Demografie und Digitalisierung sind wichtige Treiber für die künftige Entwicklung des Arbeitskräftebedarfs. Die regionalen Unterschiede sind dabei erheblich: Während die Zahl der Arbeitsplätze in manchen Bundesländern steigen wird, werden insbesondere in Ostdeutschland viele Arbeitsplätze wegfallen. Hier spielt auch die historisch gewachsene Branchenstruktur eine Rolle, die von Bundesland zu Bundesland deutlich variiert. Denn Branchen und Berufe sind unterschiedlich stark von demografischem Wandel und technologischem Fortschritt betroffen.

Sowohl der demografische Wandel als auch die Digitalisierung werden den deutschen Arbeitsmarkt in den kommenden Jahren grundlegend verändern. Denn beide Entwicklungen haben einen entscheidenden Einfluss darauf, in welchen Berufen und Branchen Arbeitsplätze wegfallen oder entstehen. So dürfte die Zahl der Arbeitsplätze infolge der Digitalisierung etwa in der IT-Branche wachsen und im Verarbeitenden Gewerbe sinken. Der demografische Wandel wiederum wird dazu führen, dass die Zahl der Arbeitsplätze in Deutschland insgesamt zurückgeht, weil unter dem Strich deutlich weniger Arbeitskräfte zur Verfügung stehen werden. Zugleich generiert er einen Mehrbedarf an Arbeitsplätzen in bestimmten Branchen wie dem Gesundheits- und Pflegesektor.

Hinzu kommt: Digitalisierung wie demografischer Wandel wirken sich regional sehr unterschiedlich aus. So wird die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter aus demografischen Gründen insbesondere in Ostdeutschland stark zurückgehen, während sie in einigen süddeutschen Regionen relativ stabil bleiben oder weiter steigen wird. Auch die Digitalisierung wirkt sich je nach Region unterschiedlich auf den Arbeitsmarkt aus, denn die Branchen- und die Berufsstruktur unterscheiden sich von Region zu Region erheblich.

Demografie und Digitalisierung sind denn auch dafür verantwortlich, dass künftig in vielen Bundesländern unter dem Strich Arbeitsplätze wegfallen werden, während einige Bundesländer insgesamt sogar ein Plus an Arbeitsplätzen verzeichnen dürften.

Um diese Unterschiede näher herauszuarbeiten, werden im Folgenden für jedes Bundesland jeweils zwei Projektionen vorgestellt, die im Rahmen des Kooperationsprojekts „QuBe“ (Qualifikationen und Berufe in der Zukunft) erstellt wurden. Sie zeigen, wie sich der Anteil der Arbeitsplätze entwickelt, die in jedem Bundesland voraussichtlich bis zum Jahr 2035 auf- oder abgebaut werden. Dabei wird zwischen einem Referenzszenario („QuBe-Basisprojektion“), in dem die Digitalisierung langsamer voranschreitet, und einem Szenario beschleunigter Digitalisierung („Digitalisierte Arbeitswelt“) unterschieden.

Letzteres dürfte durch die Corona-Krise noch wahrscheinlicher geworden sein. Denn viele Betriebe wurden durch die aktuelle Krise gezwungen, etwa das mobile Arbeiten von zu Hause aus oder Telefon- und Videokonferenzen mit Kunden und Geschäftspartnern massiv auszuweiten. Sie mussten ihre Arbeitsabläufe schnell anpassen und nicht selten ihre Investitionen in digitale Kommunikationstechnologien deutlich hochfahren. Auch Kliniken und Arztpraxen rüsten angesichts der Corona-Pandemie digital auf.

Zugleich nutzen immer mehr Menschen Online-Plattformen für ihren Einkauf oder ersetzen beispielsweise die ausgefallenen Kino- oder Theaterbesuche, indem sie einen Streamingdienst abonnieren. Viele Menschen dürfte die neue Situation dazu veranlassen, sich stärker als bisher mit neuen digitalen Kommunikationsformen vertraut zu machen. Der dadurch induzierte Digitalisierungsschub dürfte auch über die Krise hinaus nachwirken.

