Die Zahl der Beschäftigten im Handwerk hat sich bundesweit in den 2010er Jahren stetig erhöht, wenn auch in Ostdeutschland weniger stark als in der Gesamtwirtschaft. Im Vergleich dazu hat sich die Zahl der Auszubildenden in den östlichen Bundesländern sogar besser entwickelt als in der Gesamtwirtschaft. Zugleich unterscheidet sich die Beschäftigungs- und Ausbildungssituation je nach Bundesland und Gewerbegruppe innerhalb des Handwerks deutlich.

Wer die öffentliche Diskussion und Berichterstattung über das deutsche Handwerk verfolgt, wird unschwer feststellen: Die Branche steht vor gewaltigen Herausforderungen. Schon seit geraumer Zeit beklagen viele Handwerksbetriebe Personalengpässe, Nachwuchsmangel und Schwierigkeiten bei der Betriebsnachfolge – Probleme, die sich angesichts des demografischen Wandels nochmals erheblich verschärfen dürften. Nicht selten wird in diesem Zusammenhang die Einschätzung geäußert, dass viele kleine Handwerksunternehmen zu verschwinden drohen, während die mittleren und großen weiter wachsen. Das Handwerk hat zudem, wie die deutsche Wirtschaft insgesamt, mit erheblichen Lieferengpässen und steigenden Material- und Energiekosten zu kämpfen.

Ein Einflussfaktor für die Entwicklung der Beschäftigung im Handwerk ergibt sich ebenfalls aus der 2020 verabschiedeten Novelle der Handwerksordnung (siehe Infokasten „Datengrundlage und Abgrenzung des Handwerks“). So wird erwartet, dass beispielsweise die Wiedereinführung der Meisterpflicht in den betroffenen Gewerbezweigen Auswirkungen auf das Ausbildungsgeschehen hat.

Gleichzeitig dürften die aktuellen politischen Ziele beim Klimaschutz und beim Wohnungsbau die Nachfrage nach Handwerksleistungen weiter erhöhen. Gerade die davon betroffenen Gewerbezweige wie Installation und Heizungsbau oder Elektrotechnik leiden aber bereits jetzt massiv unter Fachkräfteengpässen.

Vor dem Hintergrund dieser bundesweiten Herausforderungen verläuft die Entwicklung der Beschäftigung im Handwerk von Region zu Region sehr unterschiedlich. Auch zwischen unterschiedlichen Gewerbegruppen und Gewerbezweigen innerhalb des Handwerks variiert die Beschäftigungsdynamik stark. Beides wird im Folgenden näher beleuchtet.

Knapp jeder achte Beschäftigte arbeitet im Handwerk

Mit einem Anteil von 12,7 Prozent an der Gesamtwirtschaft arbeitete im Jahr 2020 knapp jeder achte Beschäftigte in Deutschland im Handwerk (siehe Tabelle 1). Die Werte für Ost- und Westdeutschland unterscheiden sich nur geringfügig.

Tabelle 1 zeigt die Zahl der Beschäftigten im Handwerk in Deutschland und ihren Anteil an der Gesamtwirtschaft in Prozent. Im Jahr 2020 arbeitete fast jeder achte Beschäftigte in Deutschland im Handwerk, was einem Anteil von 12,7 Prozent an der gesamten Wirtschaft entspricht. Unter den geringfügig Beschäftigten ist der Anteil des Handwerks mit 15,8 Prozent höher als bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit 12,3 Prozent.

Während der Anteil des Handwerks bei den ausschließlich geringfügig Beschäftigten 15,8 Prozent beträgt, liegt der Wert bei sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit 12,3 Prozent deutlich niedriger. Dieser Unterschied hat vor allem mit dem zulassungsfreien Gewerbezweig (siehe Infokasten) der Gebäudereiniger zu tun: Jede*r dritte ausschließlich geringfügig Beschäftigte im Handwerk arbeitet in dieser Branche, aber nur jede*r zehnte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (siehe Infokasten).

Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Handwerk stieg in den ostdeutschen Bundesländern weniger stark als in der Gesamtwirtschaft

Nachfolgend steht die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Fokus, kurz als Beschäftigung bezeichnet. Auffällig ist, dass die Beschäftigung im Handwerk im hier untersuchten Zeitraum 2014 bis 2020 in Westdeutschland mit jährlich 1,8 Prozent deutlich stärker zulegte als in den östlichen Bundesländern mit 0,7 Prozent (siehe Tabelle 2). Der Ost-West-Unterschied ist 2020, also im ersten Jahr der Covid-19-Pandemie, noch einmal stärker gewachsen: Während die Beschäftigung im westdeutschen Handwerk um 1,0 Prozent zulegte, ging sie im ostdeutschen Handwerk gegenüber 2019 sogar um 0,3 Prozent zurück.

