Lange Hitzeperioden und heftige Unwetter, steigende Meeresspiegel an Nord- und Ostsee und Waldbrände – das sind wohl die schon sichtbarsten Folgen des Klimawandels in Deutschland. Die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt sind zwar weniger eindeutig, doch bereits in einigen Branchen spürbar. Bernd Fitzenberger und Florian Hack skizzieren die Folgen insbesondere von Temperaturanstieg und Extremwetterereignissen auf den Arbeitsmarkt in einem aktuellen IAB-Forschungsbericht und sprechen auch über wirtschaftliche Chancen, die sich daraus ergeben. Die Redaktion des IAB-Forums hat bei ihnen nachgefragt.

Herr Fitzenberger, Herr Hack, welche negativen Folgen hat das veränderte Klima ganz direkt auf die deutsche Wirtschaft?

Prof. Bernd Fitzenberger, PhD, ist der Direktor des IAB.

Bernd Fitzenberger: Es ist schon jetzt deutlich erkennbar, dass durch den Klimawandel in Deutschland nennenswerte wirtschaftliche Schäden und Einkommenseinbußen entstehen, die zu Wohlstandverlusten und Personenschäden bis hin zu vermehrten Todesfällen führen. Nach Analysen der International Labor Organization (ILO) übersteigt der wirtschaftliche Verlust durch hitzebedingte Produktivitätsrückgänge dabei alle anderen Schäden, die durch den Klimawandel verursacht werden. Zusätzlich werden durch den Klimawandel Extremwetterereignisse wie Starkregen, Dürren und Waldbrände häufiger. Diese verursachen ebenfalls wirtschaftliche Schäden und erhöhen die Risiken für die Infrastruktur.

Florian Hack ist Doktorand im Graduiertenprogramm des IAB.

Florian Hack: Die Schwere der wirtschaftlichen Verluste variiert allerdings zwischen Regionen, Branchen und Berufen, je nach deren Anfälligkeit gegenüber den Veränderungen. Laut einer Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung könnte durch die direkten Folgen des Klimawandels auf Deutschland bis 2050 ein Rückgang des Bruttoinlandsprodukts pro Kopf um elf Prozent zukommen. Das würde einen erheblichen Wohlstandsverlust bedeuten. Gleichzeitig birgt die Anpassung an den Klimawandel mittelbar auch wirtschaftliche Chancen, die wachstumsförderlich sein werden.

Klimabedingte Katastrophen können langfristige Wanderungsbewegungen auslösen und Einkommensverluste verursachen

Was bedeutet das für den deutschen Arbeitsmarkt?

Bernd Fitzenberger: Bisher sind Arbeitsmarktwirkungen in Deutschland nicht eindeutig erkennbar. Trotz des Temperaturanstiegs zeigen Befragungsdaten für den Zeitraum zwischen 2006 und 2018 noch keinen erkennbaren Anstieg der von den Beschäftigten am Arbeitsplatz wahrgenommenen Belastungen durch widrige Witterungsumstände. Allerdings erfasst die Befragung lediglich allgemeine Witterungsbelastungen wie Kälte, Hitze, Nässe und Zugluft, die nicht ausschließlich durch den Klimawandel bedingt sind. Zudem ist unklar, ob etwa ein Anstieg der Belastung durch extreme Hitze durch einen Rückgang der Belastung durch Kälte ausgeglichen wird.

Andererseits zeigen verschiedene Studien durchaus auf, dass steigende Temperaturen und Hitzewellen Arbeits- und Lebensbedingungen verschlechtern. Das beeinträchtigt auch die Erholungsphasen. Zudem erhöhen sich Krankheits- und Unfallraten, was zu Produktivitätsverlusten führt. Schließlich sind Branchen und Regionen, die vom Wintersport abhängen, von den milderen Wintern negativ betroffen.

Florian Hack: Internationale Forschungsergebnisse zu Naturkatastrophen liefern zusätzliche wichtige Erkenntnisse zu Arbeitsmarkteffekten, die auch für Deutschland relevant sind. So können klimabedingte Katastrophen langfristige Wanderungsbewegungen auslösen und Einkommensverluste verursachen, die nur langfristig kompensiert werden können. Die Höhe dieser Effekte hängen allerdings vom Ausmaß der direkten Folgen des Klimawandels ab, und davon, welche Maßnahmen ergriffen werden, um sie zu mindern. Jedoch können die Gegenmaßnahmen wiederum positive Effekte auf Wirtschaft und Beschäftigung auslösen.

Beschäftigte im Baugewerbe sowie in der Land-und Forstwirtschaft sind einem erhöhten Gesundheitsrisiko durch Extremwetterereignisse, UV- und Pollenbelastungen ausgesetzt

Welche Beschäftigten sind besonders betroffen?

