Das IAB hat bei oberen Führungskräften in den Jobcentern nachgefragt, wie sie die Budgetzuteilungen des Bundes für ihre Aufgaben bewerten. Das Ergebnis: Jobcenter hätten sich dieses Jahr im Mittel höhere Zuteilungen für Verwaltungskosten gewünscht. Die Zuteilungen für Eingliederungsleistungen bewerten sie zwar besser als jene für die Verwaltung. Allerdings sind sie mit dem Etat für Eingliederungsleistungen im Jahr 2024 weniger zufrieden als mit dem Vorjahresetat.

Jobcenter sind für die praktische Umsetzung der Arbeitsmarktpolitik in der Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständig. Das Sozialgesetzbuch II weist ihnen dazu im Wesentlichen drei Aufgaben zu: Jobcenter sollen erstens den Lebensunterhalt der Leistungsberechtigten durch Auszahlung des Bürgergeldes – früher Arbeitslosengeld II – sichern. Sie sollen zweitens Bürgergeld-Berechtigte beraten und diese drittens in Arbeit und Ausbildung vermitteln.

Für diese Aufgaben benötigen die Jobcenter eine entsprechende finanzielle Ausstattung, die zum Teil bei der Hauhaltsaufstellung des Bundes festgelegt wird. Nach dem Kabinettsbeschluss zur Haushaltsaufstellung für das Jahr 2025 beginnen derzeit die Detailplanungen für den Bundeshaushalt 2025. Weil die Haushaltsführung für das laufende Jahr 2024 zunächst vorläufig erfolgte und erst nach Inkrafttreten des 2. Haushaltsfinanzierungsgesetzes verbindlich feststand, bleiben haushaltsbezogene Themen in diesem Jahr durchgehend aktuell.

Jobcenter haben hohe Pflichtausgaben

Die Finanzierung der genannten Aufgaben geschieht über den Bund und die Kommunen. Viele Ausgaben von Jobcentern sind gesetzlich vorgeschriebene Pflichtleistungen. Die Tabelle unten zeigt für das Jahr 2022 die wesentlichen Ausgabenposten der Jobcenter in Deutschland. Der größte Pflichtposten waren Ausgaben in Höhe von rund 31 Milliarden Euro für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Hinzu kamen Pflichtausgaben von rund 6 Milliarden Euro für Sozialversicherungsbeiträge. Diese Pflichtausgaben bezahlen Bund und Kommunen.

Eingliederungsleistungen und Verwaltungskosten sind verhandelbar

Darüber hinaus finanziert der Bund die Eingliederungsleistungen und zum überwiegenden Anteil die Verwaltungskosten für die Umsetzung der Grundsicherung. An den Verwaltungskosten beteiligen sich Kommunen mit dem sogenannten Kommunalen Finanzierungsanteil. Der Bund legt das Budget getrennt für Eingliederungs- und Verwaltungskosten fest und verteilt es auf die Jobcenter.

Maßgeblich für die Verteilung ist in der Regel nicht nur die Anzahl der Leistungsberechtigten im jeweiligen Einzugsbereich der Jobcenter. Auch weitere Eigenschaften der Arbeitsmarkt- und Regionalstruktur sind hierfür relevant. Dieser Verteilungsmechanismus findet die mehrheitliche Zustimmung der befragten oberen Führungskräfte in den Jobcentern. Eine Minderheit von rund einem Viertel der Befragten plädiert (eher) für eine Verteilung allein auf Basis der Zahl der Leistungsberechtigten (siehe Abbildung 1, Balken unten).

Abbildung 1 zeigt die Bewertung von 7 Aussagen zur Finanzierung der Jobcenter durch 285 obere Führungskräfte von Jobcentern.

Kosten für Eingliederungsleistungen fallen für Maßnahmen aktiver Arbeitsmarktpolitik an. Das sind zum Beispiel berufliche Weiterbildungen, Lohnkostenzuschüsse, Bewerbungskurse und Praktika. Solche Maßnahmen aktiver Arbeitsmarktpolitik initiieren Jobcenter nach ihrem Ermessen und Budget für bestimmte Bürgergeld-Berechtigte. Meist führen nicht die Jobcenter selbst, sondern externe Organisationen, zum Beispiel Bildungsträger oder Betriebe, diese Maßnahmen durch. Die Finanzierung übernimmt der Bund über das Budget für Eingliederungsleistungen der Jobcenter.

Verwaltungskosten bestehen zum größten Teil aus den Personalkosten der Jobcenter. Aber auch Mietkosten für Büro- und Beratungsräume sowie die technische Ausstattung gehören zu den Verwaltungskosten. Das Jobcenter-Personal ist hauptsächlich für die Beratung, Vermittlung und Überweisung in Maßnahmen aktiver Arbeitsmarktpolitik sowie für die Berechnung und Auszahlung des Bürgergeldes zuständig. Die Ausstattung mit Finanzmitteln für Verwaltung hat demzufolge Implikationen für alle drei großen Ziele der Grundsicherung für Arbeitsuchende.