Der Anteil des Handwerks an der Gesamtbeschäftigung unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland erheblich (Daten zur Bedeutung des Handwerks für Beschäftigung und Ausbildung auf Bundeslandebene finden Sie auf der IAB-Website „Grafik und Daten“): Die Stadtstaaten verzeichnen beispielsweise einen deutlich geringeren Anteil als die Flächenländer. Sachsen ist mit 14 Prozent Spitzenreiter unter den Flächenländern, unter den Stadtstaaten ist es Berlin mit 9,6 Prozent.

Bundesweit wuchs die Beschäftigung im Handwerk mit jahresdurchschnittlich 1,6 Prozent etwas langsamer als in der Gesamtwirtschaft mit plus 1,8 Prozent. In den westdeutschen Bundesländern ist das Beschäftigungswachstum im Handwerk ähnlich hoch wie im Durchschnitt aller Branchen. In Hessen und Nordrhein-Westfalen stieg die Beschäftigung im Handwerk sogar stärker als die Gesamtbeschäftigung. Allerdings sind in Hessen nur 9,9 Prozent aller Beschäftigten im Handwerk tätig – mit Abstand der niedrigste Anteil aller Flächenländer.

Dagegen fiel das Beschäftigungswachstum im Handwerk in Ostdeutschland mit 0,7 Prozent nur knapp halb so hoch aus wie in der Gesamtwirtschaft mit 1,5 Prozent. Dort bestehen zudem erhebliche regionale Unterschiede: In Berlin stieg die Beschäftigung im Handwerk um 2,5 Prozent, in Thüringen sank sie um 0,5 Prozent. Berlin weist im Handwerk zwar den höchsten Zuwachs aller Bundesländer auf. Dennoch fiel das Wachstum mit einem Plus von 3,4 Prozent auch dort deutlich geringer aus als in der lokalen Gesamtwirtschaft.

Von den Corona-Auswirkungen waren vor allem die ostdeutschen Flächenländer betroffen, insbesondere Thüringen mit minus 1,5 Prozent und Sachsen-Anhalt mit minus 1,0 Prozent. Schleswig-Holstein und Rheinland-Platz verzeichneten dagegen auch in der Pandemie Beschäftigungszuwächse im Handwerk von mehr als 3 Prozent.

Tabelle 2 zeigt den Anteil des Handwerks an der Gesamtbeschäftigung und die jahresdurchschnittliche Entwicklung im Handwerk zwischen 2014 und 2020 jeweils im Vergleich zur Gesamtwirtschaft. Die Beschäftigung im Handwerk stieg in Deutschland im Durchschnitt jedes Jahr um 1,6 Prozent, was etwas niedriger war als das Wachstum der Gesamtwirtschaft von 1,8 Prozent. Im Westen Deutschlands war die Beschäftigungsdynamik im Handwerk genauso hoch wie in anderen Branchen. Im Vergleich zur Gesamtwirtschaft war das Beschäftigungswachstum im Osten Deutschlands nur halb so hoch.

Das Handwerk ist stark kleinbetrieblich geprägt. Rund 80 Prozent der gut 560.400 Unternehmen haben laut Handwerkszählung weniger als zehn Beschäftigte, 20 Beschäftigte und mehr haben nur knapp 9 Prozent der Handwerksunternehmen.

Gleichwohl basiert das in den letzten Jahren zu beobachtende Beschäftigungswachstum im Handwerk nicht auf einer generellen Zunahme der Zahl der Unternehmen, denn diese sank in der Summe leicht. Während die Zahl der Kleinstunternehmen überdurchschnittlich zurückging, stieg die durchschnittliche Beschäftigtenzahl in den bestehenden Handwerksunternehmen (lesen Sie dazu auch den IAB-Forschungsbericht 20/2022).

