25. Januar 2024 | Interviews
Schulwettbewerb YES!2023: „Der Sieg war das Sahnehäubchen“
Erst einmal herzlichen Glückwunsch an Sie alle, dass Ihre Gruppe den „YES!2023“-Wettbewerb gewonnen hat. Frau Holstein und Herr Denkmann, können Sie uns erläutern, worum es in Ihrem Projekt genau ging?
Tessa Holstein: Unser Thema war die Analyse von Lieferketten und Lieferkettenengpässen, besonders in Zeiten globaler Krisen, um die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen zu erhalten. Durch unseren Standort in Hongkong, der eine enge Verbindung zum Hafen und dem Containerverkehr aufweist, sind wir auf das Thema Containerlogistik aufmerksam geworden. Bei unseren Recherchen haben wir festgestellt, dass fast ein Drittel der Containertransporte leer zurückgelegt wird. Wir haben uns überlegt, dass es effizienter wäre, die Containertransporte zu koordinieren.
Lauritz Denkmann: Aus diesem Grund haben wir eine Plattform in Form einer benutzerfreundlichen Website entwickelt. Sie ermöglicht mittelständischen Unternehmen und Privatpersonen, Containerplatz anzubieten oder zu buchen. Damit wollen wir den Nutzern ermöglichen, ihre Containerkapazitäten optimal zu nutzen und gleichzeitig Kosten einzusparen. Unsere Plattform SEASHARE trägt also dazu bei, die Lieferkette zu optimieren, Ressourcen effizienter einzusetzen und letztendlich auch die Umweltbelastung durch den Warentransport zu reduzieren.
Der Wettbewerb hat uns ermöglicht, unsere Ideen in die Praxis umzusetzen.
Wie kommt man dazu, bei einem solchen Wettbewerb mitzumachen?
Holstein: In unserer Berufsschule haben wir in einem Lernfeld die Aufgabe, ein eigenes Projekt im Außenhandel zu planen und vorzuführen. Der Wettbewerb hat daher sehr gut in unsere Unterrichtsreihe gepasst und uns ermöglicht, unsere Ideen in die Praxis umzusetzen. Außerdem macht es einfach mehr Spaß, an einem realen Wettbewerb teilzunehmen, statt das Projekt nur im Klassenzimmer durchzuführen.
Wie lief die Zusammenarbeit zwischen Ihnen und Herrn Stepanok ab?
Denkmann: Sehr harmonisch. Ganz am Anfang hatten wir drei Optionen herausgearbeitet, waren uns jedoch noch nicht sicher, welchen Weg wir gehen wollten. Besonders dort konnte Herr Stepanok uns toll beraten. Bei Fragen konnten wir uns immer auf eine schnelle Antwort verlassen, er hat uns auch immer mit guten Artikeln und passenden Studien unterstützt. Wenn wir dann diskussionswürdige Ergebnisse erarbeitet hatten, haben wir uns mit ihm für ein längeres Meeting verabredet, um die nächsten Schritte zu planen. Bis zum letzten Feinschliff der Präsentation vor dem jeweiligen Finale hat Herr Stepanok uns unterstützt.
Und wie funktionierte das aufgrund der großen räumlichen Entfernung?
Holstein: Dadurch, dass wir uns in Hongkong befinden und Herr Stepanok in Deutschland lebt, haben wir hauptsächlich über Zoom kommuniziert. Obwohl eine persönliche Zusammenarbeit vielleicht effektiver ist, haben wir das Beste aus der Situation gemacht. Über Zoom und E-Mail konnten wir uns gut austauschen und unsere Ideen teilen. Durch die Zeit während Corona sind die technischen Kommunikationswege zum Glück längst Routine.
Herr Stepanok, wie erlebten Sie als der begleitende Wissenschaftler die Zusammenarbeit?
Ignat Stepanok: Ebenfalls als sehr gut. Es gab zuerst ein Kennenlerngespräch. Ich habe allgemein über Lieferketten und Lieferengpässe gesprochen – was wir aus der Forschung wissen, wie das Makro-Bild aussieht, was wir am IAB untersucht haben. Dann haben wir über konkrete Probleme und potenzielle Lösungen gesprochen. Die Schülerinnen und Schüler waren sehr interessiert. In den Wochen nach diesem ersten Gespräch hatten sie Zeit, um sich auf eine Idee zu einigen und sie zu entwickeln. Beim nächsten Treffen haben sie mir ihre Idee vorgestellt, und dann haben wir diskutiert.
Herr Backenhaus, was war für Sie als Lehrer an dem Projekt am spannendsten?