Sowohl Verwaltungskosten als auch Kosten für Eingliederungsleistungen sind also relevant für die Haushaltsverhandlungen des Bundes. Sie sind üblicherweise deutlich geringer als die Pflichtausgaben für den Lebensunterhalt und die Sozialversicherungsbeiträge der Bürgergeld-Berechtigten. Im Jahr 2022, also im Jahr vor der Einführung des Bürgergeldes, gaben die Jobcenter knapp 4 Milliarden Euro für Eingliederungsleistungen und knapp 6 Milliarden Euro für die Verwaltung aus (siehe Tabelle).  Im Jahr 2023, dem Jahr der Bürgergeld-Einführung, lagen die Ausgaben für Eingliederungsleistungen und Verwaltungskosten ähnlich hoch wie im Vorjahr.

Die Tabelle zeigt geplante und tatsächliche Ausgaben der Jobcenter in 1000 Euro an.

Für das laufende Jahr stehen absolut etwas höhere geplante Ausgabemittel zur Verfügung: über 4 Milliarden Euro für Eingliederung und über 6 Milliarden Euro für Verwaltung. Die Planungen für das Jahr 2025 fallen dagegen wieder deutlich niedriger aus als vor der Bürgergeld-Einführung. Angesichts der Preissteigerungen der letzten Jahre fallen die Rückgänge real höher aus, als es die Absolutwerte erscheinen lassen.

Einschätzungen zum Budget variieren

Das IAB hat im Frühling 2024 obere Führungskräfte aus Jobcentern unter anderem nach ihrer Bewertung der Budgets gefragt. Führungskräfte aus 261 Jobcentern haben diese Fragen beantwortet (Details zur Online-Jobcenter-Befragung Bürgergeld, kurz OnJoB, finden Sie im IAB-Forschungsbericht 17/2024 von Sarah Bernhard und anderen).

Die Führungskräfte bewerteten die Budgets für Eingliederungsleistungen und Verwaltungskosten für das laufende Jahr sowie für das Vorjahr. Abbildung 2 zeigt die Antwortverteilung: Während mit 55 Prozent mehr als die Hälfte der Befragten die Mittel für Eingliederungsleistungen des Jahres 2023 als angemessen einstuft, sind es für das laufende Jahr mit 44 Prozent weniger als die Hälfte.

Die Ausstattung mit Mitteln für Verwaltungskosten schätzen die Befragten schlechter ein: Nur 20 Prozent halten sie für das laufende Jahr für angemessen hoch. Über 70 Prozent bewerten das Budget für Verwaltungskosten im laufenden Jahr als zu gering. Mit Blick auf das Vorjahr ist die Unzufriedenheit mit der Ausstattung für Verwaltungsmittel noch größer: Bezogen auf 2023 finden über 80 Prozent das Verwaltungsbudget zu klein.

Abbildung 2 zeigt die Bewertung von der Budgetzuteilungen für Verwaltungskosten und Eingliederungsleistungen der Jahre 2023 bis 2024 durch 285 obere Führungskräfte von Jobcentern.

Umwidmungen von Eingliederungsleistungen in Verwaltungskosten sind üblich

Steigende Tariflöhne aufgrund des Inflationsausgleichs sind der Hauptgrund für höhere Verwaltungskosten. Dies belegt die hohe Zustimmung zur Aussage „Tariferhöhungen belasten den Verwaltungskostenetat meines Jobcenters stark“ (siehe Abbildung 1).

Jobcenter können gestiegene Personalkosten durch die Umwidmung von Eingliederungsmitteln in das Verwaltungsbudget auffangen. Tatsächlich ist diese Umwidmung eine sehr weit verbreitete Vorgehensweise: Die überragende Mehrheit von 88 Prozent der Befragten gibt an, ihr Jobcenter habe im Jahr 2023 ursprünglich für Eingliederungsleistungen vorgesehene Mittel teilweise für Verwaltungskosten verwendet (siehe Abbildung 3).

Da Umwidmungen auch administrative Aufwände erzeugen, könnten sich fast drei Viertel der befragten Führungskräfte statt der verschiedenen Finanztitel auch ein Gesamtbudget vorstellen (siehe Abbildung 1).

Abbildung 3 zeigt inwiefern 285 obere Führungskräfte von Jobcentern angeben Budgets umzuschichten.

Mehr oder weniger Chancen auf Arbeitsförderung durch Bürgergeld?