Die Beschäftigungsdynamik variiert stark zwischen unterschiedlichen Gewerbegruppen

Die größte Beschäftigungszunahme innerhalb des Handwerks, auch unter Berücksichtigung der Novellierung der Handwerksordnung (siehe Infokasten), verzeichnete 2014 bis 2020 bundesweit das Bauhauptgewerbe mit jahresdurchschnittlich 2,6 Prozent, gefolgt vom Gesundheitsgewerbe mit 2,2 Prozent und dem Ausbaugewerbe mit 2,1 Prozent. Beim Gesundheitsgewerbe handelt es sich um die kleinste Gewerbegruppe im Handwerk (siehe Abbildung 1). Mit einem Beschäftigtenanteil von knapp 4 Prozent hat sie allerdings trotz hoher Beschäftigungszunahme nur einen geringen Einfluss auf die Gesamtentwicklung im Handwerk. Demgegenüber sind insbesondere die Bedeutung des Lebensmittelgewerbes und der Handwerke für den privaten Bedarf zurückgegangen.

Dass die relative Bedeutung einzelner Gewerbegruppen von Bundesland zu Bundesland teils stark variiert, ist dem Einfluss regionaler wirtschaftlicher Gegebenheiten geschuldet. Auffällig sind die hohen Anteile des Bauhauptgewerbes von mehr als 20 Prozent in Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Das Ausbaugewerbe hat insbesondere in Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Brandenburg mit jeweils 30 Prozent und mehr eine hohe Bedeutung.

Abbildung 1 zeigt die Anteile sozialversicherungspflichtig Beschäftigter im Handwerk nach Gewerbegruppen mit ausgewählten Gewerbezweigen im Vergleich zwischen 2014 und 2020 in Deutschland in Prozent. Die größten Beschäftigungszunahmen innerhalb des Handwerks verzeichneten 2014 bis 2020 das Bauhauptgewerbe mit 2,6 Prozent, gefolgt vom Gesundheitsgewerbe (2,2 Prozent) und dem Ausbaugewerbe (2,1 Prozent). Beim Ausbaugewerbe handelt es sich mit einem Beschäftigtenanteil von mehr als 28 Prozent um die größte Gewerbegruppe, beim Gesundheitsgewerbe mit knapp vier Prozent um die kleinste Gewerbegruppe im Handwerk.

Die Unternehmen der Handwerke für den gewerblichen Bedarf (unter anderem Gewerbe im Metallbau, in der Feinmechanik und Informationstechnik) sind vorrangig als Zulieferer abhängig vom Bedarf der Industrie. Dieser wiederum wird maßgeblich vom Außenhandel, der Binnennachfrage und der allgemeinen Investitionsneigung beeinflusst. So ist etwa in den industriestarken Bundesländern wie Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Saarland mehr als jeder vierte Beschäftigte im Handwerk in diesem Segment tätig. Noch sehr viel höher liegt der Anteil der Handwerke für den gewerblichen Bedarf mit 38 Prozent in Berlin. Ursächlich hierfür ist allerdings die sehr hohe Zahl an Beschäftigten in der Gebäudereinigung.

Auf der Ebene der Bundesländer unterscheidet sich die Beschäftigungsdynamik je nach Gewerbegruppe ebenfalls deutlich. Da das relative Gewicht einzelner Branchen, etwa des Verarbeitenden Gewerbes, ebenso von Bundesland zu Bundesland variiert wie die Kaufkraft der Privathaushalte, schlagen Entwicklungen, die diese Parameter beeinflussen, auch regional in unterschiedlichem Maße auf die Beschäftigungssituation und die Gesamtentwicklung in den einzelnen Gewerbegruppen des Handwerks durch. So sind die Beschäftigungsgewinne in den Handwerken für den gewerblichen Bedarf hauptsächlich auf die Zuwächse in Hessen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz zurückzuführen.

Die positive Entwicklung im Bauhaupt- und im Ausbaugewerbe war bislang besonders in Berlin, Hessen und Baden-Württemberg sehr ausgeprägt. Gleichwohl bremsen seit der Covid-19-Pandemie und durch den Krieg in der Ukraine die stark gestiegenen Baumaterial- und Baupreise viele geplante Bauvorhaben aus. Die Kosten und die Lieferprobleme bei bestimmten wichtigen Materialien, aber auch der Mangel an qualifizierten Fachkräften können hier dämpfend wirken.

Bei den Handwerken für den privaten Bedarf ist die Entwicklung zweigeteilt: Während die Zahl der dort Beschäftigten in Westdeutschland zugelegt hat, war sie in den ostdeutschen Bundesländern rückläufig. Im Gesundheitsgewerbe wiederum wird die positive Entwicklung von Brandenburg, Bayern und Nordrhein-Westfalen getragen. Die Rückgänge im Lebensmittelgewerbe hingegen schlagen besonders in Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Thüringen zu Buche.