Die QuBe-Basisprojektion

Ziel der QuBe-Basisprojektion ist es, Bestände, Übergänge, Trends und Verhaltensweisen im Bildungssystem, auf dem Arbeitsmarkt und in der ökonomischen Entwicklung zu identifizieren und fortzuschreiben (Trends) oder beizubehalten (Verhaltensweisen), um mögliche und in sich konsistente Entwicklungspfade sichtbar zu machen. Das Hauptaugenmerk der Analyse liegt auf berufsspezifischen Entwicklungen, um etwaige fachspezifische Engpässe oder Überangebote zu identifizieren. Anhand von Indikatoren zur möglichen Fachkräftesituation werden Handlungsfelder für die Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik sichtbar gemacht.

Die Ergebnisse der QuBe-Basisprojektion können im Sinne einer Wenn-Dann-Aussage interpretiert werden und zeigen den Entwicklungspfad des Arbeitsmarktes auf, wenn sich an den bisherigen Verhaltensweisen nichts ändert. Dabei wird unterstellt, dass sich der technologische Fortschritt nicht beschleunigt, sondern im bisherigen Tempo fortsetzt.

Aufgrund der starken Zuwanderungsgewinne der letzten Jahre wird die Bevölkerungszahl in Deutschland entgegen früheren Projektionen von heute 82,2 Millionen auf etwa 84 Millionen im Jahr 2035 steigen. Zugleich wird von einem Anstieg des Anteils der nicht deutschen Bevölkerung von heute rund 12 auf 16,5 Prozent ausgegangen.

Auch die Zahl der Erwerbstätigen wird der Basisprojektion zufolge bis etwa 2025 um über 800.000 Personen auf rund 45,8 Millionen ansteigen. Hauptsächlich aufgrund des dann sinkenden Arbeitsangebots – die sogenannte Baby-Boomer-Generation scheidet aus dem Erwerbsleben aus – wird die Zahl danach bis zum Jahr 2035 wieder auf etwa 44,4 Millionen sinken.

Insgesamt wird bis zum Jahr 2035 die Zahl der Erwerbstätigen im Produzierenden Gewerbe in der Basisprojektion weiter zurückgehen. Gleichzeitig wird sich die Verschiebung von den produzierenden hin zu den Dienstleistungsberufen fortsetzen. Auch die Qualifikationsstruktur der Beschäftigten ändert sich. So wird es einen deutlichen Anstieg bei Fachkräften mit Aufstiegsfortbildungen und Bachelor- oder Fachhochschulabschlüssen geben.

Die zunehmende Zahl älterer Menschen führt gemäß der Projektion dazu, dass im Gesundheits- und Sozialwesen im Jahr 2035 mit einem Anteil von 15,4 Prozent die meisten Erwerbstätigen beschäftigt sein werden, dicht gefolgt vom Verarbeitenden Gewerbe mit 15,2 Prozent. Dennoch wird es – absolut gesehen – in den medizinischen und pflegerischen Berufen aufgrund der anhaltend hohen Nachfrage die stärksten Fachkräfteengpässe geben. Gleichzeitig wird aufgrund der ebenfalls wieder zunehmenden Zahl jüngerer Menschen die Nachfrage nach Erziehungs- und Unterrichtsleistungen steigen.

Auch wenn aufgrund der jüngsten Entwicklungen ein flächendeckender Mangel an Arbeitskräften nicht ersichtlich ist, wird es sehr wohl zu berufsspezifischen Fachkräfteengpässen kommen. Dies wird neben den Gesundheitsberufen vor allem in einigen Berufen des Handwerks oder bei den landwirtschaftlichen Berufen der Fall sein.

In Berufsgruppen mit breiten Zugangsmöglichkeiten für Personen mit berufsfremden oder fehlenden berufsfachlichen Qualifikationen wird es hingegen zu einer hohen Konkurrenz bei der Stellensuche kommen. Dies betrifft zum Beispiel Berufe im Einzelhandel, in der Gastronomie und Reinigung oder in der Lagerwirtschaft. Der fortschreitende Strukturwandel wird aber auch die Arbeitsnachfrage beispielsweise im Rechnungswesen und Controlling verringern.

