Viele Beschäftigte haben mittlerweile die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten und damit entscheiden zu können, wie, wann und wo sie arbeiten wollen. Eine höhere Arbeitsleistung und Arbeitszufriedenheit sind klare Vorteile des Arbeitens von zu Hause. Allerdings birgt Heimarbeit auch substanzielle Risiken. So können sich dadurch die sozialen Beziehungen und die Bindung zwischen Beschäftigten und Unternehmen verändern – nicht nur zum Guten.

Das Bild von der schönen neuen Arbeitswelt wird nicht zuletzt geprägt durch junge, lässig gekleidete Menschen, die in ihrem Homeoffice sitzen und dort entspannt ihrer Arbeit nachgehen. Homeoffice gilt als „cool“. Denn idealerweise profitieren Arbeitgeber und Beschäftigte gleichermaßen: Die Beschäftigten können arbeiten wie, wann und wo sie wollen; die Arbeitgeber wiederum profitieren von motivierten, engagierten und damit auch produktiveren Mitarbeitern.

Am 1. Januar 2016 trat in den Niederlanden ein Gesetz in Kraft, demzufolge der Arbeitgeber unter anderem verpflichtet ist, den Wunsch eines Beschäftigten nach Änderung des Arbeitsplatzes (z.B. Home-Office) ernsthaft zu prüfen und mit dem Beschäftigten zu beraten (ein Rechtsanspruch auf Homeoffice besteht freilich nicht). In Deutschland gibt es noch keine entsprechenden gesetzlichen Regelungen. In vielen Unternehmen bestehen aber einschlägige Betriebsvereinbarungen.

Rund zwölf Prozent der abhängig Beschäftigten nutzen Homeoffice

Einer aktuellen Betriebsbefragung zufolge, die das IAB im Rahmen des Linked Personnel Panel (LPP) bei privaten Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten durchgeführt hat, geben etwa 30 Prozent der befragten Betriebe ihren Beschäftigten die Möglichkeit, zumindest gelegentlich von zu Hause aus arbeiten können. Dies betrifft gut 30 Prozent aller Angestellten und zwei Prozent aller Arbeiterinnen und Arbeiter – was in etwa einem Fünftel der abhängig Beschäftigten in Mittel- und Großbetrieben entspricht. Andere Studien, die auch kleinere Betriebe einschließen, kommen auf eine Größenordnung von zwölf Prozent. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland nach den Ergebnissen des Mikrozensus, des deutschen Teils der Arbeitskräftestichprobe der Europäischen Union, im hinteren Mittelfeld, wobei die Vergleichbarkeit durch unterschiedliche sektorale Wirtschaftsstrukturen eingeschränkt ist.

Es ist davon auszugehen, dass nicht wenige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu Hause arbeiten könnten und auch möchten, ohne dass diesem Wunsch entsprochen wird. Daten des Sozio-oekonomischen Panels beziffern diesen Anteil auf 20 Prozent der befragten Beschäftigten. Zehn Prozent wiederum würden allerdings auch bei vorhandenem Angebot keine Heimarbeit nutzen. Demnach besteht das Problem aus der Sicht der Beschäftigten vor allem darin, dass die Arbeitgeber ihnen die Möglichkeit des Homeoffice zu selten anbieten.

Aus Sicht der Unternehmen sind unter Umständen erhebliche Investitionen in die IT-Ausstattung und Aufwendungen für die Weiterbildung der Mitarbeiter erforderlich, um mobiles Arbeiten zu ermöglichen. Empirische Untersuchungen zeigen aber auch, dass Produktivität, Arbeitsleistung, Arbeitsqualität und Arbeitszufriedenheit der Beschäftigten steigen.

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer selbst schätzen am Homeoffice vor allem geringere Fahrzeiten sowie die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben – insbesondere vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Arbeitswege von Beschäftigten in Deutschland im Schnitt immer länger werden. Deshalb schätzen viele die Möglichkeit, flexibel zu arbeiten und dadurch auch Kinderbetreuung oder Pflegeaufgaben zu Hause besser wahrnehmen zu können.

Für die Unternehmen bietet Homeoffice die Chance, die Arbeitskraft ihrer Beschäftigten über einen längeren Zeitraum hinweg nutzen zu können: Zum einen ermöglicht es vielfach eine frühere Rückkehr nach einer familienbedingten Auszeit. Zum anderen bietet es für viele ältere Beschäftigte einen Anreiz, später in den Ruhestand einzutreten.

