12. November 2025 | Beruf, Berufswahl und berufliche Arbeitsmärkte
Was kommt nach der Schule? Ein Drittel der Jugendlichen erwägt mehrere Bildungswege
Silke Anger , Hans Dietrich , Bernd Fitzenberger , Anna Heusler , Duncan Roth , Brigitte Schels , Leonie Wicht
Ausbildungsbetriebe berichteten zuletzt immer häufiger von einem Mangel an (passenden) Bewerbungen und gleichzeitig finden viele junge Menschen keinen Ausbildungsplatz, obwohl sie dies gerne eine Ausbildung beginnen möchten. Jugendliche sollten sich daher möglichst früh und umfassend über ihre weiteren Berufs- und Bildungsmöglichkeiten informieren.
Der Entscheidung über den weiteren Werdegang nach dem Schulende geht in der Regel ein längerfristiger Prozess der Berufsorientierung voraus. Um mehr über die beruflichen Pläne Jugendlicher zu erfahren, befragt das IAB seit dem Frühjahr 2024 wiederholt Jugendliche, die 2024 eine Abschlussklasse an einer allgemeinbildenden Schule besucht haben und die die Berufsberatung der Bundesagentur für Arbeit (BA) in Anspruch genommen haben. Die Befragung erfolgt im Rahmen der Online-Panel-Studie „BeYou – Berufswahl und Du“.
„BeYou“ erfasst die prospektiven Wünsche der Jugendlichen, bevor die Schule endet, und erhebt, wie sie ihre beruflichen Möglichkeiten wahrnehmen. Andere Studien betrachten hingegen den Werdegang von Schulabgänger*innen im Rückblick, so auch die BA-BIBB-IAB-Bewerberstudie. Für diese wurden Personen befragt, die die BA als Bewerber*innen für einen Ausbildungsplatz erfasst hat und bei denen sich die Berufsberatung aktiv um die Vermittlung in eine Ausbildungsstelle bemüht.
Anders bei „BeYou“: Diese Studie berücksichtigt sowohl Schulabgänger*innen, die von der Berufsberatung aktiv in eine Ausbildungsstelle vermittelt werden, als auch diejenigen, für die aus unterschiedlichen Gründen kein – oder noch kein – Vermittlungsauftrag in eine betriebliche Ausbildung vorliegt. Diese Schulabgänger*innen verfolgen entweder primär andere Bildungswege, zum Beispiel ein Studium oder eine weiterführende schulische Ausbildung, oder sie sind sich noch unsicher bezüglich ihres Berufswunschs.
Darüber hinaus sind manche Jugendliche prinzipiell an einer betrieblichen Ausbildung interessiert, verfügen aber noch nicht über die nötigen Qualifikationen, die von der Berufsberatung der BA für die Aufnahme einer betrieblichen Ausbildung als erforderlich erachtet werden. Diese Gruppe ist somit deutlich heterogener als diejenige im Bewerberpool der BA (siehe Infokasten „Daten und Methoden“).
Die hier präsentierten Auswertungen basieren auf den Antworten von mehr als 6.300 Personen, die an einer Erstbefragung teilgenommen haben. Je nach Zeitpunkt des Erstkontakts mit der Berufsberatung wurden die Schüler*innen ab März 2024 oder ab Juni 2024 erstmalig befragt.

Fragt man Jugendliche nach ihren Plänen für die Zeit nach der allgemeinbildenden Schule, so zeigen sich die meisten von ihnen relativ sicher: Zwei Drittel der Befragten gaben an, „sicher“ oder „ganz sicher“ (Werte 4 oder 5 auf einer Skala von 1 bis 5) zu sein, was sie danach machen möchten. Nur etwas mehr als 10 Prozent sind sich „nicht“ oder „überhaupt nicht sicher“.
Rund ein Drittel aller Befragten erwägt dabei, mehr als nur einen der angegebenen Bildungswege zu verfolgen. Allerdings hängt dies maßgeblich vom Schulabschluss ab, denn Jugendlichen mit Hochschulreife stehen zunächst mehr Bildungswege offen. Daher wird in der Befragung zwischen Schüler*innen der Sekundarstufe I (zum Beispiel Haupt- oder Realschule) und Sekundarstufe II (zum Beispiel Fachoberschule oder Gymnasium) unterschieden.