Der Anteil der Auszubildenden im Handwerk ist mehr als doppelt so groß wie dessen Beschäftigungsanteil

Das in der Regel kleinst- und kleinbetrieblich strukturierte Handwerk ist nach eigenem Bekunden auf eine hohe Zahl umfassend qualifizierter Fachkräfte als Schlüsselgröße für die Wettbewerbsfähigkeit seiner Betriebe angewiesen und erbringt schon deshalb eine außerordentlich hohe Ausbildungsleistung: Bundesweit wird über ein Viertel (siehe Tabelle 3) aller betrieblichen Auszubildenden im Handwerk ausgebildet. Damit ist der Ausbildungsbeitrag des Handwerks mehr als doppelt so hoch, wie sein Anteil an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (28,4% zu 12,3%).

Die Tabelle zeigt die Zahl der Auszubildenden im Handwerk sowie den Anteil an der Gesamtwirtschaft in Prozent. Im Handwerk werden bundesweit mehr als 350.000 Personen ausgebildet, was mehr als 25 Prozent aller betrieblichen Auszubildenden ausmacht.

Auf der Ebene der Bundesländer werden die höchsten Ausbildungsanteile im Handwerk in Schleswig-Holstein (33,7 %), Niedersachsen (32,0 %) und Rheinland-Pfalz (31,0 %) erzielt. Die Stadtstaaten (Berlin: 25,1 %; Bremen: 21,1 %; Hamburg: 20,1 %) stehen – nicht überraschend – am Ende des Rankings. Denn Großstädte sind generell multifunktionale Wirtschaftsstandorte, deren wirtschaftliche Aktivitäten stärker auf Dienstleistungen, Unternehmenszentralen und (öffentliche) Verwaltung ausgerichtet sind. Dort hat die Ausbildung in nicht handwerklichen Ausbildungsberufen ein überproportional starkes Gewicht. Dennoch ist auch in allen Stadtstaaten die Ausbildungsleistung im Handwerk mehr als doppelt so hoch wie der entsprechende Anteil des Handwerks an der Gesamtbeschäftigung.

Die Zahl der Auszubildenden im Handwerk ist in fast allen Bundesländern weniger stark gesunken als in der Gesamtwirtschaft

Die Zahl der Auszubildenden in der Gesamtwirtschaft sank zwischen 2014 und 2016 zunächst leicht, blieb bis 2019 in etwa auf diesem Niveau, und ging in den Pandemiejahren 2020 und 2021 merklich zurück (siehe Abbildung 2). Dabei verlief die Entwicklung in Westdeutschland deutlich ungünstiger als in Ostdeutschland. Dies dürfte vor allem demografisch bedingt sein, denn in Ostdeutschland haben sich die Schulabgänger-Zahlen seit 2014 wieder leicht erholt (lesen Sie dazu auch den IAB-Kurzbericht 19/2022).

Abbildung 2 zeigt die Entwicklung der Auszubildendenzahlen insgesamt im Vergleich mit der Entwicklung im Handwerk zwischen 2014 und 2021. In der Gesamtwirtschaft gab es bis 2021 einen Rückgang von fast 8 Prozent, wobei der jährliche Durchschnittsrückgang bundesweit bei 1,1 Prozent und in Westdeutschland bei 1,3 Prozent lag. In Ostdeutschland sank die Zahl jährlich um 0,2 Prozent. Im Vergleich dazu fiel der Rückgang der Auszubildendenzahlen im Handwerk in Westdeutschland bis 2021 flacher aus. Nur im Handwerk in Ostdeutschland stieg die Zahl seit 2014 um etwa 9 Prozent.

Die Entwicklung im Handwerk verlief in beiden Landesteilen günstiger als in der Gesamtwirtschaft, insbesondere in Ostdeutschland. In Westdeutschland nahm die Zahl der Auszubildenden im Handwerk mit Ausnahme des Saarlands weniger stark ab als in der Gesamtwirtschaft. Die ostdeutschen Länder Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg verzeichneten sogar jahresdurchschnittliche Zuwächse von über 2 Prozent, in Thüringen waren es im Schnitt 1,4 Prozent.

Auch in den Pandemiejahren 2020/2021 entwickelten sich die meisten ostdeutschen Bundesländer günstiger als die westdeutschen. In Letzteren lag die Zahl der Handwerks-Auszubildenden im Jahr 2021 rund fünf Prozent unter dem Ausgangswert von 2014. Gleichwohl war die duale Ausbildung im Handwerk von den Auswirkungen der Pandemie weniger stark betroffen als die duale Ausbildung in der Gesamtwirtschaft.