Heimarbeit birgt die Gefahr einer stärkeren Vermischung von Arbeit und Privatleben

Die Befragten gaben zudem an, dass sich manche Tätigkeiten von zu Hause aus besser, da störungsfreier, erledigen ließen. Umgekehrt können der Familienstatus und die räumliche Situation dazu führen, dass ein konzentriertes Arbeiten zu Hause nicht immer möglich ist. Zugleich berichteten die Beschäftigten auch über – im Schnitt – längere Wochenarbeitszeiten, die sie im Rahmen von Homeoffice leisten. Dies entspricht oftmals ihren Wünschen, weil damit ein höheres Einkommen verbunden ist, wie eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov zeigt. Höhere potenzielle Verdienstchancen wiederum könnten die Attraktivität eines Arbeitgebers für potenzielle Fachkräfte verbessern.

Allerdings kommen Analysen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung zu dem Ergebnis, dass gerade die Arbeit an Wochenenden und Tagesrandzeiten zugenommen hat. Dies birgt die Gefahr einer stärkeren Vermischung von Arbeit und Privatleben. „Always on“, also die ständige Erreichbarkeit, wird besonders dann zum Problem, wenn Beschäftigte kaum noch abschalten können, Erholung also kaum noch möglich ist. Obwohl hier natürlich eine Eigenverantwortung der Beschäftigten besteht, sind Regelungen erforderlich, um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – auch vor sich selbst – zu schützen.

Oftmals wird von Beschäftigten, die von zu Hause aus arbeiten, außerdem ein schlechterer Kontakt zu Kollegen und Vorgesetzen beklagt. Dies ist auch deshalb problematisch, weil die Beschäftigten diese Beziehungen als für ihre Arbeit wichtig und motivierend betrachten. Hinzu kommt die zunehmende Bedeutung des informellen Lernens, denn die kollegiale Unterstützung im Arbeitsvollzug ist für die Weiterentwicklung der beruflichen Kompetenzen von entscheidender Wichtigkeit.

Weiterhin lassen sich Konflikte schlechter lösen, wenn nicht ein Mindestmaß an gleichzeitiger Anwesenheit im Betrieb gegeben ist. Auch ausgereifte Regelungen zum Homeoffice können regelmäßige Treffen vor Ort nicht ersetzen. Dafür wiederum bedarf es aber eines erhöhten Koordinationsaufwands.

Sehr viel Verantwortung liegt an dieser Stelle bei den Führungskräften, die darauf achten müssen, dass ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht zu lange arbeiten und genügend Pausen einlegen. Zudem beklagen Beschäftigte, die Heimarbeit nutzen, die schlechtere Wahrnehmung ihrer Arbeitsleistung durch Vorgesetzte.

Homeoffice als Rückzugsmöglichkeit für unzufriedene Beschäftigte?

Erwartungen an das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung, die von den Beschäftigten an ihre Arbeitgeber gerichtet werden, haben eine besondere Bedeutung für das Verhalten bei der Nutzung von Homeoffice. So kann schon dessen Einführung als ein Signal gewertet werden, das der Arbeitgeber besondere Rücksicht auf Bedürfnisse und Lebenssituationen von betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nimmt.

Daran sind allerdings Voraussetzungen geknüpft. Hierbei ist entscheidend, wie die Beziehungsqualität zwischen Arbeitnehmer und Unternehmen vor der Einführung von Homeoffice aussah. So berichten die Forscherinnen Susanne Tietze und Sara Nadin in einer 2011 erschienenen Studie von einem Rückzugsverhalten im Homeoffice, weil sich die betroffene Mitarbeitergruppe schon vor dessen Einführung weder bezüglich ihrer Bezahlung noch der wahrgenommenen Wertschätzung ausreichend gewürdigt sah.

Eine weitere wesentliche Komponente stellt die Beziehung zwischen Beschäftigten und Vorgesetzten dar. Dies betrifft wesentlich die Kontrolle sowie das Feedback durch Vorgesetzte. Hier zeigt sich, dass die Erfüllung des psychologischen Vertrages – gemeint sind hiermit mehr oder weniger implizite Erwartungen, die über den schriftlichen Vertrag hinausgehen – von einer Übereinstimmung zwischen Führungsverhalten und Verhaltenserwartungen von Mitarbeitern an ihre Vorgesetzen abhängt. Dies zeigt auch eine 2013 erschienene Studie von Allison Collins und Koautoren. Deshalb ist die Klärung dieser Erwartungen bei der Gestaltung von Führungsbeziehungen für die Arbeitszufriedenheit im Homeoffice entscheidend.

Als dritter Aspekt ist die Bewertung von Fairness und Gerechtigkeit der Arbeits- und Leistungsbedingungen im Homeoffice durch die Beschäftigten zu nennen. So ist davon auszugehen, dass die Beschäftigten eine ganzheitliche Bewertung vornehmen, die vor allem die Leistungsanforderungen, die Leistungsbedingungen sowie den Gewinn an Selbstständigkeit bilanziert und hinsichtlich ihrer Fairness beurteilt. Es reicht demnach nicht aus, eine „Vertrauenskultur“ im Kontext von Homeoffice nur zu fordern. Vielmehr muss diese auf einer kontrollierbaren, transparenten und als gerecht wahrgenommenen Balance von Leistung und Gegenleistung aufbauen, wenn Homeoffice positiv zur Arbeitszufriedenheit beitragen soll.

