14. April 2025 | Bildung und Qualifizierung
Betriebe unterstützen die Teilnahme von Höherqualifizierten an Weiterbildungen häufiger als bei Geringqualifizierten

Angesichts des technologischen und ökologischen Wandels kommt der beruflichen Weiterbildung eine zentrale Bedeutung zur Sicherung der individuellen Arbeitsmarktchancen zu. Insbesondere Geringqualifizierte nehmen jedoch weit unterdurchschnittlich an Weiterbildungen teil. Das geht zum Beispiel aus einer Studie hervor, die Annette Trahms, Marie-Christine Laible und Luisa Braunschweig 2021 im IAB-Forum publiziert haben.
Die Gründe für die geringe Weiterbildungsbeteiligung mancher Personengruppen sind vielfältig. So besteht nicht in allen Tätigkeitsbereichen ein gleich hoher Weiterbildungsbedarf. Neben mangelnden Informationen über Weiterbildungsangebote und möglichen Ängsten vor dem Lernen oder vor einem Misserfolg können auch zeitliche und finanzielle Restriktionen eine Rolle spielen.
Da die Arbeitgeber den Großteil der beruflichen Weiterbildung finanzieren, kommt den Betrieben hier eine wichtige Bedeutung zu. Sie können die Weiterbildungsbeteiligung ihrer Beschäftigten unterstützen, indem sie die Kosten für die Weiterbildung übernehmen und/oder die Beschäftigten für die Teilnahme an Weiterbildungsveranstaltungen freistellen.
Daher stellt sich die Frage, in welchem Umfang die Betriebe ihren Beschäftigten derartige Unterstützungsangebote unterbreiten und inwieweit diese davon Gebrauch machen. Dabei ist auch von Interesse, ob es Unterschiede zwischen Beschäftigten mit unterschiedlichem Qualifikationsniveau gibt. Aufschluss hierüber geben Daten der Erwachsenenkohorte des Nationalen Bildungspanels (siehe Infokasten „Das Nationale Bildungspanel“) für den Befragungszeitraum von 2018 bis 2022.
Rund sechs von zehn Beschäftigten erhalten betriebliche Angebot zur Weiterbildungsunterstützung
Wie die Analysen auf Basis dieser Daten zeigen, haben 61 Prozent aller befragten Beschäftigten von ihrem Betrieb Angebote zur Unterstützung von Weiterbildung erhalten. Dabei wurde 7 Prozent der Beschäftigten angeboten, sie für den Besuch von Kursen freizustellen. Ebenfalls 7 Prozent erhielten das Angebot, den Besuch von Fortbildungskursen zumindest anteilig zu finanzieren. In 46 Prozent der Fälle haben die Beschäftigten sowohl das Angebot einer zeitlichen als auch einer finanziellen Unterstützung durch ihren Betrieb erhalten (siehe Abbildung 1).
Allerdings werden Beschäftigte mit Hochschulabschluss deutlich häufiger von ihrem Betrieb unterstützt als Beschäftigte mit einer niedrigeren Qualifikation: In der Gruppe der Hochqualifizierten war dies bei 75 Prozent der Fall, in der Gruppe der Beschäftigten ohne Berufsabschluss nur bei 42 Prozent. Von den Beschäftigten mit abgeschlossener Berufsausbildung haben 55 Prozent im Untersuchungszeitraum Unterstützungsangebote durch ihren Betrieb erhalten. Sofern solche Angebote unterbreitet wurden, umfassten diese in allen drei Qualifikationsgruppen in den weitaus meisten Fällen sowohl eine zeitliche als auch eine finanzielle Unterstützung.
Beschäftigte mit Unterstützungsangeboten nehmen häufiger an Weiterbildung teil
Zugleich machen die Analysen deutlich, dass die Häufigkeit der Weiterbildung sehr stark von der Unterstützung durch den Arbeitgeber abhängt (siehe Abbildung 2). So ist die Beteiligung an Weiterbildung bei denjenigen Beschäftigten am höchsten, die sowohl eine finanzielle als auch eine zeitliche Unterstützung durch ihren Betrieb erhalten (45 %), und bei den Beschäftigten am geringsten, die keinerlei Unterstützung erfahren (10 %).
Interessant ist zudem, dass Beschäftigte, die von ihrem Betrieb ausschließlich zeitlich unterstützt werden, mit 36 Prozent statistisch signifikant häufiger an Weiterbildung teilnehmen als Personen, die nur finanziell unterstützt werden (29 %). Zeitliche Restriktionen stellen insgesamt also eine etwas größere Hürde für die Weiterbildungsbeteiligung dar als finanzielle.
Das geschilderte Muster ist in allen drei Qualifikationsgruppen zu erkennen. Zugleich fällt jedoch auf, dass Beschäftigte mit Hochschulabschluss auch ohne Unterstützung durch den Betrieb deutlich häufiger an Weiterbildung teilnehmen als Beschäftigte ohne Berufsabschluss.