Bedingt durch die demografische Entwicklung, das künftige Erwerbsverhalten sowie das unterstellte Wanderungs- und Pendlerverhalten zeigt sich auf der Ebene von Bundesländern, dass die Zahl der Erwerbspersonen in Süddeutschland und in den Stadtstaaten zunehmen wird. Vor allem in den östlichen Flächenländern und im Saarland wird sie hingegen zurückgehen.

Dabei wird deutlich, dass die Entwicklung der Erwerbstätigenzahl sehr stark vom verfügbaren Arbeitsangebot abhängt. So dämpft insbesondere im Osten der Rückgang des Arbeitsangebotes auch die Entwicklung der Erwerbstätigenzahl. In Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Berlin oder Hamburg nimmt die Nachfrage nach Erwerbstätigen bis zum Jahr 2035 hingegen zu.

Die Verknappung des Arbeitskräfteangebots führt in vielen Bundesländern zu einem Rückgang der Erwerbslosenquote. Anders in Bayern, Berlin und Hamburg: Dort ist trotz steigendem Arbeitskräftebedarf mit einer zunehmenden Erwerbslosenquote zu rechnen, denn in diesen drei Bundesländern kann das Wachstum des Arbeitskräftebedarfs nicht mit dem Wachstum des Arbeitskräfteangebots Schritt halten. In Hessen und in Baden-Württemberg geht der steigende Arbeitskräftebedarf dagegen mit einer sinkenden Erwerbslosenquote einher. In Bremen und Schleswig-Holstein wiederum steigt die Erwerbslosenquote, weil dort der Arbeitskräftebedarf stärker sinkt als das Arbeitsangebot.

Das Szenario „Digitalisierte Arbeitswelt“

Im Szenario „Digitalisierte Arbeitswelt“ wird gegenüber dem Basisszenario davon ausgegangen, dass sich das Tempo der Digitalisierung beschleunigt. Die diesem Szenario zugrundeliegenden Annahmen ergeben sich aus dem typischen volkswirtschaftlichen Investitionszyklus: Zunächst werden von privatwirtschaftlicher wie staatlicher Seite die Ausrüstungs- und Bauinvestitionen im Zuge der beschleunigten Digitalisierung erhöht. Zudem werden zusätzliche Investitionen in Weiterbildung und zusätzliche Beratungsleistungen notwendig. Diese Investitionen werden in der Erwartung steigender Umsätze und Erträge getätigt. Diese wiederum werden zum einen dadurch erreicht, dass Rohstoffe und Logistik effizienter eingesetzt werden und die Arbeitsproduktivität steigt. Letzteres trifft jedoch nicht auf alle Berufe gleichermaßen zu. Es sind vor allem Routinetätigkeiten, die dann in geringerem Umfang benötigt werden, während die Nachfrage nach kreativen und problemlösenden Tätigkeiten steigt. Zum anderen werden in diesem Szenario Wettbewerbsvorteile erwartet, die zu mehr Exporten und einem höheren Inlandskonsum führen. Dieses Szenario geht zudem davon aus, dass Onlinehandel und E-Government in der Öffentlichen Verwaltung an Bedeutung gewinnen. Eine detaillierte Erläuterung beider Szenarien findet sich unter anderem im IAB-Forschungsbericht 5/2019.

Annahmen des Szenarios „Digitalisierte Arbeitswelt“ im Vergleich zum QuBe-Basisszenario

Ausrüstungsinvestitionen

1. Zusätzliche Investitionen in Forschung und Entwicklung, Software und Datenbanken sowie neue Ausrüstungen
2. Umrüstung des Kapitalstocks im Bereich Sensorik
3. Umrüstung des Kapitalstocks im Bereich IT-Dienstleistungen

Bauinvestitionen

4. Zusätzliche Investition für „schnelles Internet“
5. Verteilung dieser Investitionen auf Tiefbauarbeiten und elektronischen Ausrüstungen
6. Ausgeglichener Finanzierungssaldo des Staates

