolventen geht eine schlechtere Bewertung der Qualifikationen von Bachelorabsolventen oft mit niedrigeren Einstiegsgehälter einher. Dies gilt insbesondere, wenn die Arbeitgeber die Bachelorabsolventen deutlich im Nachteil sehen: Gut 52 Prozent zahlen in diesem Fall Bachelorabsolventen ein niedrigeres Einstiegsgehalt als Diplomabsolventen. Werden die Bachelorabsolventen nur zum Teil negativer bewertet, sind es rund 42 Prozent.
Beurteilen Arbeitgeber die Bachelorabsolventen weniger gut, übertragen sie ihnen auch weniger anspruchsvolle Tätigkeiten
Was das Anspruchsniveau der übertragenen Tätigkeiten angeht, so zeigt sich ein recht ähnliches Bild: Bachelorabsolventen sind auch in diesem Fall insbesondere dann im Nachteil, wenn ihre Arbeitgeber den Bachelorabschluss negativer bewerten als ein klassisches Diplom (siehe Tabelle 2).
Anders als bei den Einstiegsgehältern scheint es im Fall des Anspruchsniveaus der Tätigkeit auch bei Universitätsabsolventen eine Rolle zu spielen, wie deutlich sich die Bewertung der Fähigkeiten der beiden Absolventengruppen unterscheidet: Rund 40 Prozent der Arbeitgeber, die Bachelorabsolventen nur in ein bis drei der erhobenen Qualifikationsdimensionen im Nachteil sehen, übertragen diesen auch eine weniger anspruchsvolle Tätigkeit als ihren Kollegen mit Diplom. Demgegenüber liegt der entsprechende Wert bei Arbeitgebern, die Bachelorabsolventen deutlich negativer bewerten (Nachteile in vier bis fünf Dimensionen), bei etwa 50 Prozent. Dies gilt unabhängig vom Hochschultyp.
Im Gegensatz dazu weisen mehr als 90 Prozent der Arbeitgeber – bei Fachhochschulabsolventen sogar nahezu alle –, die die Fähigkeiten der Bachelorabsolventen nicht negativer bewerten als die von Absolventen mit Diplomabschluss, beiden Gruppen ähnlich anspruchsvolle Tätigkeiten zu.
Fazit
Die Ergebnisse zeigen, dass es für die Arbeitsmarktpositionierung von Personen mit Bachelorabschluss einen Unterschied macht, ob ihre Arbeitgeber bereits Erfahrungen mit Bachelorabsolventen gesammelt haben. Ist dies der Fall, sind die Arbeitgeber auch wesentlich häufiger der Ansicht, dass die Qualifikationen von Bachelorabsolventen und Absolventen mit traditionellem Diplom vergleichbar sind. Dies deckt sich mit Ergebnissen früherer Studien, denen zufolge die anfängliche Skepsis gegenüber Bachelorabsolventen zumindest zum Teil auf fehlenden Erfahrungen der Arbeitgeber mit diesem Abschluss beruhte.
Dennoch sind auch unter den Arbeitgebern, die bereits Erfahrungen mit Bachelorabsolventen gesammelt haben, etwa 60 Prozent der Ansicht, dass diese bei mindestens einer der hier betrachteten Qualifikationsdimensionen weniger gut abschneiden als Absolventen mit klassischem Diplom. Und bei Arbeitgebern, die dieser Ansicht sind, müssen Bachelorabsolventen deutlich häufiger mit einem niedrigeren Einstiegsgehalt und einer weniger anspruchsvollen Tätigkeit vorlieb nehmen als ihre diplomierten Kollegen. Dies gilt für Universitätsabsolventen noch etwas häufiger als für Absolventen mit Fachhochschulabschluss.
Insofern ist es durchaus wahrscheinlich, dass der Bachelorabschluss nicht allen Absolventen die beruflichen Entwicklungs- und Einkommensperspektiven bietet, die sich diese von einer abgeschlossenen Hochschulausbildung erhoffen. Dies dürfte wiederum nicht unwesentlich dazu beitragen, dass sich insbesondere unter den Studierenden an den Universitäten in den vergangenen Jahren eine deutliche Mehrheit der Bachelorabsolventen für den zeitnahen Übergang in ein Masterstudium entschieden hat.
Literatur
Christoph, Bernhard; Leber, Ute; Stüber, Heiko (2017): Einkommen von Bachelor- und anderen Hochschulabsolventen: Höhere Abschlüsse zahlen sich mit dem Alter zunehmend aus. IAB-Kurzbericht Nr. 13.
Fabian, Gregor; Hillmann, Julika; Trennt, Fabian; Briedis, Kolja (2016): Hochschulabschlüsse nach Bologna. Werdegänge der Bachelor‑ und Masterabsolvent(inn)en des Prüfungsjahrgangs 2013. Forum Hochschule 1, Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW).
forsa.main Marktinformationssysteme GmbH [forsa] (2016): QuEst- Quality in Establishment Surveys. Methodenbericht. forsa.main Marktinformationssysteme.
Konegen-Grenier, Christiane; Placke, Beate; Schröder-Kralemann, Ann-Katrin (2015): Karrierewege für Bachelorabsolventen: Ergebnisbericht zur Unternehmensbefragung 2014. Ed. Stifterverband, Essen.
Konegen-Grenier, Christiane; Placke, Beate; Stangl, Theresa (2011): Unternehmen im Fokus. In: Briedis, Kolja; Heine, Christoph; Konegen-Krenier, Christiane; Schröder, Ann-Katrin (2011): Mit dem Bachelor in den Beruf. Arbeitsmarktbefähigung und -akzeptanz von Bachelorstudierenden und ‑absolventen. Stifterverband für die deutsche Wissenschaft, S. 83-113.
Rehburg, Meike (2006): Hochschulreform und Arbeitsmarkt. Die aktuelle Debatte zur Hochschulreform und die Akzeptanz von konsekutiven Studienabschlüssen auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Gutachten für die Friedrich-Ebert-Stiftung. Universität Kassel.
Hoyler, Laura; Christoph, Bernhard (2018): Bekommen Bachelorabsolventen die schlechteren Jobs?, In: IAB-Forum 7. März 2018, https://www.iab-forum.de/bekommen-bachelorabsolventen-die-schlechteren-jobs/, Abrufdatum: 18. November 2024
Autoren:
- Laura Hoyler
- Bernhard Christoph