Im Winter rutschte die deutsche Wirtschaft in eine moderate Rezession. Das Bruttoinlandsprodukt ist im ersten Quartal 2023 preis-, saison- und kalenderbereinigt um 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal geschrumpft, nach einem Rückgang von 0,5 Prozent im vierten Quartal 2022. Am aktuellen Rand wird die Konjunktur durch die hohe Inflation belastet. Die Vorlaufindikatoren zeigen sich getrübt. Die schwache Wirtschaftsentwicklung wirkt sich auch auf den Arbeitsmarkt aus: Die Beschäftigung stagniert, die Arbeitslosigkeit steigt und das IAB-Arbeitsmarktbarometer gibt erneut nach.

Außenwirtschaftliches Umfeld

Die Weltwirtschaft entwickelt sich angesichts der geldpolitischen Straffung und der Folgen der Energiekrise sehr durchwachsen. Die Vorlaufindikatoren geben weiter nach. So liegen die Indikatoren zur Einschätzung der gesamtwirtschaftlichen Situation in der Eurozone, in China und in den USA im negativen Bereich und folgen tendenziell einem Abwärtstrend. Etwas positiver ist die Entwicklung der Indikatoren zur Einschätzung der zukünftigen Entwicklung. Diese liegen größtenteils im negativem Bereich, sind aber im Juni nicht noch weiter gesunken.

Außenhandel

Dementsprechend ist die Auslandsnachfrage geschwächt, was den deutschen Außenhandel belastet. Die Exporte legten im April nach einem starken Dämpfer im März wieder etwas zu, die Importe sind im April den zweiten Monat in Folge gesunken. Die Exporte in Nicht-EU-Staaten konnten im Mai voraussichtlich um nur 1,0 Prozent zum Vormonat wachsen. Die Exporterwartungen im Verarbeitenden Gewerbe haben sich erneut eingetrübt und liegen dadurch wieder im negativen Bereich.

Investitionen

Die Investitionen werden weiterhin durch schlechtere Finanzierungsbedingungen beeinträchtigt. Im April gab die Produktion von Investitionsgütern nach einem starken Rückgang im März nochmals etwas nach. Die Umsätze stagnieren und der Auftragseingang sank im April abermals. Der Indikator zur aktuellen Geschäftslage folgt einem Seitwärtstrend, allerdings ist der Indikator zur Einschätzung der zukünftigen Lage regelrecht eingebrochen. Und auch im Bauhauptgewerbe geben die Auftragseingänge und Umsätze weiter nach.

Konsum

Der Konsum erholt sich, wenn auch langsam. Die zuletzt erhöhten Tarifabschlüsse stabilisieren das real verfügbare Einkommen der Haushalte und damit den Konsum. So steigen die Umsätze im Dienstleistungsbereich seit Beginn des Jahres und auch der Umsatz im Einzelhandel stieg im April um 0,8 Prozent gegenüber dem Vormonat. Der Geschäftsklimaindex für den Dienstleistungssektor befindet sich im Plus, gibt aber am aktuellen Rand etwas nach. Der Konsumklimaindex befindet sich noch immer im Minus, folgt aber einem Aufwärtstrend. Die Inflation sinkt weiter, liegt im Mai mit 6,1 Prozent aber noch immer auf hohem Niveau. Es ist davon auszugehen, dass sich die Erholung in diesem Bereich hinzieht, da die mittlerweile stark gesunkenen Energiepreise – ebenso wie die Steigerungen aus dem letzten Jahr – erst verzögert auf Inflation und Konjunktur wirken.

Arbeitsmarkt

Der Arbeitsmarkt gibt am aktuellen Rand nach. Die Beschäftigungszuwächse werden immer kleiner, im April stagnierte die Beschäftigung sogar.  Die Arbeitslosigkeit stieg im Juni gegenüber dem Vormonat wieder etwas stärker. Sie nimmt dabei sowohl im SGB-II-Bereich als auch im konjunkturnahen SGB-III-Bereich zu. Das IAB-Arbeitsmarktbarometer verzeichnet im Juni erneut einen Rückgang, liegt aber mit 101,0 Punkten noch im positiven Bereich.

 

DOI: 10.48720/IAB.FOO.20230630.01

Weber, Enzo; Bauer, Anja (2023): Einschätzung des IAB zur wirtschaftlichen Lage – Juni 2023, In: IAB-Forum 30. Juni 2023, https://www.iab-forum.de/einschaetzung-des-iab-zur-wirtschaftlichen-lage-juni-2023/, Abrufdatum: 21. November 2024