Kosten- und Gewinnstrukturen

7. Zusätzliche Ausgaben für Weiterbildung
8. Zusätzliche Ausgaben für Beratungsleistungen
9. Branchen mit niedrigem Digitalisierungsgrad investieren überproportional
10. Verminderter Bedarf an Rohstoffen
11. Rückgang der Kosten für Logistik
12. Steigende Arbeitsproduktivität, Veränderung der Berufsfeld- und Anforderungsstrukturen
13.Stärkere Substituierung menschlicher Tätigkeiten durch digitale Technologien
14. Anpassung der Arbeitsproduktivität an neue Lohnstruktur

Nachfragesteigerung

15. Höhere Staatsausgaben für Daten- und IT-Sicherheit
16. Zusätzliche Nachfrage privater Haushalte
17. Exportsteigerung

Verändertes Konsumverhalten

18. Verstärkte Nutzung des Online-Handels durch private Haushalte

E-Government

19. Höhere Staatsinvestitionen in digitale Technologien; dadurch geringere Kosten für Einsparungen bei Haushalten und Unternehmen

Quelle: QuBe-Projekt, 5. Welle, BMAS-Prognose

Insgesamt würde Deutschland im Szenario „Digitalisierte Arbeitswelt“ im Jahr 2035 rund 300.000 beziehungsweise 0,7 Prozent weniger Erwerbstätige benötigen als in der QuBe-Basisprojektion. Zwar geht auch in der Basisprojektion der Bedarf an Arbeitskräften im Vergleich zu 2018 zurück. Dieser Rückgang ist jedoch vor allem der Tatsache geschuldet, dass die Zahl an Erwerbspersonen durch die Demografie bedingt zurückgeht.

Im Szenario „Digitalisierte Arbeitswelt“ werden insbesondere im Verarbeitenden Gewerbe (mit Ausnahme des Maschinenbaus) vergleichsweise mehr Arbeitsplätze abgebaut. Aber auch in einzelnen Dienstleistungsbranchen wie der Öffentlichen Verwaltung, den unternehmensnahen Dienstleistungen und dem Gesundheitswesen ist aufgrund von Produktivitätssteigerungen mit einem geringeren Bedarf an Erwerbstätigen zu rechnen. Schließlich dürfte der Groß- und Einzelhandel in diesem Szenario aufgrund des zunehmenden Online-Handels ebenfalls weniger Personal benötigen als in der Basisvariante.

Die von einem verstärkten Digitalisierungsschub beschäftigungsmäßig am stärksten profitierenden Branchen sind

  • Information und Kommunikation
  • Architektur- und Ingenieurbüros; technische, physikalische und chemische Untersuchung
  • übrige freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleister
  • sonstige überwiegend persönliche Dienstleister
  • private Haushalte mit Hauspersonal.

Während die positiven Beschäftigungseffekte bei den drei erstgenannten Branchen auf die direkte zusätzliche Nachfrage der Industrie zurückzuführen sind, gehen die Zuwächse der beiden letztgenannten Branchen auf eine zunehmende Nachfrage privater Haushalte nach Dienstleistungen zurück. Denn einerseits steigert die Digitalisierung bei privaten Haushalten die Nachfrage nach Dienstleistungen zulasten der Nachfrage nach Gütern. Andererseits gehen mit der Digitalisierung höhere Anforderungen an die Beschäftigten einher, die in der Regel zu höheren Löhnen und somit auch zu höheren Haushaltseinkommen führen.

Auf alle fünf genannten Branchen wirkt aber auch die insgesamt zunehmende Wachstumsdynamik der Wirtschaft. Dies schlägt sich in einer höheren Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen nieder.

Die Arbeitsplatzdynamik verstärkt sich bei einer beschleunigten Digitalisierung

Insgesamt verstärkt die beschleunigte Digitalisierung den Strukturwandel. Dies wird deutlich, wenn man für beide Szenarien die Zahl der Arbeitsplätze vergleicht, die voraussichtlich auf- und abgebaut werden.

