Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einer von Unsicherheiten geprägten Abwartehaltung. Zwar sind aktuell viele exportorientierte Unternehmen über die jüngste Einigung im Zollstreit zwischen den USA und der Europäischen Union erleichtert. Aber die vereinbarten Zölle sind höher als vor Beginn der Konflikte, bei einigen Warengruppen sogar deutlich höher, und die resultierenden dauerhaften Nachteile sind noch nicht vollständig abschätzbar. Auch warten viele kleine und mittelständische Unternehmen ab, in welchem Maße und wann die von der Bundesregierung angekündigten Investitionspakete auch ihre Auftragsbücher erreichen. Nicht zuletzt halten sich die Konsumenten mit ihren Ausgaben weiter stark zurück. So haben sich im Juli die Geschäftserwartungen der Unternehmen kaum weiter aufgehellt. Die Beschäftigung war zuletzt leicht gesunken, der Arbeitsmarkt blieb noch schwach.

Außenwirtschaftliches Umfeld

Das außenwirtschaftliche Umfeld ist spürbar durch die internationalen Zollkonflikte belastet. Sowohl in der Eurozone als auch in den USA und in China waren im Juli die konjunkturellen Lageeinschätzungen der Unternehmen negativ, wenn auch weniger pessimistisch als zuvor. Die Einigung zwischen den USA und der Europäischen Kommission lässt aktuell aber auch andere Länder auf eine ökonomisch tragbare Vereinbarung hoffen, was den globalen Handel und die Investitionsbereitschaft internationaler Investoren wieder stärken kann. Sorgen bleiben aktuell vor allem hinsichtlich eines steigenden Wettbewerbsdrucks durch veränderte Handelsströme aus China bestehen, denn zwischen China und den USA steht eine Einigung bislang aus.

Außenhandel

Mehr als die Hälfte der Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes sieht sich von der US-amerikanischen Zollpolitik der letzten Monate betroffen, allen voran der exportstarke Maschinenbau sowie die Bereiche „Metalle“ und „Elektrische Ausrüstungen“. Vor allem der Außenhandel mit den USA hat gelitten: Kalender- und saisonbereinigt sind im Mai sowohl die Exporte in die USA als auch die Importe aus den USA um jeweils eine Milliarde Euro zurückgegangen. Dies entspricht einem Rückgang um 7,5 Prozent bei den Exporten und um 11,3 Prozent bei den Importen. Auch insgesamt entwickelte sich der Außenhandel negativ. Die Exporte gingen um 1,3 Prozent zurück, nachdem sie schon im Vormonat gesunken waren. Die Importe verringerten sich um 3,9 Prozent, nachdem sie im April noch angestiegen waren.

Investitionen

Die Produktion im produzierenden Gewerbe war im Mai im Vergleich zum April um 1,2 Prozent gestiegen, bei den Investitionsgütern betrug der Anstieg 4,1 Prozent. Gesunken sind im Mai dagegen die Auftragseingänge, um 1,4 Prozent im verarbeitenden Gewerbe insgesamt, bei den Investitionsgütern um 0,9 Prozent. Auch im Bauhauptgewerbe waren die Auftragseingänge mit -0,5 Prozent rückläufig. Im Juli hatten sich aber sowohl im verarbeitenden Gewerbe als auch im Bauhauptgewerbe die aktuelle Lageeinschätzung und die Erwartungen verbessert. Mehr Unternehmen hoffen auf eine Konjunkturbelebung und auf neue Aufträge auch aus den angekündigten Investitionspaketen.   

Konsum

Die Inflationsrate sank im Juni leicht auf 2,0 Prozent. Wieder wirkten sinkende Energiekosten dämpfend auf die Inflation, aber Nahrungs- und Genussmittel, Getränke und Tabakwaren sind erneut teurer geworden. Das belastet die Verbraucher immer spürbarer: Zum dritten Mal in Folge stieg ihre Sparneigung an, zunehmend verschieben sie größere Anschaffungen. Der Handel schaute im Mai wieder pessimistischer in die Zukunft und auch das Gastgewerbe spürt die Konsumzurückhaltung in deutlichen Umsatzrückgängen. Immerhin blicken die Verbraucher aber erneut optimistischer auf die künftige Einkommensentwicklung, was auch auf die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohnes zurückzuführen sein dürfte.

Arbeitsmarkt

Der Arbeitsmarkt zeigt für Mai einen leichten Rückgang bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Die Arbeitslosigkeit ist im Juli nochmals etwas angestiegen. Der BA-Stellenindex, ein Indikator für die Arbeitskräftenachfrage und die Einstellungsbereitschaft der Unternehmen, war wiederholt rückläufig, auch die Zahl der gemeldeten Stellen ging zurück. Damit bleibt der Arbeitsmarkt aktuell schwach. Lichtblicke zeigt das IAB-Arbeitsmarktbarometer, das nach längerer Zeit im pessimistischen Bereich wieder den Wert neutralen 100 erreicht hat.

 

DOI: 10.48720/IAB.FOO.20250731.01

Warning, Anja; Weber, Enzo (2025): Einschätzung des IAB zur wirtschaftlichen Lage – Juli 2025, In: IAB-Forum 31. Juli 2025, https://iab-forum.de/einschaetzung-des-iab-zur-wirtschaftlichen-lage-juli-2025/, Abrufdatum: 1. August 2025

 

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