Bernd Fitzenberger: Besonders stark betroffen sind Berufsgruppen, die direkt unter freiem Himmel arbeiten und den klimatischen Veränderungen daher unmittelbar ausgesetzt sind. Dazu zählen insbesondere Beschäftigte im Baugewerbe sowie in der Land- und Forstwirtschaft. Sie sind einem erhöhten Gesundheitsrisiko durch Extremwetterereignisse, UV- und Pollenbelastungen ausgesetzt. Aber auch Beschäftigte, die in schlecht klimatisierten Innenräumen tätig sind, leiden unter steigenden Temperaturen, die zu Gesundheitsrisiken und verminderter Produktivität führen können.

Gibt es auch positive Effekte?

Florian Hack: In bestimmten Bereichen können nach extremen Wetterereignissen kurzfristig wirtschaftliche Impulse entstehen, etwa für Unternehmen, die am Wiederaufbau beteiligt sind. Ein Beispiel hierfür liefern Hochwasserkatastrophen, nach denen Unternehmen aus dem Baugewerbe, dem Hochwasserschutz und dem Gesundheitswesen zunächst eine erhöhte Nachfrage erleben.

Wir können auch aus der Nutzung von Saison-Kurzarbeitergeld darauf schließen, dass es wirtschaftliche Anpassungen an den Klimawandel gibt: Dort ist der relative Anteil der Beschäftigten im Baugewerbe, die diese Leistung in Anspruch nehmen, zwischen 2012 und 2023 gesunken. Das führen wir auch auf die zunehmend milderen Winter zurück, die längere Arbeitszeiten ermöglichen. Diese positiven Effekten milderer Winter könnten allerdings negativen Effekten gegenüberstehen, die durch extreme Hitze im Sommer bedingt sind. Hierzu gibt es jedoch noch keine belastbaren Befunde.

Die direkten Folgen des Klimawandels führen zu einem erheblichen wirtschaftlichen Anpassungsbedarf

Sie sprechen in Ihrer Studie von einem Transformationsschock. Wie meinen Sie das?

Florian Hack: Die direkten Folgen des Klimawandels führen insgesamt zu einem erheblichen wirtschaftlichen Anpassungsbedarf. In den vom Klimawandel negativ betroffenen Wirtschaftsbereichen müssen wir dafür sorgen, dass die Menschen weiter beschäftigungsfähig bleiben. Zwar werden einige der betroffenen Beschäftigten ihre Arbeitsplätze verlieren, was mit längerfristigen Verdienstverlusten einhergehen kann. Jedoch können wir die negativen Folgen des Klimawandels reduzieren, indem Infrastruktur und Produktionskapazitäten umfassend an höhere Temperaturen und Extremwetterereignisse angepasst werden. Der Anpassungsprozess geht mit volkswirtschaftlichen Kosten einher, birgt aber auch wirtschaftlichen Chancen. In bestimmten Bereichen stehen wir dabei allerdings zusätzlich vor der Herausforderung, dass nicht ausreichend qualifizierte Fachkräfte verfügbar sind, um den Anforderungen des Klimawandels effektiv zu begegnen.

Staatliche Unterstützungsmaßnahmen können den Prozess erheblich erleichtern

Was muss die Politik tun, um diese Transformation für den Arbeitsmarkt gut zu flankieren?

Bernd Fitzenberger: Staatliche Unterstützungsmaßnahmen können den Prozess erheblich erleichtern. Es braucht gezielte Maßnahmen, um Beschäftigte vor gesundheitsschädlichen und produktivitätsmindernden Klimaeffekten zu schützen. Der Staat könnte etwa Investitionen in bessere Arbeitsbedingungen fördern, zum Beispiel durch Maßnahmen zum Hitzeschutz.

Weiterbildungsangebote sind ebenfalls wichtig. Das gilt insbesondere für Berufe und Branchen, die stark vom Klimawandel betroffen sind – auch, um Beschäftigten neue Perspektiven in anderen Wirtschaftssektoren zu eröffnen. Denn es werden neue Jobs entstehen: Die sogenannten Grünen Jobs in Wirtschaftsbereichen, in denen die Produktion weniger klima- und umweltbelastend ist, haben laut IAB-Studien schon jetzt an Bedeutung gewonnen. Es werden auch Wirtschaftsbereiche profitieren, die explizit den negativen Wirkungen des Klimawandels entgegenwirken, etwa mit Maßnahmen zum Hochwasser- und Hitzeschutz.

Die Politik sollte die Transformation in diese Richtung fördern, denn hier können zukunftsfähige und wettbewerbsfähige Geschäftsfelder für Deutschland entstehen.

Literatur

Fitzenberger, Bernd; Hack, Florian (2025): Aktuelle Folgen des Klimawandels für den deutschen Arbeitsmarkt. IAB-Forschungsbericht Nr. 8.

 

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DOI: 10.48720/IAB.FOO.20250331.01

 

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