13. Februar 2020 | Arbeitsmarktpolitik
Die Kosten der Arbeitslosigkeit sind 2018 erneut gesunken
Die Zahl der Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II sank im Jahr 2018 um 139.000 auf 1.540.000 Personen. Beim Arbeitslosengeld I ging sie um 54.000 auf 802.000 Personen zurück. Damit schrumpften auch die gesamtfiskalischen Kosten der Arbeitslosigkeit. Diese setzen sich zusammen aus Transferleistungen für Menschen, die Arbeitslosengeld I und II beziehen, sowie aus Mindereinnahmen des Staates an Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, die durch Arbeitslosigkeit verursacht werden. Die gesamtfiskalischen Kosten der Arbeitslosigkeit in Höhe von 50,3 Milliarden Euro machten im Jahr 2018 1,48 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus. 2017 waren es noch 1,62 Prozent.
Staatliche Ausgaben für Transferleistungen
Direkte Kosten der Arbeitslosigkeit entstehen durch die Transferzahlungen an die Empfängerinnen und Empfänger von Arbeitslosengeld I und II. Im Jahr 2018 betrugen diese Zahlungen einschließlich der abgeführten Sozialversicherungsbeiträge 27,2 Milliarden Euro und damit 54 Prozent der Gesamtkosten (siehe Abbildung 1).
Dabei lagen die Kosten für die Versicherungsleistungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) bei 10,3 Milliarden Euro. Das sind etwa 20 Prozent der Gesamtkosten. Davon entfielen 5,9 Milliarden Euro auf das Arbeitslosengeld I und 4,3 Milliarden Euro auf die Beiträge zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung, die für die Arbeitslosen abgeführt wurden. Weitere direkte Kosten entstehen durch das Arbeitslosengeld II und damit zusammenhängende Sozialleistungen wie die Kostenerstattung für Unterkunft und Heizung. Im Jahr 2018 beliefen sich diese Kosten auf 16,9 Milliarden Euro. Mit knapp 34 Prozent machen Letztere den größten Block der gesamtfiskalischen Kosten aus.
Mindereinnahmen der Gebietskörperschaften und Sozialversicherungsträger
Die Arbeitslosigkeit verursacht nicht nur höhere staatliche Ausgaben, sie führt wegen des niedrigeren Steuer- und Beitragsaufkommens auch zu weniger Einnahmen bei Bund, Ländern und Gemeinden sowie der gesetzlichen Sozialversicherung. Diese indirekten Kosten beliefen sich im Jahr 2018 auf insgesamt 23,1 Milliarden Euro und damit 46 Prozent der Gesamtkosten. Bei der Berechnung dieser Mindereinnahmen wird von einem modifizierten durchschnittlichen Einkommen ausgegangen, das die Arbeitslosen bei einer Beschäftigung erzielen könnten (die Berechnungsmethodik ist im IAB-Kurzbericht 2/2014 beschrieben).
Bund, Länder und Gemeinden mussten wegen der Arbeitslosigkeit im Jahr 2018 Steuerausfälle in Höhe von insgesamt 8,6 Milliarden Euro hinnehmen, was etwa 17 Prozent der Gesamtkosten entspricht. Dabei haben sie aufgrund der Ausfälle bei den Arbeitseinkommen 7,1 Milliarden Euro weniger an Lohn- und Einkommensteuern eingenommen. Das Aufkommen der indirekten Steuern wie der Umsatzsteuer war um 1,5 Milliarden Euro geringer, denn die Privathaushalte schränken bei Arbeitslosigkeit zumeist auch ihre Konsumausgaben ein.
Rentenversicherung, Kranken- und Pflegekassen sowie Bundesagentur für Arbeit nahmen im Jahr 2018 aufgrund der Arbeitslosigkeit 14,5 Milliarden Euro weniger ein. Das entspricht knapp 29 Prozent der Gesamtkosten. Zu diesen Mindereinnahmen kommt es, weil die abgeführten Beiträge für arbeitslose Leistungsempfänger geringer sind als jene, die aus einem Arbeitseinkommen entrichtet würden. Die Arbeitslosenversicherung muss sogar komplett auf Einnahmen verzichten, da vom Arbeitslosengeld I und II keine Beiträge abgeführt werden.
Die höchsten Beitragsausfälle verzeichnete mit 7,8 Milliarden Euro die Rentenversicherung. Den Krankenkassen sind Einnahmen in Höhe von 4,3 Milliarden entgangen, der Arbeitslosenversicherung 1,6 Milliarden und der Pflegeversicherung 0,7 Milliarden.
Abbildung 2 zeigt die Verteilung der Kosten auf die verschiedenen öffentlichen Haushalte. Den größten Anteil der Kosten schultern der Bund mit 32 Prozent und die Bundesagentur für Arbeit mit 24 Prozent, gefolgt von der Rentenversicherung mit 16 Prozent.