Aufgrund der Budgetumwidmungen gehen hohe Personalkosten der Jobcenter letztlich zu Lasten von Maßnahmen aktiver Arbeitsmarktpolitik für Bürgergeld-Berechtigte. Dies betrifft vor allem längere Maßnahmen wie geförderte Beschäftigung oder Weiterbildungen mit Berufsabschluss. Da diese Maßnahmen üblicherweise über das laufende Haushaltsjahr hinausgehen, binden sie vorab schon die Eingliederungsmittel der Folgejahre.

In der Haushaltsplanung des Bundes tauchen diese künftigen Zahlungsverpflichtungen als sogenannte Verpflichtungsermächtigungen für die Folgejahre auf. Dementsprechend stimmen fast alle Befragten der Aussage zu, die Verpflichtungsermächtigungen seien die Voraussetzung, um längere Maßnahmen durchführen zu können (siehe Abbildung 1).

Die Bundesregierung hat im Jahr 2023 das Bürgergeld unter anderem mit dem Ziel eingeführt, mehr Chancen für Bürgergeld-Berechtigte durch mehr Vermittlungen vorzugsweise in nachhaltige Beschäftigungsverhältnisse zu generieren. Übergänge in nachhaltige Beschäftigung erfolgen jedoch nicht immer direkt, sondern oft über Weiterbildungen und andere Maßnahmen aktiver Arbeitspolitik. Letztere sind aber nur mit ausreichend großen Budgets für Eingliederungsleistungen umsetzbar.

Der Kabinettsbeschluss zur Haushaltsaufstellung sieht für das Jahr 2025 für Eingliederungsleistungen von Jobcentern 3,7 Milliarden Euro vor. Dieses geplante Budget liegt aufgrund der Schuldenbremse um rund 11 Prozent unter den geplanten Ausgaben für das laufende Jahr. Um mit weniger Geld für Eingliederungsleistungen trotzdem mehr Chancen für Bürgergeld-Berechtigte auch durch Weiterbildung und berufliche Rehabilitationsmaßnahmen zu initiieren, verschiebt der Gesetzgeber die Finanzierung dieser beiden Maßnahmen weg von den steuerfinanzierten Jobcentern hin zur beitragsfinanzierten Arbeitslosenversicherung: Weiterbildung und Rehabilitationsmaßnahmen für Bürgergeld-Berechtigte liegen ab dem Jahr 2025 im Zuständigkeitsbereich der Agenturen für Arbeit. Sie übernehmen künftig nicht nur die Finanzierung, sondern beispielsweise auch die Weiterbildungsberatung und die Ermessensentscheidung, wer überhaupt eine geförderte berufliche Weiterbildung bekommt.

Jobcenter sehen in der Neuordnung der Weiterbildungsförderung vor allem Risiken

Die Neuordnung der Weiterbildungsförderung betrifft unmittelbar auch den Aufgabenbereich der Jobcenter-Beschäftigten in der Beratung und Vermittlung: Sie müssen künftig Bürgergeld-Berechtigte mit Interesse an einer Weiterbildung zunächst an die Agentur für Arbeit überweisen und können nicht – wie derzeit üblich – direkt selbst eine Weiterbildung bewilligen. Deshalb hat das IAB neben den oberen Führungskräften auch Jobcenter-Beschäftigte der Beratung und Vermittlung nach ihren Einschätzungen zu den geplanten Änderungen bei Weiterbildungen befragt.

Bei den Befragten ist die Neuordnung der Weiterbildungsberatung unbeliebt. Sie befürchten Nachteile für Bürgergeld-Berechtigte (siehe Abbildung 4): „Für Bürgergeld-Berechtigte wird es künftig schwieriger, eine Weiterbildung zu bekommen“. Diese Sorge teilt deutlich mehr als die Hälfte der Befragten. Ebenfalls mehr als die Hälfte von ihnen erwartet zudem, dass weder Bürgergeld-Berechtigte von der Weiterbildungsberatung der Agenturen für Arbeit profitieren, noch Bedarfe des Jobcenters bei der künftigen Bildungszielplanung der Agenturen für Arbeit berücksichtigt werden.

Abbildung 4 zeigt die Bewertung von 6 Aussagen zum Übergang der Förderung beruflicher Weiterbildung von den Jobcentern an die Agenturen für Arbeit von 1.400 bis 1.800 Jobcenter-Beschäftigten.

Die Förderung beruflicher Weiterbildung erfolgt zum einen über Bildungsgutscheine. Weiterbildungsinteressierte erhalten den Gutschein im Jobcenter beziehungsweise künftig von der Agentur für Arbeit und können ihn bei einem zertifizierten Bildungsträger ihrer Wahl einlösen. Die Weiterbildungskosten übernimmt die öffentliche Arbeitsverwaltung.

