31. Mai 2023 | Gesamtwirtschaft
Einschätzung des IAB zur wirtschaftlichen Lage – Mai 2023
Außenwirtschaftliches Umfeld
Die Weltwirtschaft entwickelte sich im ersten Quartal angesichts hoher Inflationsraten, den Verunsicherungen an den Finanzmärkten und einer insgesamt schwachen Konjunktur eher verhalten. Das Bruttoinlandsprodukt der Eurozone ist um 0,1 Prozent gewachsen, das der USA um 0,3 Prozent. Immerhin erholte sich die chinesische Wirtschaft nach der Abkehr von der Null-Covid-Politik merklich. Dort nahm das Bruttoinlandsprodukt um 2,2 Prozent zu.
Am aktuellen Rand befinden sich die Indikatoren zur Einschätzung der aktuellen Situation in der Eurozone und in China weiter im Minus, und auch die Indikatoren der USA sind wieder in den negativen Bereich gerutscht. Die Indikatoren zur Einschätzung der zukünftigen Entwicklung haben sich erneut abgeschwächt und sind, mit Ausnahme von China, pessimistisch.
Außenhandel
Der deutsche Außenhandel zeigte sich zu Jahresbeginn wieder dynamischer. Die Exporte legten im Vergleich zum Vorquartal 0,4 Prozent zu, die Importe nahmen um 0,9 Prozent ab. Die aktuelle Entwicklung deutet aber auf eine Abschwächung hin. Die Exporte in Nicht-EU-Staaten sind im April 2023 erneut deutlich zurückgegangen. Die Exporterwartungen im Verarbeitenden Gewerbe haben sich im Mai eingetrübt und liegen nunmehr bei 1,8 Punkten. Insbesondere die Automobilbranche rechnet mit einem Rückgang im Auslandsgeschäft.
Investitionen
Von den Investitionen gingen im ersten Quartal 2023 positive Impulse aus. Die Bauinvestitionen nahmen mit einem Plus von 3,9 Prozent kräftig zu, auch wenn der Bereich grundsätzlich weiter durch schlechtere Finanzierungsbedingungen und höhere Materialkosten belastet wird. Die Investitionen in Ausrüstung sind ebenfalls deutlich um 3,2 Prozent gestiegen. Die Produktion von Investitionsgütern sank im März 2023 gegenüber dem Vormonat, und auch Umsätze und Auftragseingang gaben nach. Die Vorlaufindikatoren zeigen am aktuellen Rand eine Seitwärtsbewegung.
Konsum
Der Konsum litt im ersten Quartal 2023 weiter unter der Kaufzurückhaltung der Verbraucher infolge der hohen Inflation. Der private Konsum sank merklich um 1,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Dieser Rückgang liegt nicht nur an der Kaufzurückhaltung bei Lebensmitteln, Bekleidung und Einrichtung, sondern auch an einem Sondereffekt in der Automobilbranche. Angesichts des Wegfalls der Prämien für Plug-in-Hybride und der Reduzierung der Prämien für Elektrofahrzeuge zum Jahresbeginn 2023 waren Käufe vorgezogen worden, sodass sich im ersten Quartal ein Rückgang beim Kauf privater PKW zeigt. Der Staatskonsum ging sogar um 4,9 Prozent zurück.
Die Inflation sinkt nur langsam und lag im April mit 7,2 Prozent weiter auf vergleichsweise hohem Niveau. Der Konsumklimaindex erholte sich im Mai merklich, befindet sich aber weiterhin im negativen Bereich.
Beim Konsum sind aktuell die verzögerten Wirkungen der Energiepreisschocks sichtbar. Diese manifestieren sich üblicherweise erst über einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren. Mittlerweile sind die Energiepreise wieder stark gefallen, aber auch hier werden die positiven Konjunktureffekte erst mit Verzögerung auftreten.
Arbeitsmarkt
Die Lage am Arbeitsmarkt ist unverändert. Die Beschäftigung nahm im März moderat zu. Und auch die Arbeitslosigkeit stieg im Mai wieder, wenngleich weniger stark als noch im April. Sie nimmt dabei gleichermaßen im SGB-II-Bereich und im konjunkturnahen SGB-III-Bereich zu. Das IAB-Arbeitsmarktbarometer gibt zum zweiten Mal nach, liegt mit 101,8 Punkten aber weiterhin im positiven Bereich.
DOI: 10.48720/IAB.FOO.20230531.02
Weber, Enzo; Bauer, Anja (2023): Einschätzung des IAB zur wirtschaftlichen Lage – Mai 2023, In: IAB-Forum 31. Mai 2023, https://www.iab-forum.de/einschaetzung-des-iab-zur-wirtschaftlichen-lage-mai-2023/, Abrufdatum: 21. November 2024
Autoren:
- Enzo Weber
- Anja Bauer