Im ersten Quartal 2024 wuchs die deutsche Wirtschaft preis-, saison- und kalenderbereinigt um 0,2 Prozent, nachdem sie im Schlussquartal 2023 um (revidiert) 0,5 Prozent geschrumpft war. Die Erholung dürfte sich auch im zweiten Quartal nur langsam fortsetzen. Die Inflation hält sich hartnäckig über der Zwei-Prozent-Marke, der Konsum entwickelt sich zurückhaltend und auch die Konjunkturaussichten hellen sich diesen Monat nicht weiter auf. Die Situation am Arbeitsmarkt ist unverändert: Die Beschäftigung steigt leicht, die Arbeitslosigkeit auch.

Außenwirtschaftliches Umfeld

Die Lage der Weltwirtschaft verbessert sich. Der Außenhandel in der Eurozone nimmt zu, und die Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) dürfte die konjunkturelle Entwicklung insgesamt weiter begünstigen. So stieg der Indikator zur Einschätzung der Konjunkturerwartungen erneut, die aktuelle Lageeinschätzung bleibt aber noch deutlich getrübt. In China stagnieren sowohl die Einschätzungen der aktuellen Lage als auch die Erwartungen an die Konjunktur. Die dortige Immobilienkrise scheint noch nicht vorüber, aber die Wirtschaft wird von staatlichen Investitionen gestützt. Die amerikanische Industrieproduktion weitete sich trotz unveränderter Leitzinsen aus. Die wirtschaftliche Lage in den USA wird im Moment etwas schlechter beurteilt als im Vormonat, bleibt aber im positiven Bereich. Die Erwartungen zur künftigen Lage sind weiter eher pessimistisch.

Außenhandel

Der Außenhandel, der die Wirtschaft im ersten Quartal stützte, zeigt aktuell ein uneinheitliches Bild.  Sowohl Exporte als auch Importe nahmen zu Beginn des zweiten Quartals weiter zu. Die Exporte in Drittstaaten, die seit längerem tendenziell gestiegen waren, rutschten im Mai wieder ab. Und auch die Exporterwartungen im Verarbeitenden Gewerbe zeigen in keine klare Richtung. Diese gingen im Juni leicht zurück und liegen jetzt etwas unterhalb der Nulllinie. Die Industrieproduktion stieg zuletzt leicht, der Auftragsbestand sinkt aber weiterhin.

Investitionen

Die Investitionen entwickeln sich heterogen. Die Bauproduktion, die begünstigt durch den milden Winter schwungvoll ins erste Quartal startete, sank im April wieder merklich. Das Geschäftsklima im Bauhauptgewerbe erholt sich diesen Monat nicht weiter und liegt noch immer deutlich im Minus. Der Produktionsindex der Investitionsgüterhersteller legt das dritte Mal infolge leicht zu. Und auch das Geschäftsklima der Investitionsgüterhersteller hellt sich diesen Monat wieder etwas auf, wenngleich die Einschätzungen noch pessimistisch ausfallen. Insgesamt wird die Investitionstätigkeit noch immer durch das hohe Zinsniveau und die politische Unsicherheit gedämpft.

Konsum

Der Konsum belebt sich nach wie vor nur zögerlich. Zwar bewegt sich die Inflationsrate auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau, hält sich aber am aktuellen Rand dennoch hartnäckig über dem Zwei-Prozent-Ziel der EZB. Die Sparneigung ist hoch und das Konsumklima befindet sich noch immer im Minus. Durch steigende Löhne nehmen die Ausgabenspielräume allerdings weiter zu. Dementsprechend zogen die Umsätze im Dienstleistungssektor im ersten Quartal an. Für den Einzelhandel trifft dies jedoch nicht zu.

Arbeitsmarkt

Auf dem Arbeitsmarkt ist die Situation unverändert. Die Arbeitslosigkeit stieg im Juni abermals. Der Bestand gemeldeter offener Stellen war erneut rückläufig. Immerhin nahm die Beschäftigung im April im Vergleich zum Vormonat wieder stärker zu. Ein Aufwind ist am Arbeitsmarkt noch nicht zu spüren und ist auch in den nächsten Monaten nicht zu erwarten. So legt das IAB-Arbeitsmarktbarometer im Juni nur minimal zu und liegt mit einem Stand von exakt 100,0 Punkten im neutralen Bereich.  

 

DOI: 10.48720/IAB.FOO.20240628.01

Bauer, Anja; Weber, Enzo (2024): Einschätzung des IAB zur wirtschaftlichen Lage – Juni 2024, In: IAB-Forum 28. Juni 2024, https://www.iab-forum.de/einschaetzung-des-iab-zur-wirtschaftlichen-lage-juni-2024/, Abrufdatum: 15. July 2024