Daniel Backenhaus: Als Lehrer finde ich es äußerst spannend, die Fortschritte meiner Schüler in einem Projekt zu beobachten. Es ist erstaunlich zu sehen, wie sie ihr erlerntes Wissen und ihre Kreativität einsetzen, um innovative Lösungen zu entwickeln. Die Zusammenarbeit der Schüler in Gruppen, zu beobachten, wie sie Probleme lösen und im Team funktionieren, ist ebenfalls faszinierend. Es macht mich stolz zu sehen, wie sie wachsen und sich entwickeln.
Die Gruppe hat die Jury wohl vor allem durch ihre Originalität und die Umsetzbarkeit überzeugt.
Was denken Sie, womit hat Ihre Gruppe die Jury schlussendlich überzeugt?
Backenhaus: Meiner Meinung nach hat unsere Gruppe die Jury vor allem durch ihre Originalität und die Umsetzbarkeit überzeugt. Dazu hat die Projektidee die Bereiche Kostenreduzierung und Klimaschutz angesprochen. Beides sehr relevante Themen.
Wir haben innovative Ansätze und Lösungen präsentiert, die die Aufmerksamkeit der Jury auf sich zogen. Darüber hinaus haben wir unsere Ideen klar und überzeugend kommuniziert, indem wir eine gut strukturierte und ansprechende Präsentation vorbereitet haben. Die praktische Umsetzung unseres Projekts und die erstellte Website haben wohl ebenfalls einen positiven Eindruck hinterlassen.
Herr Stepanok, Sie beschäftigen sich ja seit langem mit internationalem Handel. Hat es Sie überrascht, was die Jugendlichen zu diesem Thema auf die Beine gestellt haben?
Stepanok: Es war eine gute Idee, die auch überzeugend formuliert und präsentiert wurde. Mein Gefühl ist, dass ein großer Teil des Erfolgs eines Teams beim YES! Wettbewerb auch von der Präsentation der Idee abhängt. Das Hongkong-Team hatte einen guten Inhalt, den sie auch überzeugend vorgestellt haben. Es ist kein Zufall, dass sie den ersten Platz gewonnen haben.
Andere Blickwinkel führen zu neuen Fragen, neuen Ideen.
Kann man als Wissenschaftler also auch etwas von den Schülerinnen und Schülern lernen?
Stepanok: Selbstverständlich. In unserer täglichen Arbeit als Forscher fokussieren wir uns häufig auf die technischen oder statistischen Aspekte von Problemen. Andere Blickwinkel führen zu neuen Fragen, neuen Ideen. Die Diskussionen mit den Teams waren für mich wertvoll und spannend. Deswegen will ich auch beim nächsten YES! Wettbewerb mitmachen.
Frau Holstein, Herr Denkmann, was wird Ihnen von dem Projekt in Erinnerung bleiben?
Denkmann: Es war auf jeden Fall eine ganz besondere Reise, die uns aus unseren Kursräumen über Hamburg sogar bis ins Wirtschaftsministerium nach Berlin geführt hat. Wir haben nicht nur tiefen fachlichen Einblick in die Containerlogistik und internationalen Handel bekommen, sondern auch praktische und Präsentationsfähigkeiten erworben, von denen wir noch in Jahren profitieren werden. Auch das wissenschaftliche Arbeiten, was uns von Herrn Stepanok nahegebracht wurde, war eine neue Erfahrung, für die wir sehr dankbar sind.
Der Sieg war das Sahnehäubchen oben drauf.
Holstein: Die vielen leidenschaftlichen Debatten untereinander und das gemeinsame Arbeiten als Team an einem spannenden Thema, das hat uns wahrscheinlich die meiste Freude bereitet. Das Präsentieren und der Sieg letzten Endes, das war dann noch das Sahnehäubchen oben drauf.
Herr Backenhaus, werden Sie mit Ihrer Schule im nächsten Jahr wieder dabei sein?
Ja, wir haben sogar bereits mit dem neuen Projekt angefangen. Dieses Mal beschäftigen die Schüler sich mit dem Thema „Vom Neujahrsvorsatz zur Realität: Wie machen wir langfristige Verhaltensänderungen möglich?”. Wir sind wieder gespannt auf die kreativen Ideen!
Links
Mehr über den YES!-Wettbewerb 2023
Lernen an der Deutschen Berufsschule Hong Kong (German Business Faculty/ Transport and Logistics Management)
Fotos: YES! – Young Economic Solutions / ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft
Autoren:
- Christiane Keitel