Seit 2005 sind die Kosten für alle Kostenarten und –träger deutlich gefallen
Seit dem Jahr 2005 waren die Kosten der Arbeitslosigkeit für alle Kostenarten stark rückläufig (siehe Abbildung 3). Auch der Rückgang gegenüber 2017 betraf alle Kostenarten, wenn auch in sehr unterschiedlichem Ausmaß. Am stärksten fiel dieser bei den Sozialleistungen aus (-7%), am schwächsten bei den Versicherungsleistungen (-1,5%).
Aufschlussreich ist zudem ein Blick auf die langfristige Entwicklung der Kosten nach Kostenträgern. So reduzierten sich insbesondere die Kosten der Bundesagentur für Arbeit seit 2005 besonders stark. Sie betrugen im Jahr 2018 nur noch 37 Prozent der Kosten des Jahres 2005 (siehe Abbildung 4).
Im Vergleich zu 2017 profitierten insbesondere der Bund sowie die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung mit einer Reduktion von knapp 7 Prozent und die Gemeinden von 5,4 Prozent. Demgegenüber sind die Kosten der Bundesagentur für Arbeit gegenüber 2017 nur um 2 Prozent gefallen.
Ausgaben für Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik
In Deutschland werden erhebliche Mittel für Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik ausgegeben. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, Arbeitslosigkeit und Hilfebedürftigkeit zu vermeiden oder zumindest die Dauer solcher Zeiten zu verkürzen. Aktive Arbeitsmarktpolitik besteht insbesondere aus Beratung und Unterstützung der Vermittlung, Förderung der beruflichen Erstausbildung und Qualifizierungsmaßnahmen sowie beschäftigungsbegleitenden und beschäftigungschaffenden Maßnahmen.
Die Kosten der aktiven Arbeitsmarktpolitik werden aus systematischen Gründen nicht zu den gesamtfiskalischen Kosten der Arbeitslosigkeit gezählt. Zum Teil refinanzieren sich diese Ausgaben durch Einsparungen bei den Kosten der Arbeitslosigkeit. Die Summe der aktiven Maßnahmen beziehungsweise Leistungen der Bundesagentur für Arbeit wird im Folgenden als Arbeitsmarktpolitik verstanden.
Die Leistungen der Arbeitsmarktpolitik entwickeln sich überwiegend antizyklisch und stabilisieren so die konjunkturelle Entwicklung und den Arbeitsmarkt. Dementsprechend erreichten die Ausgaben für Arbeitsmarktpolitik innerhalb der letzten zehn Jahre ihren Höhepunkt mit knapp 22 Milliarden Euro im Rezessionsjahr 2009 und sanken bis zum Jahr 2018 auf etwa 10 Milliarden Euro. Insbesondere die Ausgaben für das Kurzarbeitergeld haben sich von 5,2 Milliarden Euro im Jahr 2009 auf 0,5 Milliarden Euro im Jahr 2018 massiv verringert.
Fazit
Die fiskalischen Kosten der Arbeitslosigkeit hatten mit 50,3 Milliarden Euro im Jahr 2018 zwar nach wie vor eine erhebliche Größenordnung; sie erreichten aber zugleich einen neuen Tiefstand. Im Zuge des Arbeitsmarktaufschwungs sind diese Kosten von 4,2 Prozent des BIP im Jahr 2004 auf mittlerweile nur noch knapp 1,5 Prozent gefallen. Damit sind finanzielle Mittel in großem Umfang für anderweitige Verwendungen frei geworden. Hätte sich der BIP-Anteil seit 2004 nicht reduziert, wären im Jahr 2018 Kosten von rund 142 Milliarden Euro angefallen.
Angesichts der besonders deutlich gesunkenen Kosten der Bundesagentur für Arbeit konnten vor allem die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung stark reduziert werden. Betrugen diese im Jahr 2006 noch 6,5 Prozent des Bruttoentgelts, halbierten sie sich in den Jahren 2011 bis 2018 auf 3,0 Prozent und sanken im Jahr 2019 weiter auf 2,5 Prozent. Seit Januar 2020 ist der Beitragssatz noch einmal um 0,1 Prozentpunkte auf 2,4 Prozent gesenkt worden.
Weber, Enzo; Hausner, Karl Heinz; Engelhard, Heidemarie (2020): Die Kosten der Arbeitslosigkeit sind 2018 erneut gesunken, In: IAB-Forum 13. Februar 2020, https://www.iab-forum.de/die-kosten-der-arbeitslosigkeit-sind-2018-erneut-gesunken/, Abrufdatum: 26. December 2024
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Autoren:
- Enzo Weber
- Karl Heinz Hausner
- Heidemarie Engelhard