Zum anderen ist es derzeit in den Jobcentern – anders als in den Agenturen für Arbeit – durchaus üblich, Bürgergeld-Berechtigte für eine Weiterbildung direkt zu Bildungsträgern zu überweisen, mit denen sie im Vorfeld über Ausschreibungen Verträge abgeschlossen haben. Fast drei Viertel der befragten Jobcenter-Beschäftigten verweisen auf die Wichtigkeit dieser Vergabe-Weiterbildungen für Bürgergeld-Berechtigte (siehe Abbildung 4). Weiterhin erwarten 85 Prozent (eher) aufwändige Abstimmungsprozesse mit den Agenturen für Arbeit. Eine Erleichterung dieser Abstimmungen durch Video-Kommunikation erhofft sich eine Minderheit von weniger als 20 Prozent der Befragten aus dem Bereich der Beratung und Vermittlung.

Beim Vergleich der Antworten von Führungskräften und Beschäftigten aus der Beratung und Vermittlung fallen zwei wesentliche Unterschiede auf: Führungskräfte sind zwar optimistischer als ihre Mitarbeiter*innen, dass die Bildungszielplanung der Agentur für Arbeit ihre Jobcenter-Bedarfe berücksichtigt. Allerdings zeigten sich Führungskräfte noch skeptischer als die Arbeitsebene hinsichtlich der Aussage: „Bürgergeld-Berechtigte werden von der Weiterbildungs-Beratung der Agentur für Arbeit profitieren“.

Weitere Forschung und Abstimmungen zum Haushalt

Weitere Verhandlungen zum Jobcenter-Haushalt starten nach der Sommerpause. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Arbeitsförderung mit dem zugedachten Budget im Jahr 2025 entwickeln wird. Das IAB plant, Weiterbildungsteilnehmende vor und nach dem Stichtag 1. Januar 2025 miteinander zu vergleichen. Das ist der Tag, ab dem nur noch die Agenturen für Arbeit Weiterbildungen für Arbeitsuchende initiieren.

In aller Kürze

  • Jobcenter zahlen das Bürgergeld aus und übernehmen die Beratung und Arbeitsvermittlung von Bürgergeld-Berechtigten. Die Finanzausstattung der Jobcenter erfolgt überwiegend aus dem Bundeshaushalt, ergänzt durch Ausgaben der Kommunen.
  • Den weitaus größten Teil des Finanzbedarfs der Jobcenter machen die Pflichtausgaben für den Lebensunterhalt und die Sozialversicherungsbeiträge der Bürgergeld-Berechtigten aus. Weitere Ausgaben sind Verwaltungskosten – vor allem für das Personal der Jobcenter – und Eingliederungsleistungen für die Arbeitsförderung der Bürgergeld-Berechtigten.
  • Aufgrund der Haushaltssperre plant die Bundesregierung für das Jahr 2025 rund 11 Prozent weniger Geld für Eingliederungsleistungen und Verwaltungskosten ein als in diesem Jahr. Allerdings bewerten 70 Prozent der oberen Führungskräfte der Jobcenter bereits das Budget für Verwaltungskosten des laufenden Jahres als (eher) zu niedrig. Das Budget für Eingliederungsleistungen finden 40 Prozent (eher) zu klein.
  • Um mit weniger Geld für Eingliederungsleistungen trotzdem mehr Chancen für Bürgergeld-Berechtigte auf Weiterbildung zu gewährleisten, verschiebt der Gesetzgeber künftig die Weiterbildungsberatung weg von den steuerfinanzierten Jobcentern hin zur beitragsfinanzierten Arbeitslosenversicherung.
  • Diese Neuordnung der Weiterbildung stößt bei Jobcenter-Beschäftigten der Beratung und Vermittlung und bei oberen Führungskräften auf wenig Gegenliebe. Sie befürchten Nachteile für Bürgergeld-Berechtigte.

Literatur

Bernhard, Sarah; Nützel, Ulf; Osiander, Christopher; Ramos Lobato, Philipp; Zins Stefan (2024): OnJoB: Die Online-Jobcenter-Befragung Bürgergeld. IAB-Forschungsbericht Nr. 17.

 

Bild: joyfotoliakid/stock.adobe.com

DOI: 10.48720/IAB.FOO.20240911.01

Bernhard, Sarah; Osiander, Christopher; Ramos Lobato, Philipp (2024): Jobcenter-Führungskräfte sagen, ihnen fehle Geld für Personal und Arbeitsförderung, In: IAB-Forum 11. September 2024, https://www.iab-forum.de/jobcenter-fuehrungskraefte-sagen-ihnen-fehle-geld-fuer-personal-und-arbeitsfoerderung/, Abrufdatum: 12. September 2024