Fazit

Angesichts des demografischen Wandels, der Digitalisierung und der Dekarbonisierung der Wirtschaft steht das Handwerk vor großen Herausforderungen. Die bestehenden Fachkräfteengpässe drohen sich weiter zu verschärfen. Damit ist nicht zuletzt die Umsetzung der Energiewende gefährdet. Hier ist das Handwerk ein zentraler Akteur, allen voran die Gewerbezweige der Elektrotechnik und des Installateur- und Heizungsbaus. Umso mehr kommt der beruflichen Ausbildung eine wesentliche Rolle zu.

Das Handwerk selbst muss dafür Sorge tragen, dass Handwerksberufe für junge Menschen attraktiv bleiben – auch im Verhältnis zu möglichen Alternativen wie Studium oder Helferjobs. Infolge des digitalen und technologischen Wandels sind die Tätigkeiten in vielen Handwerksberufen anspruchsvoller und vielfältiger geworden und damit vermutlich auch attraktiver insbesondere für Jugendliche mit höheren Schulabschlüssen. Zudem sollte leistungsschwächeren Jugendlichen und Jugendlichen ohne Berufsabschluss durch passgenaue unterstützende Maßnahmen der Zugang in eine duale Ausbildung im Handwerk ermöglicht werden (Stichwort „Ausbildungsgarantie“).

Eine weitere Maßnahme der Fachkräftesicherung im Handwerk sollte die verstärkte Mitarbeiterbindung sein, zum Beispiel durch die Möglichkeit der Teilzeitarbeit, Unterstützungsmaßnahmen beim Wiedereinstieg nach Elternzeit oder Qualifizierungsbeteiligung. Weiterhin gilt es, die Erwerbsbeteiligung von Frauen und älteren Beschäftigten in diesem Bereich zu erhöhen, etwa über flexible Arbeitszeiten für Ältere oder die Nutzung der bestehenden Möglichkeiten für einen flexiblen Übergang in die Rente.

Neben der verstärkten Aktivierung des inländischen Potenzials für die Sicherung von Fachkräften sollten die Zuwanderung und die Beschäftigung von ausländischen Arbeits- und Fachkräften erleichtert werden, beispielsweise über eine erleichterte und beschleunigte Anerkennung von im Heimatland erworbenen Qualifikationen.

In aller Kürze
  • Fast jeder achte Beschäftigte in Deutschland ist im Handwerk tätig.
  • Die Beschäftigtenzahl im Handwerk ist zwischen 2014 und 2020 gestiegen, in Ostdeutschland aber weniger stark als in der Gesamtwirtschaft.
  • Sowohl die Beschäftigungsentwicklung im Handwerk als auch die Anteile der unterschiedlichen Gewerbegruppen unterscheiden sich regional deutlich.
  • Auswirkungen der Corona-Krise auf die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Handwerk sind vor allem in Ostdeutschland spürbar. Die östlichen Flächenländer mussten sogar Beschäftigungsrückgänge verkraften.
  • Das Handwerk erbringt eine sehr hohe Ausbildungsleistung. Der Anteil der Auszubildenden ist mehr als doppelt so hoch wie in der Gesamtwirtschaft. Allerdings sind die Auszubildendenzahlen rückläufig. Die Zahl der Auszubildenden in Westdeutschland nimmt weniger stark ab als in der Gesamtwirtschaft. In den ostdeutschen Ländern konnte die Zahl der Handwerks-Auszubildenden sogar gesteigert werden.
  • Die Personalknappheit im Handwerk dürfte sich aufgrund demografischer Entwicklungen und der zu erwartenden steigenden Nachfrage in einzelnen Gewerbezweigen (zum Beispiel aufgrund der Energiewende) künftig noch verschärfen.

Literatur

Bennewitz, Emanuel; Klinge, Silke; Leber, Ute, Schwengler, Barbara (2022): Zwei Jahre Corona-Pandemie: Die deutsche Wirtschaft zwischen Krisenstimmung und Erholung – Ein Vergleich der Jahre 2019 und 2021 – Ergebnisse des IAB-Betriebspanels. IAB-Forschungsbericht Nr. 20.

Böhme, Stefan et al. (2023): Aktuelle Daten und Indikatoren. Daten zur regionalen Bedeutung des Handwerks.