Umgekehrt nutzen Geringqualifizierte, die durch ihren Betrieb unterstützt werden, Weiterbildungsmaßnahmen fast genauso häufig wie Hochqualifizierte. So liegt die Teilnahmequote bei Personen, die zeitlich und finanziell unterstützt werden, in beiden Qualifikationsgruppen bei 45 Prozent. Auch wenn die Unterstützung entweder nur zeitlich oder nur finanziell erfolgt, unterscheidet sich die Teilnahmequote zwischen Gering- und Hochqualifizierten nur unwesentlich.
Beschäftigte ohne Berufsabschluss erhalten demzufolge zwar seltener Unterstützungsangebote durch ihren Betrieb, nehmen aber – sofern sie solche bekommen – genauso häufig an Weiterbildung teil. Eine Unterstützung durch den Betrieb ist also gerade für Geringqualifizierte von großer Bedeutung.
Ändert sich die Unterstützung über die Zeit, wirkt sich dies nur kurzfristig auf die Weiterbildungsbeteiligung von Geringqualifizierten aus
Eine Weiterbildungsbeteiligung kann ganz unterschiedliche Gründe haben: Sie kann zum einen eher anlassbezogen erfolgen, zum Beispiel im Zusammenhang mit der Einführung neuer Technologien. Zum anderen kann sie Bestandteil einer kontinuierlichen Personalentwicklung in einem Betrieb sein. Insofern können sich die Unterstützungsangebote eines Betriebs im Zeitverlauf ändern.
Die Form der Weiterbildungsunterstützung kann sich beispielsweise aber auch dann ändern, wenn Beschäftigte ihren Arbeitgeber wechseln – etwa von einem eher weiterbildungsaffinen Betrieb in einen solchen, der kaum in der Weiterbildung seiner Belegschaft engagiert ist, oder umgekehrt.
Interessant ist nun die Frage, wie sich derartige Änderungen auf die Weiterbildungsteilnahme von Beschäftigten auswirken. Besonders relevant erscheint der Fall, in denen Beschäftigte zunächst keine Unterstützung durch ihren Betrieb erfahren haben, dann aber sowohl zeitlich als auch finanziell unterstützt werden. Vergleicht man diese Beschäftigten mit solchen, die über mehrere Perioden hinweg keine Unterstützungsangebote erhalten haben, gibt dies zumindest teilweise Aufschluss darüber, ob Beschäftigte nicht an Weiterbildung teilnehmen, weil sie keine Unterstützung erhalten, oder weil sie sich aus anderen Gründen – zum Beispiel aus mangelndem Interesse – nicht weiterbilden wollen.
Für die Beschäftigten insgesamt ist festzustellen, dass Personen, die keine Unterstützung in drei aufeinanderfolgenden Jahren erhalten, in dieser Zeit auch nur selten an Weiterbildung teilnehmen (siehe Abbildung 3). Dies gilt verstärkt für die Gruppe der Geringqualifizierten.
Ein anderes Bild zeigt sich, wenn Beschäftigte, die zuvor keinerlei Unterstützung bei der Teilnahme an Weiterbildungen erhielten, nun finanziell wie zeitlich unterstützt werden: Sowohl bei den Beschäftigten insgesamt als auch bei den Geringqualifizierten steigt die Weiterbildungsbeteiligung deutlich. Während dieser Anstieg bei allen Beschäftigten im darauffolgenden Jahr andauert, ist er bei den Geringqualifizierten nur kurzfristig.
Diese Ergebnisse bekräftigen erneut die große Bedeutung, die der betrieblichen Unterstützung für die Weiterbildungsbeteiligung von Beschäftigten zukommt. Über die Gründe, warum sich ein Wechsel von keiner zu voller Unterstützung bei Geringqualifizierten weniger nachhaltig auf deren Weiterbildungsbeteiligung auswirkt als bei den Beschäftigten insgesamt, lässt sich nur spekulieren. Möglicherweise richten sich die Unterstützungsangebote für diese Gruppe häufiger auf einmalige Weiterbildungsmaßnahmen. Möglicherweise halten manche Geringqualifizierte eine kontinuierliche Weiterbildung aber auch für weniger relevant, als dies höherqualifizierte Beschäftigte tun.
Fazit
Trotz der hohen Bedeutung von Weiterbildung in der modernen Arbeitswelt nehmen gerade Geringqualifizierte weit unterdurchschnittlich an Weiterbildung teil. Wie die hier präsentierten Analysen auf Basis des Nationalen Bildungspanels gezeigt haben, hat dies auch damit zu tun, dass sie seltener Unterstützungsangebote durch ihren Betrieb erhalten. Werden Geringqualifizierte jedoch durch ihren Arbeitgeber in Form einer Übernahme der Weiterbildungskosten und/oder durch Freistellungen während der Arbeitszeit unterstützt, unterscheidet sich ihre Weiterbildungsteilnahme nur unwesentlich von der Höherqualifizierter.