Schon in der QuBe-Basisprojektion werden zwischen 2018 und 2035 differenziert nach 63 Branchen und 141 Berufen über drei Millionen Arbeitsplätze abgebaut. Fast ebenso viele entstehen an anderer Stelle neu. Im Vergleichsszenario ist die Zahl der Arbeitsplätze, die wegfallen oder neu entstehen, noch etwas höher (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Summe der ab- und aufgebauten Arbeitsplätze in der QuBe-Basisprojektion und im Szenario „Digitalisierte Arbeitswelt“

Die Beschäftigungseffekte einer beschleunigten Digitalisierung unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland. Grund dafür ist die regional unterschiedliche Branchenstruktur. Dies gilt beispielsweise für das Verarbeitende Gewerbe, wo durch die Digitalisierung relativ mehr Arbeitsplätze wegfallen werden als in anderen Branchen. So spielt das Verarbeitende Gewerbe in Bayern, Baden-Württemberg, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Saarland und Rheinland-Pfalz eine stärkere Rolle als in anderen Bundesländern. Demgegenüber sind etwa Unternehmensdienstleister in Hamburg, Berlin, Hessen und Nordrhein-Westfalen stärker vertreten als andernorts.

Eine beschleunigte Digitalisierung führt in fast allen Bundesländern zu leichten Beschäftigungseinbußen

Im Vergleich der Bundesländer zeigt sich, dass die Zahl der Beschäftigten lediglich in Berlin durch eine Beschleunigung der Digitalisierung – wenngleich nur minimal – wachsen würde (siehe Abbildung 2). Dort sind vergleichsweise mehr Arbeitsplätze in den „Gewinnerbranchen“ verortet, etwa Information und Kommunikation, übrige freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleister oder sonstige, überwiegend persönliche Dienstleister, und vergleichsweise weniger in den „Verliererbranchen“ wie dem Verarbeitenden Gewerbe.

Insbesondere in Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen dürfte eine beschleunigte Digitalisierung hingegen zu überdurchschnittlichen Arbeitsplatzverlusten führen. Allerdings sind die geschätzten Abweichungen vom Basisszenario auch in diesen Fällen moderat.

Abbildung 2: Beschäftigungseffekte einer beschleunigten Digitalisierung nach Bundesländern, 2018 bis 2035

Unabhängig von der Digitalisierung werden in Ostdeutschland viele Arbeitsplätze wegfallen

Unabhängig vom betrachteten Szenario zeigt sich, dass der Abbau von Arbeitsplätzen in den östlichen Bundesländern – mit der wichtigen Ausnahme Berlin – und im Saarland am stärksten ausfallen wird (siehe Abbildung 3). Dies hat vor allem demografische Gründe, denn wenn die Bevölkerung zurückgeht, werden dort weniger Güter und Dienstleistungen nachgefragt. Zugleich wird die Zahl der Arbeitskräfte in diesen Regionen deutlich stärker zurückgehen als im Rest der Republik, sodass dort viele Arbeitsplätze voraussichtlich gar nicht besetzt werden können.

Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg und Hessen können hingegen mehr Arbeitsplätze aufbauen als abbauen. Denn in diesen Bundesländern ist aufgrund einer günstigeren Altersstruktur und stärkerem Zuzug eher von einer wachsenden Bevölkerung auszugehen.

Das Ausmaß der Unterschiede zwischen den Bundesländern ist dabei massiv: Während die Zahl der Arbeitsplätze in Berlin und Hamburg bis 2035 um rund 10 Prozent wachsen dürfte, ist in Ostdeutschland mit einem Rückgang um circa 15 Prozent zu rechnen. Diese Diskrepanz ist weniger das Ergebnis der Digitalisierung, sondern eher eine Folge unterschiedlicher demografischer Entwicklungen. Eine ausführliche Analyse zu den langfristigen Folgen von Demografie und Strukturwandel findet sich im IAB Forschungsbericht 1/2020.

Abbildung 3: Zahl der auf- und abgebauten Arbeitsplätze nach Bundesländern in der QuBe-Basisprojektion und im Szenario „Digitalisierte Arbeitswelt“, 2018 bis 20135

Fazit

Der branchen- und berufsspezifische Arbeitskräftebedarf wird sich künftig weiter verändern. Er wird jedoch nicht nur durch den technologischen Wandel getrieben, sondern auch und womöglich in noch stärkerem Maße durch die Bevölkerungsentwicklung.

