Die wirtschaftliche Erholung seit Ende des Lockdowns macht sich in allen Bereichen bemerkbar. Steigende Corona-Infektionszahlen in Deutschland und im Ausland können diese positive Gesamtentwicklung aber gefährden.

Die deutsche Wirtschaft erholt sich im dritten Quartal 2020 deutlich. Allerdings macht diese Erholung den starken Einbruch des Bruttoinlandsprodukts im zweiten Quartal 2020 (-11,3 % gegenüber dem Vorjahr) bei Weitem noch nicht wett. Absehbar ist, dass die Entwicklung nach der starken Gegenbewegung zum zweiten Quartal abflachen wird. Aktuell steigen die Corona-Infektionszahlen nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland wieder an. Dies birgt Risiken sowohl für die Binnennachfrage als auch für den Außenhandel. Der Arbeitsmarkt scheint die Talsohle durchschritten zu haben.

Weltwirtschaft

Die Weltwirtschaft befindet sich ebenfalls auf Erholungskurs. Die Volkswirtschaften der wichtigsten Handelspartner Deutschlands werden voraussichtlich im dritten Quartal auch wieder wachsen. Die Indikatoren zur aktuellen Lage bleiben zwar noch immer weit im negativen Bereich, konnten im September aber wieder etwas stärker zulegen. Allerdings bessern sich die Aussichten bereits seit April wieder. Diese Entwicklung setzt sich auch in den nächsten sechs Monaten fort. Lediglich im Vereinigten Königreich trüben sich die Aussichten auf die konjunkturelle Entwicklung am aktuellen Rand etwas ein. Dies könnte den ausstehenden Verhandlungen über ein Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union (EU) und dem Vereinigten Königreich geschuldet sein.

Außenhandel

Der Außenhandel liegt sowohl bei den Exporten als auch bei den Importen noch immer über 10 Prozent unter Vorkrisenniveau. Sowohl Exporte als auch Importe nehmen am aktuellen Rand zu, wenngleich die Importe eine marginal schwächere Entwicklung zeigen als die Exporte. Der Außenhandel mit den USA und dem Vereinigten Königreich weist im Vorjahresvergleich noch Beeinträchtigungen auf. Die Exporterwartungen stiegen im September nach einem Dämpfer im August kräftig und befinden sich deutlich über Vorkrisenniveau.

Investitionen

Auch die Investitionen dürften im dritten Quartal wieder zugelegt haben. Die Umsätze der Investitionsgüterproduzenten stiegen zuletzt weiter an. Der Auftragseingang hat das Vorkrisenniveau noch nicht erreicht und scheint sich am aktuellen Rand auf einem etwas niedrigeren Niveau zu stabilisieren. Die Bewertung der aktuellen Lage der Investitionsgüterproduzenten ist noch immer negativ, hat sich aber im September verbessert. Der Indikator zu den Erwartungen an die kommenden Monate liegt über Vorkrisenniveau, nimmt aber diesen Monat nicht mehr zu. Im Bauhauptgewerbe verbesserte sich das Geschäftsklima zuletzt nochmals, erreicht aber das Vorkrisenniveau noch immer nicht. Die Entwicklung des Auftragseingangs im Bauhauptgewerbe könnte eine Abkühlung der Baukonjunktur andeuten.

Konsum

Die Erholung zeichnet sich auch beim Konsum ab. Die Umsätze im Einzelhandel folgen wieder der Vorkrisenentwicklung. Der Staatskonsum wird vermutlich auch im laufenden Quartal stützend wirken. Ob staatliche Maßnahmen wie die Mehrwertsteuersenkung einen langfristigen zusätzlichen Stimulus entfalten, ist noch nicht absehbar. So bleibt zum Beispiel das Konsumklima im negativen Bereich und knickt am aktuellen Rand ein. Und auch der Indikator zur Beurteilung der aktuellen Geschäftslage der Konsumgüterproduzenten gibt wieder etwas nach. Lediglich der Ausblick in die Zukunft ist weiterhin optimistisch.

Arbeitsmarktentwicklung

Der Arbeitsmarkt hat sich in den letzten Wochen gefangen: Die Beschäftigung verzeichnet erneut einen leichten Zuwachs. Die Arbeitslosigkeit nimmt moderat ab und auch die Unterbeschäftigung, die unter anderem Personen in Maßnahmen berücksichtigt, sinkt. Das IAB-Arbeitsmarktbarometer steigt um 1,7 Punkte auf 100,1 Punkte. Damit liegen die Arbeitsmarktaussichten nicht mehr im negativen Bereich. Eine starke Aufwärtsdynamik ist aber noch nicht eingetreten.

Bauer, Anja; Weber, Enzo (2020): Einschätzung des IAB zur wirtschaftlichen Lage – September 2020, In: IAB-Forum 30. September 2020, https://www.iab-forum.de/einschaetzung-des-iab-zur-wirtschaftlichen-lage-september-2020/, Abrufdatum: 18. November 2024