Betriebe mit Betriebsrat bieten häufiger Homeoffice an

Dies verweist auf die Grundlagen der Aushandlung dieser Balance. Neben der bereits behandelten Ebene der Beziehung zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter ist hier auch die kollektive Vertretung von Arbeitnehmerinteressen von Belang. So ist der Anteil der Beschäftigten, die Homeoffice nutzen, in Betrieben mit Betriebsrat höher. Dies liegt aber auch daran, dass größere Betriebe häufiger einen Betriebsrat haben als kleinere und mittlere. Betrachtet man daher nur die Betriebe mit 50 bis 199 Beschäftigten, so liegt dort der Anteil der Beschäftigten, die Homeoffice nutzen, in Betrieben mit Betriebsrat bei 14,9 Prozent, in Betrieben ohne Betriebsrat bei 11,6 Prozent (nur bezogen auf die Betriebe, in denen Homeoffice überhaupt praktiziert wird). Auch wenn Längsschnittuntersuchungen noch ausstehen, ist dies ein klares Indiz dafür, dass die betriebliche Mitbestimmung einen relevanten institutionellen Einfluss auf die Einführung beziehungsweise Umsetzung von Homeoffice hat.

Fazit

Homeoffice ist in der Arbeitswelt noch keineswegs flächendeckend umgesetzt. Am stärksten ist es bei höher und hoch qualifizierten Beamten und Angestellten mit und ohne Führungsaufgaben verbreitet. Die größte Lücke zwischen möglicher und tatsächlicher Arbeit von zu Hause klafft bei den qualifizierten Angestellten. In dieser Gruppe arbeiteten gerade acht Prozent im Homeoffice, während 58 Prozent trotz ihres Wunsches und der aus ihrer Sicht vorhandenen Möglichkeit hierauf verzichten müssen.

Dies deutet auf einen interessanten Zusammenhang hin, den es eingehender zu erforschen lohnt: Diejenigen, die über das Homeoffice für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entscheiden können, arbeiten oft selbst zu Hause zusätzlich zu ihrer als „eigentlichen“ Arbeit empfundenen Präsenzzeit. Diejenigen wiederum, die bereits von zu Hause aus arbeiten, verzeichnen mit knapp 50 Prozent den höchsten Anteil an Überstunden, der nur teilweise oder gar nicht ausgeglichen wird.

Damit wäre Heimarbeit in vielen Fällen gar keine Abkehr von der Präsenz im Betrieb, sondern lediglich eine Verlängerung der Arbeitszeit. Die Frage, ob Homeoffice eher Fluch oder Segen ist, lässt sich demnach keineswegs pauschal beantworten, sondern ist stark vom Kontext abhängig.

 

Richtigstellung

In der ursprünglichen Fassung dieses Beitrags fand sich die Formulierung: „Seit Juli 2015 ist in den Niederlanden ein Gesetz in Kraft, das den Beschäftigten unter bestimmten Bedingungen das Recht gibt, im Homeoffice zu arbeiten.“ Richtig ist: Am 1. Januar 2016 trat in den Niederlanden ein Gesetz in Kraft, demzufolge der Arbeitgeber unter anderem verpflichtet ist, den Wunsch eines Beschäftigten nach Änderung des Arbeitsplatzes (z.B. Home-Office) ernsthaft zu prüfen und mit dem Beschäftigten zu beraten. Ein Rechtsanspruch auf Homeoffice besteht nicht. Wir danken Herrn Arnold Bug vom Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages für diesen Hinweis. 

 

Literatur

Arnold, Daniel; Steffes, Susanne; Wolter, Stefanie (2015): Mobiles und entgrenztes Arbeiten: Aktuelle Ergebnisse einer Betriebs- und Beschäftigtenbefragung, Monitor hrsg. vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Berlin.

Brenke, Karl (2016): Home office: Möglichkeiten werden bei weitem noch nicht ausgeschöpft. DIW-Wochenbericht 5, Berlin.

Collins Allison M.; Cartwright, Susan.; Hislop Donald (2013) Homeworking: negotiating the psychological contract. Human Resource Management Journal 23(2), S. 211-225.

Maschke, Manuela (2016): Flexible Arbeitszeitgestaltung. Friedrich-Ebert-Stiftung, WISO Diskurs, Bonn.

Prümper, Jochen; Becker, Matthias; Hornung Stefanie (2016): Mobiles Arbeiten – Chance oder Risiko? Personalwirtschaft 8, S. 26-28.

Tietze, Susanne; Nadin Sara (2011): The psychological contract and the transition from office-based to home-based work. Human Resource Management Journal 31(3), S. 318-333.

 

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