Knapp die Hälfte der zukünftigen Abiturient*innen zieht mehrere Bildungswege in Betracht
Angehende (Fach-)Abiturient*innen ziehen deutlich häufiger mehrere Möglichkeiten in Betracht (rund 47 %) als Schüler*innen der Sekundarstufe I (siehe Abbildung 2). Für letztere bestehen zum Teil Unterschiede nach dem Bewerberstatus: Bei denjenigen, die sich im Bewerberpool der BA befinden, sind es 30 Prozent, bei den anderen 24 Prozent.

Sekundarstufe I: Auch viele außerhalb des Bewerberpools der BA ziehen eine Berufsausbildung in Betracht
Während sich unter den Schüler*innen der Sekundarstufe I 72 Prozent der Jugendlichen aus dem Bewerberpool für eine betriebliche Berufsausbildung interessieren, liegt dieser Anteil unter den anderen bei immerhin 35 Prozent. Es zeigt sich somit, dass der Bewerberpool der BA nicht alle Ausbildungsinteressierten umfasst.
Die Mehrheit derjenigen, die nicht im Bewerberpool sind (55 %), erwägt allerdings den Besuch einer weiterführenden allgemeinbildenden Schule. Die Gründe für letzteres können vielfältig sein: So dürfte ein Teil ein Studium anstreben, das einen höheren Schulabschluss voraussetzt. Ein anderer Teil könnte allerdings auch aus beruflicher Unsicherheit länger im Schulsystem verbleiben wollen.
Der Anteil derer, die eine schulische Berufsausbildung erwägen, die häufig für Gesundheitsberufe und Berufe im erzieherischen Bereich qualifizieren, ist in beiden Gruppen ähnlich hoch (circa 30 %).
Sekundarstufe II: Auch bei denjenigen im Bewerberpool der BA erwägen viele ein (duales) Studium
Unter den Abiturient*innen im Bewerberpool strebt ebenfalls eine Mehrheit eine betriebliche Ausbildung an. Mit 56 Prozent ist dieser Anteil allerdings geringer als unter den entsprechenden Schüler*innen der Sekundarstufe I. Unter den Abiturient*innen außerhalb des Bewerberpools dominiert dagegen das Interesse an einem Studium mit 73 Prozent deutlich.
Der Anteil derjenigen Abiturient*innen, die sich ein duales Studium vorstellen können, ist relativ hoch und unterscheidet sich kaum zwischen denjenigen innerhalb und außerhalb des Bewerberpools. Allerdings interessieren sich in beiden Gruppen deutlich mehr für ein duales Studium mit Berufsausbildungsabschluss als ohne: So ziehen 36 beziehungsweise 40 Prozent ein duales Studium mit Berufsbildungsabschluss in Betracht, während nur 13 beziehungsweise 15 Prozent ein duales Studium ohne Berufsbildungsabschluss erwägen.
Deutliche Unterschiede zwischen den Schularten zeigen sich im Interesse an einer schulischen Berufsausbildung: Innerhalb des Bewerberpools möchten 23 Prozent der Abiturient*innen, aber 30 Prozent der Nichtabiturient*innen diesen Weg einschlagen. Auch außerhalb des Bewerberpools ist das Interesse für eine schulische Berufsausbildung bei den Abiturient*innen mit 11 Prozent geringer als unter Nichtabiturient*innen mit 28 Prozent.
Bemerkenswert ist, dass nicht alle, die eine betriebliche Berufsausbildung in Betracht ziehen, von der Berufsberatung bereits als Ausbildungssuchende bei der BA erfasst sind. Sie gelten als nicht ausbildungsinteressiert oder als nicht ausbildungsgeeignet und werden daher von der Berufsberatung (noch) nicht aktiv in eine Ausbildungsstelle vermittelt. Auch umgekehrt gilt: Nicht alle Befragten mit Bewerberstatus sind tatsächlich (noch) an einer Ausbildung interessiert. Der Bewerberstatus wurde zum Zeitpunkt der Stichprobenziehung bestimmt und kann sich bei späteren Befragungen ändern. So können auch ausbildungsinteressierte Jugendliche zu einem späteren Zeitpunkt in den Bewerberpool wechseln.
Fazit
Viele junge Menschen geben an, dass sie sich bereits vor dem Erwerb des Schulabschlusses relativ sicher über ihren weiteren Bildungsweg sind. Eine Mehrheit strebt entweder eine betriebliche Ausbildung oder ein Studium an, wobei sich hier die Möglichkeiten je nach Schulform und angestrebtem Abschluss unterscheiden. Jugendliche, die den Abschluss der Sekundarstufe I anstreben, ziehen am häufigsten eine betriebliche Ausbildung oder den Besuch einer weiterführenden Schule in Erwägung. Auch für einen relevanten Anteil der Jugendlichen mit Aussicht auf ein (Fach-)Abitur ist eine betriebliche Ausbildung die attraktivste Option nach dem Studium.