Eine beschleunigte Digitalisierung würde auf jeden Fall die Arbeitsplatzdynamik, also den Auf- und Abbau von Arbeitsplätzen, zusätzlich erhöhen. Abgesehen von Berlin würde dies in allen anderen Bundesländern zu einem wenn auch nur leicht geringeren Bedarf an Arbeitskräften führen.

Auf dieser Basis können regionalpolitische Überlegungen angestellt werden: positive Entwicklungen verstärken oder dafür entscheidende Hürden beseitigen, regionale Gegebenheiten optimal nutzen. Bedenkenswert wären beispielsweise Anreizsysteme, die dem sich abzeichnenden Bevölkerungsschwund in den betroffenen Regionen entgegenwirken, indem sie Zuwanderung attraktiver machen oder Familien stärker fördern. Hierdurch würde nicht nur das Angebot an Arbeitskräften, sondern auch die Nachfrage nach lokalen Gütern und Dienstleistungen gestärkt.

Literatur

Maier, Tobias; Zika, Gerd; Kalinowski, Michael; Mönnig, Anke; Wolter, Marc Ingo und Schneemann, Christian (2018): Bevölkerungswachstum bei geringer Erwerbslosigkeit. Ergebnisse der fünften Welle der BIBB-IAB-Qualifikations- und Berufsprojektionen bis zum Jahr 2035. BIBB-Report 7.

Mönnig, Anke; Schneemann, Christian; Weber, Enzo; Zika, Gerd; Helmrich, Robert (2018): Elektromobilität 2035. Effekte auf Wirtschaft und Erwerbstätigkeit durch die Elektrifizierung des Antriebsstrangs von Personenkraftwagen. IAB-Forschungsbericht Nr. 8.

Wolter, Marc Ingo; Mönnig, Anke; Hummel, Markus; Weber, Enzo; Zika, Gerd; Helmrich, Robert; Maier, Tobias; Neuber-Pohl, Caroline (2016): Wirtschaft 4.0 und die Folgen für Arbeitsmarkt und Ökonomie. Szenario-Rechnungen im Rahmen der BIBB-IAB-Qualifikations- und Berufsfeldprojektionen. IAB-Forschungsbericht Nr. 13.

Zika, Gerd; Maier, Tobias; Mönnig, Anke (2017): Auswirkungen der Zuwanderung Geflüchteter auf Wirtschaft und Arbeitsmarkt. Berechnungen mit den BIBB-IAB-Qualifikations- und Berufsfeldprojektionen. Bundesinstitut für Berufsbildung. Wissenschaftliche Diskussionspapiere, Heft 184.

Zika, Gerd; Schneemann, Christian; Grossman, Anett; Kalinowski, Michael; Maier, Tobias; Mönnig, Anke; Parton, Frederik; Winnige, Stefan und Wolter, Marc Ingo (2019): BMAS-Prognose Digitalisierte Arbeitswelt. IAB-Forschungsbericht Nr. 5.

Zika, Gerd; Schneemann, Christian; Hummel, Markus; Maier, Tobias; Kalinowski, Michael; Bernardt, Florian; Mönnig, Anke; Parton, Frederik; Sonnenburg, Anja; Ulrich, Philipp; Wolter, Marc Ingo (2020): Langfristige Folgen von Demografie und Strukturwandel für regionale Arbeitsmärkte. IAB-Forschungsbericht Nr. 1.

 

Zika, Gerd; Schneemann, Christian ; Weber, Enzo; Maier, Tobias; Kalinowski, Michael; Bernardt, Florian ; Wolter, Marc Ingo (2020): Digitaler und demografischer Wandel wirken sich regional sehr unterschiedlich auf den künftigen Arbeitskräftebedarf aus, In: IAB-Forum 4. Juni 2020, https://www.iab-forum.de/digitaler-und-demografischer-wandel-wirken-sich-regional-sehr-unterschiedlich-auf-den-kuenftigen-arbeitskraeftebedarf-aus/, Abrufdatum: 23. November 2024