Die Ergebnisse unterstreichen damit einmal mehr die hohe Relevanz, die der betrieblichen Unterstützung bei der Weiterbildung von Beschäftigten zukommt. Angesichts bestehender Fachkräfteengpässe sollten Betriebe ein besonderes Interesse daran haben, Geringqualifizierte in ihre Weiterbildungsaktivitäten einzubeziehen. Denn das Potenzial dieser Personengruppe kann durch entsprechende Weiterbildung besser als bislang ausgeschöpft werden und so einen Beitrag zur Deckung des wachsenden Fachkräftebedarfs leisten.
Allerdings machen die Analysen auch deutlich, dass betriebliche Unterstützungsangebote die Weiterbildungsbeteiligung zwar erheblich stärken können, aber keineswegs der einzige Einflussfaktor sind. So nehmen von denjenigen Beschäftigten, die bei Weiterbildungen durch ihren Betrieb unterstützt werden, bei Weitem nicht alle daran teil. Und insbesondere in der Gruppe der Geringqualifizierten scheinen Unterstützungsangebote nicht immer nachhaltig zu wirken.
Die hier verwendeten Daten lassen keine Aussagen zu den Gründen für die Nichtteilnahme an Weiterbildung zu. Aus einer 2018 im IAB-Forum veröffentlichten Studie von Christopher Osiander und Gesine Stephan ist jedoch bekannt, dass gerade Geringqualifizierte oftmals befürchten, dass sich eine Weiterbildung für sie nicht auszahlt, und dass sie das Lernen häufig nicht mehr gewohnt sind. Daher sollten Beschäftigte wie Betriebe noch mehr als bislang für die hohe Bedeutung von Weiterbildung sensibilisiert werden. Dabei gilt es insbesondere, Geringqualifizierte gezielt in den Blick zu nehmen.
Das Nationale Bildungspanel
Unsere Analysen beruhen auf der Teilstudie „Bildung im Erwachsenenalter und lebenslanges Lernen“ des Nationalen Bildungspanels (NEPS), die durch das IAB sowie das Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) erhoben und vom Leibniz-Institut für Bildungsverläufe (LIfBi) koordiniert wird. Die NEPS-Teilstudie erfasst die gesamte Bandbreite von Bildungsaktivitäten und Lernprozessen im Erwachsenenalter sowie weitere Informationen beispielsweise zum bisherigen Lebensverlauf der Befragten.
Für unsere Untersuchung verwenden wir die Daten der Jahre 2018 bis 2022. Unser Sample beschränkt sich auf Beschäftigte im Alter zwischen 25 und 60 Jahren und umfasst 16.604 Beobachtungen von 5.274 Individuen. Unsere abhängige Variable gibt an, ob eine Person in den vergangenen zwölf Monaten vor der Befragung an mindestens einer non-formalen Weiterbildung teilgenommen hat. Non-formale Weiterbildung bezeichnet dabei kursförmig organisierte Maßnahmen, die zu keinem anerkannten Abschluss führen.
In aller Kürze
- Rund sechs von zehn Beschäftigte erhalten innerhalb eines Jahres von ihrem Betrieb Angebote, sie in ihrer Weiterbildung zu unterstützen. In den meisten Fällen bieten die Betriebe an, sowohl die Kosten der Weiterbildung zu übernehmen als auch die Beschäftigten für den Besuch von Kursen freizustellen.
- Beschäftigte mit einem Hochschulabschluss und solche mit einem Berufsabschluss bekommen deutlich häufiger Unterstützungsangebote von ihrem Betrieb als Beschäftigte ohne Berufsabschluss.
- Beschäftigte, die von ihrem Betrieb unterstützt werden, nehmen deutlich häufiger an Weiterbildung teil, als Beschäftigte, die keine solche Unterstützung erhalten.
- Sofern Beschäftigte ohne Berufsabschluss Unterstützungsangebote bekommen, bilden sie sich ähnlich häufig weiter wie Hochqualifizierte.
Literatur
Osiander, Christopher; Stephan, Gesine (2018): Gerade geringqualifizierte Beschäftigte sehen bei der beruflichen Weiterbildung viele Hürden. In: IAB-Forum, 2.8.2018.
Trahms, Annette; Laible, Marie-Christine; Braunschweig, Luisa (2021): Geringqualifizierte bilden sich nach wie vor deutlich seltener weiter. In: IAB-Forum, 27.10.2021.
Bild: KOTO/stock.adobe.com
DOI: 10.48720/IAB.FOO.04142025.01
Heß, Pascal; Leber, Ute (2025): Betriebe unterstützen die Teilnahme von Höherqualifizierten an Weiterbildungen häufiger als bei Geringqualifizierten, In: IAB-Forum 14. April 2025, https://www.iab-forum.de/betriebe-unterstuetzen-die-teilnahme-von-hoeherqualifizierten-an-weiterbildungen-haeufiger-als-bei-geringqualifizierten/, Abrufdatum: 16. April 2025
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Autoren:
- Pascal Heß
- Ute Leber