Gleichzeitig machen die Befunde deutlich, dass etwa ein Drittel der Schulabgänger*innen verschiedene Bildungsalternativen in Betracht zieht, was sowohl Offenheit als auch Unsicherheit gegenüber der Vielzahl möglicher Bildungs- und Berufswege widerspiegelt.
Zwischen dem von der BA vergebenen Status als Beratene oder als Ausbildungsbewerber*innen im Bewerberpool der BA, der die Hauptzielgruppe für die Vermittlung in eine Ausbildung ist, zeigen sich zwar Unterschiede, aber auch Überlappungen: Personen mit klarer Ausbildungsabsicht und entsprechender Einstufung durch die Berufsberatung als Bewerber*innen haben andere Aspirationen als Beratene außerhalb des Bewerberpools. Letztere sind entweder noch unentschlossen, verfolgen alternative Bildungswege, oder werden als (noch) nicht ausbildungsreif eingeschätzt.
Gleichwohl äußert ein nicht unerheblicher Anteil derjenigen außerhalb des Bewerberpools potenzielles Interesse an einer betrieblichen Ausbildung. Angesichts vieler unbesetzter Ausbildungsplätze und einer hohen Zahl von jungen Erwachsenen ohne abgeschlossene Berufsausbildung sollte die Berufsberatung dieses potenzielle Interesse chancenorientiert in den Blick nehmen. Ob dies schon geschieht und diese Jugendlichen nach der Erstbefragung in den Bewerberpool wechseln, lässt sich mit den bisher vorliegenden Daten noch nicht beurteilen.
Insgesamt zeigen die Befragungsergebnisse, dass eine frühzeitige und differenzierte Berufsorientierung notwendig ist, um Jugendliche wirksam zu unterstützen. Dazu gehört aber auch eine Beratung, die auf die Jugendlichen im letzten Schuljahr zugeschnitten ist. Diese ist wichtig, um Jugendlichen im noch andauernden Orientierungs- aber auch Bewerbungsprozess zu begleiten. In welchem Umfang sich die Pläne der Jugendlichen noch ändern, sich bestehende Unsicherheiten auflösen oder neue entstehen, werden zukünftige Analysen auf Basis von Wiederholungsbefragungen zeigen.
In aller Kürze
- Viele Jugendliche haben eine Vorstellung davon, was sie nach dem Schulabschluss machen möchten: Zwei Drittel geben an, dass sie sich relativ sicher sind, welchen Bildungsweg sie als nächstes einschlagen werden. Ein Drittel hingegen erwägt verschiedene Möglichkeiten.
- Jugendliche, die sich auf einen Abschluss der Sekundarstufe I vorbereiten, ziehen am häufigsten eine betriebliche Ausbildung oder den Besuch einer weiterführenden Schule in Erwägung. Jugendliche mit Aussicht auf eine Hochschulreife bevorzugen mehrheitlich ein Studium, gefolgt von einer betrieblichen Ausbildung.
- Zwischen Jugendlichen im BA-Bewerberpool und denen, die dort nicht erfasst sind, bestehen naturgemäß Unterschiede: Erstere streben meist eine betriebliche Ausbildung an, letztere häufiger ein Studium oder ein weiteres Jahr an der allgemeinbildenden Schule.
- Dennoch ist ein relevanter Teil auch außerhalb des Bewerberpools offen für eine betriebliche Ausbildung und damit eine Zielgruppe für die Berufsberatung und Vermittlung auf einen Ausbildungsplatz.
Daten und Methoden
Die Studie „BeYou – Berufswahl und Du“ basiert auf einer Befragung von etwa 6.300 Jugendlichen der Abschlussklassen 2024, die die Berufsberatung der Bundesagentur für Arbeit (BA) in Anspruch genommen haben. Für die Stichprobenziehung wurden Informationen aus den Registerdaten der BA genutzt. Jugendliche ohne bisherigen Kontakt zur BA sind in den Daten nicht enthalten.
Aus dieser Datenbasis wurden zwei Zufallsstichproben gezogen: Jugendliche mit Bewerberstatus und solche, die zum Zeitpunkt der Stichprobenziehung von den Berufsberater*innen noch nicht als Bewerber*innen für Ausbildungsstellen erfasst wurden. So kann der Berufsorientierungsprozess ganz allgemein für alle Schüler*innen der Abschlussklassen abgebildet werden, unabhängig davon, ob sie an einer Berufsausbildung interessiert sind oder ausreichende Qualifikationen mitbringen und somit als ausbildungsreif erfasst beziehungsweise in den Bewerberpool wurden.