Fitzenberger, Bernd; Heusler, Anna; Houstecká, Anna; Wicht, Leonie (2022): Stellenangebot, Bewerbungen und neue Ausbildungsverträge: Passungsprobleme am Ausbildungsmarkt nehmen in der Corona-Krise weiter zu. IAB-Kurzbericht Nr. 19.

Zentralverband des Deutschen Handwerks (2022): Lage der Auszubildenden auf dem Ausbildungsmarkt. Stellungnahme zu einer Öffentlichen Ausschussberatung des Bundestagsausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung am 06.07.2022.

Datengrundlage und Abgrenzung des Handwerks

Datengrundlage: Handwerkszählung (Statistisches Bundesamt), Beschäftigungsstatistik (Bundesagentur für Arbeit) und Datensystem Auszubildende (Bundesinstitut für Berufsbildung)

Abgrenzung des Handwerks: Das Handwerk wird über berufliche Tätigkeiten nach der Handwerksordnung (HwO) abgegrenzt. Diese unterscheidet zulassungspflichtige, zulassungsfreie und handwerksähnliche Gewerbe. Die Handwerkskammern führen Verzeichnisse, in denen die Unternehmen entsprechend erfasst sind.

In der Handwerkszählung sind allerdings nur Unternehmen des zulassungspflichtigen und des zulassungsfreien Handwerks (Anlage A bzw. Anlage B Abschnitt 1 der HWO) enthalten, nicht die handwerksähnlichen Gewerbe. In den zulassungspflichtigen Handwerken, den sogenannten Anlage-A-Handwerken, ist grundsätzlich der Meisterbrief Voraussetzung. Für die zulassungsfreien Handwerke sind keine besonderen Qualifikationsnachweise erforderlich, um sie selbstständig auszuüben.

Die Handwerksordnung ist 2020 novelliert worden: Bei zwölf Gewerbezweigen wurde die Meisterpflicht wieder eingeführt und sie wurden vom zulassungsfreien Handwerk in das zulassungspflichtige Handwerk eingeordnet. Zusätzlich wurden in das zulassungsfreie Handwerk die beiden Gewerbezweige „Bestatter“ und „Holz- und Bautenschützer“ mit aufgenommen, die zusammen rund 11.800 Handwerksunternehmen mit etwa 44.500 Beschäftigte umfassen. Damit ist die zeitliche Vergleichbarkeit der betroffenen Gewerbegruppen und Insgesamt-Positionen mit früheren Ergebnissen eingeschränkt. Die Gewerbegruppe „Handwerke für den privaten Bedarf“ wäre ohne die Summe der Beschäftigten in Bestattungsunternehmen (11.400) tendenziell gesunken, nun hat sie einen leichten Zuwachs zu verzeichnen. Die Gewerbegruppe „Bauhauptgewerbe“ umfasst mit dem Gewerbezweig „Holz- und Bautenschützer“ zusätzlich 11.100 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Die Zunahme in dieser Gewerbegruppe ist dadurch etwas stärker ausgefallen.

Außerdem werden nur selbstständige Handwerksunternehmen einbezogen. Ein Unternehmen umfasst dabei alle zugehörigen Betriebe. Handwerkliche Nebenbetriebe und innerbetriebliche Abteilungen werden nicht berücksichtigt.

Handwerksunternehmen werden gemäß ihrer ausgeübten Tätigkeit bestimmten Gewerbezweigen zugeordnet. Die einzelnen Gewerbezweige werden zu sieben Gewerbegruppen zusammengefasst (vgl. Abbildung 1).

Die Beschäftigungsstatistik berichtet über sozialversicherungspflichtig und geringfügig beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Nicht zu den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zählen dagegen Beamte und Beamtinnen, Selbständige und mithelfende Familienangehörige, Berufs- und Zeitsoldaten sowie Wehr- und Zivildienstleiste.

 

Beitragsbild: visoot/stock.adobe.com

doi: 10.48720/IAB.FOO.20230614.01

Böhme, Stefan ; Carstensen, Jeanette; Harten, Uwe; Seibert, Holger; Wiethölter, Doris; Wydra-Somaggio, Gabriele (2023): Die Bedeutung des Handwerks für Beschäftigung und Ausbildung ist regional sehr unterschiedlich, In: IAB-Forum 14. Juni 2023, https://www.iab-forum.de/die-bedeutung-des-handwerks-fuer-beschaeftigung-und-ausbildung-ist-regional-sehr-unterschiedlich/, Abrufdatum: 23. November 2024