29. März 2018 | Arbeitsmarkt im Strukturwandel
Regionale Arbeitsmarktprognosen (Stand: Frühjahr 2018)
Alle Arbeitsmarktakteure sind im Hinblick auf zukünftige Entwicklungen von Arbeitsmarkt und Wirtschaft bei ihren Entscheidungen auf Prognosen angewiesen – trotz aller Unsicherheit, mit der diese behaftet sind. In Anlehnung an den IAB-Kurzbericht 07/2018, der Arbeitsmarktprognosen für Gesamtdeutschland enthält, prognostiziert das Regionale Forschungsnetz (RFN) des IAB die Zahl der Arbeitslosen und der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten für West- und Ostdeutschland sowie für die einzelnen Bundesländer und Agenturbezirke der Bundesagentur für Arbeit. Seit Herbst 2015 werden zudem Prognosen der Arbeitslosenzahl nach Rechtskreisen sowie der Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten auf Bundeslandebene erstellt.
Im Folgenden werden die Prognosen des RFN für die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und der Arbeitslosen sowohl für Ost- und Westdeutschland als auch für die Bundesländer dargestellt. Prognosen der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten sowie Prognosen auf Ebene der Arbeitsagenturbezirke finden sich in der IAB-Publikation „Regionale Arbeitsmarktprognosen 1/2018“. Methodische Hinweise zur Erstellung der Prognose sind im Infokasten enthalten.
Regionale Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten
Bundesweit wird für das Jahr 2018 ein Anstieg in der jahresdurchschnittlichen Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten gegenüber dem Vorjahr um 755.000 Personen prognostiziert, was einer Wachstumsrate von 2,3 Prozent entspricht (siehe IAB-Kurzbericht 07/2018). Diese fällt mit 2,4 Prozent in Westdeutschland etwas höher aus als in den ostdeutschen Bundesländern (2,2 %).
Mit einer Wachstumsrate von 3,6 Prozent ist die erwartete Beschäftigungsentwicklung in Berlin am höchsten (siehe Abbildung 1). Das bundesweit geringste Wachstum wird für Sachsen-Anhalt und Thüringen (jeweils 1,3 %) prognostiziert. In Westdeutschland erreichen Bayern (2,7 %) sowie Baden-Württemberg und Niedersachsen (jeweils 2,5 %) überdurchschnittliche Wachstumsraten, im Osten der Republik nur Berlin. Insgesamt fällt die prognostizierte Beschäftigungsentwicklung im Vergleich zur Herbstprognose 2017 für das Jahr 2018 etwas höher aus. Diese Anpassung nach oben ist dabei in Westdeutschland etwas stärker ausgeprägt als in den ostdeutschen Bundesländern. Ein Grund für diese optimistischere Prognose ist die starke Entwicklung der Beschäftigung der letzten Monate.
Regionale Entwicklung der Arbeitslosigkeit
Für das Jahr 2018 wird ein weiterer deutlicher Abbau der Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjahr erwartet, wofür unter anderem auch die günstige konjunkturelle Entwicklung verantwortlich ist. Im Jahresdurchschnitt sinkt die prognostizierte Zahl der Arbeitslosen bundesweit um 200.000 (siehe IAB-Kurzbericht 07/2018), was einem Rückgang um 7,9 Prozent entspricht. Die Veränderungsrate fällt dabei in Ostdeutschland mit -9,2 Prozent etwas stärker aus als in Westdeutschland mit -7,4 Prozent. Auch unter Berücksichtigung der mit einer Prognose verbundenen Unsicherheit wird ein Abbau der Arbeitslosigkeit erwartet, was sich darin zeigt, dass sowohl die Unter- als auch die Obergrenze der Prognose im negativen Bereich liegt.
Größere Unterschiede finden sich zwischen den einzelnen Bundesländern (siehe Abbildung 2). Die stärksten Rückgänge werden für Thüringen (-10,1 %) und Sachsen (-10,0 %) erwartet, doch auch in den meisten anderen ostdeutschen Bundesländern sind die Veränderungsraten relativ hoch. Im alten Bundesgebiet ist die Streuung der Prognosen höher als in Ostdeutschland, wobei Baden-Württemberg (-9,1 %), Hessen (-8,4 %), Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein (jeweils -8,3 %) und Niedersachsen (‑8,2 %) die stärksten Rückgänge erreichen, Bremen (-4,2 %), Nordrhein-Westfalen (-6,4 %) und das Saarland (-6,6 %) hingegen die niedrigsten. Insgesamt fallen die prognostizierten Rückgänge der Arbeitslosigkeit im Vergleich zur Herbstprognose 2017 deutlich höher aus, wobei zu beachten ist, dass die neuen Werte innerhalb der Unter- und Obergrenze der letzten Herbstprognosen liegen. Neben der günstigen konjunkturellen Entwicklung (siehe IAB-Kurzbericht 07/2018) dürfte diese Veränderung auch in dem vergleichsweise starken Rückgang in der Zahl der Arbeitslosen zu Beginn des Jahres 2018 gegenüber den Vorjahresmonaten begründet liegen.
Mit einem jahresdurchschnittlichen Rückgang um etwa 124.000 Personen entfällt der Abbau der Arbeitslosigkeit sowohl bundesweit als auch in beiden Landesteilen überwiegend auf den Bereich des SGB II. In Ostdeutschland ist dieser Rückgang mit einer Veränderungsrate von -9,5 Prozent höher als in Westdeutschland mit -6,7 Prozent. Zwischen den Bundesländern sind die Unterschiede jedoch deutlich stärker ausgeprägt (siehe Abbildung 3): Besonders hohe Rückgänge werden für Berlin (-11,1 %), Baden-Württemberg (-10,3 %) und Thüringen (-10,2 %) erwartet, deutlich niedriger ist der Abbau der SGB-II-Arbeitslosigkeit hingegen in Hamburg (-5,0 %), Nordrhein-Westfalen, dem Saarland (jeweils -5,3 %) und Bremen (-5,4 %).
Im Bereich des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) wird bundesweit ein Rückgang der Arbeitslosigkeit um etwa 76.000 Personen prognostiziert. Mit Veränderungsraten von -8,5 Prozent und -9,1 Prozent sind die prognostizierten Entwicklungen in Ost- und Westdeutschland relativ ähnlich. Die stärksten Rückgänge werden dabei in Niedersachsen (-11,6 %), Sachsen (-11,2 %) und Hamburg (-10,0 %) erwartet, wohingegen für Bremen eine Stagnation prognostiziert wird (siehe Abbildung 4).
Der Rückgang der Arbeitslosigkeit in beiden Rechtskreisen fällt dabei höher aus als noch in der Herbstprognose 2017 vorhergesagt. Im Rechtskreis des SGB III ist für sechs und im Bereich des SGB II für zwei Bundesländer unter Berücksichtigung der Unsicherheit der Prognosen auch ein Anstieg der Zahl der Arbeitslosen möglich.
Fazit
Für das Jahr 2018 werden günstige Entwicklungen am Arbeitsmarkt erwartet. Einerseits wird ein fortgesetztes Beschäftigungswachstum prognostiziert, andererseits fällt der erwartete Abbau der Arbeitslosigkeit besonders hoch aus. Ein Vergleich der Prognosen für Ost- und Westdeutschland zeigt, dass die Entwicklung der Beschäftigung im alten Bundesgebiet etwas höher ist, während der Abbau der Arbeitslosigkeit im Osten des Landes proportional stärker voranschreitet. In beiden Landesteilen sind die absoluten Rückgänge zum größeren Teil auf Veränderungen der Arbeitslosigkeit im Bereich des SBG II zurückzuführen.
Größere Unterschiede in den Arbeitsmarktprognosen finden sich auf der Ebene der Bundesländer. In Westdeutschland werden günstige Entwicklungen – ein über dem bundesdeutschen Schnitt liegendes Beschäftigungswachstum, gepaart mit einem überdurchschnittlichen Rückgang in der Höhe der Arbeitslosigkeit – in Baden-Württemberg, Berlin, Niedersachsen und Schleswig-Holstein erwartet. Demgegenüber werden für das Beschäftigungswachstum und den Arbeitslosigkeitsabbau in Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, im Saarland sowie in Sachsen-Anhalt unterdurchschnittliche Entwicklungen prognostiziert.
Methodische Hinweise
Für die regionale Arbeitsmarktprognose finden verschiedene ökonometrische Modelle Anwendung, die sowohl vergangene Werte als auch Komponenten wie das Niveau, den Trend, die Saison und den Konjunkturzyklus berücksichtigen. Bei relativ kleinen regionalen Einheiten ist zudem davon auszugehen, dass die Entwicklung in räumlich nahen Regionen auch stark von den Entwicklungen in anderen Regionen beeinflusst wird. Solche räumlichen Abhängigkeiten werden in weiteren Modellen berücksichtigt. Gegenüber den bisherigen Prognosen ist die Gruppe der Modelle um ein Verfahren erweitert worden, das die Bestandszahlen anhand der Zu- und Abgänge in Form eines sogenannten Stock-Flow Modells berechnet.
Um die Vor- und Nachteile dieser Vielzahl an Modellen auszugleichen, wird für die Prognose anschließend ein Durchschnitt über die verschiedenen Modelle gebildet. Bei diesem sogenannten Pooling fließen aber für jede Gebietseinheit nur solche Modelle in die endgültige Prognose ein, deren Entwicklung eine möglichst geringe Abweichung von der Prognose für Gesamtdeutschland aufweisen. Gleichzeitig gehen die Werte der nationalen Prognosen – in denen wiederum nationale und internationale Einflüsse berücksichtigt werden – als weitere Erklärungsgröße in das Gesamtmodell für jede regionale Einheit ein. Darüber hinaus werden die prognostizierten Arbeitslosen- und Beschäftigtenzahlen mit den Einschätzungen aus den zehn regionalen Einheiten des IAB abgeglichen, wodurch auch das Vor-Ort-Wissen regionaler Experten Beachtung findet.
Prognosen sind per Definition mit Unsicherheit behaftet. Aus diesem Grund werden sowohl Unter- als auch Obergrenzen der Prognosen berechnet. Diese sind so ermittelt, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von circa 66 Prozent der später tatsächlich realisierte Wert innerhalb dieser Grenzen liegt. Für eine ausführliche Erklärung der Methodik siehe den Beitrag von Hans-Uwe Bach et al. im „Handbuch Arbeitsmarkt 2009“.
Literatur
Für die regionale Arbeitsmarktprognose finden verschiedene ökonometrische Modelle Anwendung, die sowohl vergangene Werte als auch Komponenten wie das Niveau, den Trend, die Saison und den Konjunkturzyklus berücksichtigen. Bei relativ kleinen regionalen Einheiten ist zudem davon auszugehen, dass die Entwicklung in räumlich nahen Regionen auch stark von den Entwicklungen in anderen Regionen beeinflusst wird. Solche räumlichen Abhängigkeiten werden in weiteren Modellen berücksichtigt. Gegenüber den bisherigen Prognosen ist die Gruppe der Modelle um ein Verfahren erweitert worden, das die Bestandszahlen anhand der Zu- und Abgänge in Form eines sogenannten Stock-Flow Modells berechnet.
Um die Vor- und Nachteile dieser Vielzahl an Modellen auszugleichen, wird für die Prognose anschließend ein Durchschnitt über die verschiedenen Modelle gebildet. Bei diesem sogenannten Pooling fließen aber für jede Gebietseinheit nur solche Modelle in die endgültige Prognose ein, deren Entwicklung eine möglichst geringe Abweichung von der Prognose für Gesamtdeutschland aufweisen. Gleichzeitig gehen die Werte der nationalen Prognosen – in denen wiederum nationale und internationale Einflüsse berücksichtigt werden – als weitere Erklärungsgröße in das Gesamtmodell für jede regionale Einheit ein. Darüber hinaus werden die prognostizierten Arbeitslosen- und Beschäftigtenzahlen mit den Einschätzungen aus den zehn regionalen Einheiten des IAB abgeglichen, wodurch auch das Vor-Ort-Wissen regionaler Experten Beachtung findet.
Prognosen sind per Definition mit Unsicherheit behaftet. Aus diesem Grund werden sowohl Unter- als auch Obergrenzen der Prognosen berechnet. Diese sind so ermittelt, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von circa 66 Prozent der später tatsächlich realisierte Wert innerhalb dieser Grenzen liegt. Für eine ausführliche Erklärung der Methodik siehe den Beitrag von Hans-Uwe Bach et al. im „Handbuch Arbeitsmarkt 2009“.
Bach, Hans-Uwe; Feil, Michael; Fuchs, Johann; Gartner, Hermann; Klinger, Sabine; Otto, Anne; Rhein, Thomas; Rothe, Thomas; Schanne, Norbert; Schnur, Peter; Spitznagel, Eugen: Sproß, Cornelia; Wapler, Rüdiger; Weyh, Antje; Zika, Gerd (2009): Der deutsche Arbeitsmarkt – Entwicklungen und Perspektiven. In: Möller, Joachim; Walwei, Ulrich (Hrsg.), Handbuch Arbeitsmarkt 2009. IAB-Bibliothek 314. Bielefeld: Bertelsmann, S. 64-78.
Fuchs, Johann; Hummel, Markus; Hutter, Christian; Klinger, Sabine; Wanger, Susanne; Weber, Enzo; Zika, Gerd(2018): Arbeitsvolumen so hoch wie nie. IAB-Kurzbericht 07/2018.
Rossen, Anja; Roth, Duncan; Wapler, Rüdiger; Weyh, Antje (2018): Regionale Arbeitsmarktprognosen 1/2018. Aktuelle Daten und Indikatoren.
Rossen, Anja; Roth, Duncan; Wapler, Rüdiger; Weyh, Antje (2017): Regionale Arbeitsmarktprognosen (Stand: Herbst 2017). In: IAB-Forum.
Rossen, Anja; Roth, Duncan; Wapler, Rüdiger; Weyh, Antje (2018): Regionale Arbeitsmarktprognosen (Stand: Frühjahr 2018), In: IAB-Forum 29. März 2018, https://www.iab-forum.de/regionale-arbeitsmarktprognosen-2018-1/, Abrufdatum: 18. December 2024
Diese Publikation ist unter folgender Creative-Commons-Lizenz veröffentlicht: Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International (CC BY-SA 4.0): https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de
Autoren:
- Anja Rossen
- Duncan Roth
- Rüdiger Wapler
- Antje Weyh