Wichtig für die Einordnung der Ergebnisse nach Bewerberstatus ist, dass sich dieser zwischen dem Zeitpunkt der Stichprobenziehung und der Erstbefragung verändern und die Ergebnisse beeinflussen kann. Die Einladung zur Erstbefragung erfolgte postalisch. Dabei wurden die jungen Erwachsenen zu zwei Zeitpunkten im Verlauf des Abgangsjahrs 2024 (März beziehungsweise Juni) zur Teilnahme an der Erstbefragung eingeladen. Bis zum Frühjahr 2025 erfolgten insgesamt bis zu drei weitere Erhebungen, die so den Entscheidungs- und Realisierungsprozess der Schulabgänger*innen zeitnah mitverfolgten. Dank der Panelstruktur und der Verknüpfung mit administrativen Daten des IAB lassen sich die Bildungs- und Erwerbsverläufe der Befragten in Zukunft längerfristig untersuchen.
Bei der Stichprobenziehung wurden junge Menschen berücksichtigt, die eine Abschlussklasse der allgemeinbildenden Schule besuchen und die Berufsberatung der BA erstmalig für das Beratungsjahr 2023/2024 in Anspruch genommen haben. Daher können die Ergebnisse nicht auf alle Schulabgänger*innen oder alle Teilnehmenden der Berufsberatung übertragen werden.
Die Auswertung erfolgte auf Basis gewichteter Daten, um Aussagen über die beschriebene Zielpopulation zu treffen. Gleichwohl kann eine verbleibende Verzerrung der Ergebnisse nicht ausgeschlossen werden, denn die Teilnahme an der Befragung könnte von der Berufsberatung durch die BA beeinflusst sein, sodass die antwortenden Befragten mit Blick auf ihre Bildungs- und Berufsentscheidungen tendenziell besser informiert sind als Personen, die nicht an der Befragung teilgenommen haben.
Literatur
Schludi, Martin: Neue Online-Panelbefragung des IAB zur beruflichen Zukunft von Jugendlichen: BeYou setzt kurz vor dem Schulabschluss an. Interview mit Silke Anger, Bernd Fitzenberger und Anna Heusler. In: IAB-Forum, 12.11.2025.
Bild: Alex/stock.adobe.com
DOI: 10.48720/IAB.FOO.20251112.01
Anger, Silke; Dietrich, Hans; Fitzenberger, Bernd; Heusler, Anna; Roth, Duncan; Schels, Brigitte ; Wicht, Leonie (2025): Was kommt nach der Schule? Ein Drittel der Jugendlichen erwägt mehrere Bildungswege, In: IAB-Forum 12. November 2025, https://iab-forum.de/was-kommt-nach-der-schule-ein-drittel-der-jugendlichen-erwaegt-mehrere-bildungswege/, Abrufdatum: 12. November 2025
Diese Publikation ist unter folgender Creative-Commons-Lizenz veröffentlicht: Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International (CC BY-SA 4.0): https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de
Autoren:
- Silke Anger
- Hans Dietrich
- Bernd Fitzenberger
- Anna Heusler
- Duncan Roth
- Brigitte Schels
- Leonie Wicht

Prof. Dr. Silke Anger leitet den Forschungsbereich „Bildung, Qualifizierung und Erwerbsverläufe“ am IAB und ist Professorin für Volkswirtschaftslehre, insb. Bildungsökonomik, an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg.
Dr. Hans Dietrich ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsbereich „Bildung, Qualifizierung und Erwerbsverläufe“ am IAB.
Prof. Bernd Fitzenberger, PhD, ist Direktor des IAB und Professor für Quantitative Arbeitsökonomik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
Anna Heusler ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschungsgruppe des Direktors und im Forschungsbereich „Arbeitsförderung und Erwerbstätigkeit“.
Dr. Duncan Roth leitet die Nachwuchsforschungsgruppe „Berufe und Erwerbsverläufe“ am IAB.
Seit 2024 ist Dr. Brigitte Schels Professorin für Empirische Sozialstrukturanalyse an der Paris Lodron Universität Salzburg.
Leonie Wicht ist als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschungsgruppe des Direktors am IAB sowie am Lehrstuhl für Quantitative Arbeitsökonomik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU).