Das Bruttoinlandsprodukt legte im zweiten Quartal 2022 preis-, saison- und kalenderbereinigt gegenüber dem ersten Quartal leicht um 0,1 Prozent zu. Der Krieg in der Ukraine, Lieferengpässe, Preiserhöhungen und die unsichere Gasversorgung in den kommenden Monaten belasten die wirtschaftliche Entwicklung. Die Erwartungen der Unternehmen haben sich im August leicht eingetrübt. Die Zunahme der Beschäftigung setzt sich aber verlangsamt fort. Die Arbeitslosigkeit steigt erneut etwas an, da arbeitsuchende ukrainische Geflüchtete nun in der Grundsicherung betreut werden. Die Entwicklung der nächsten Monate bleibt mit hohen Unsicherheiten verbunden.

Weltwirtschaft

Das weltwirtschaftliche Umfeld wird durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine deutlich belastet. Sanktionen, Unterbrechungen von Lieferketten, Inflation und Zinserhöhungen beschränken die wirtschaftlichen Aktivitäten. Für den Euro-Raum und die USA hat sich die Einschätzung der aktuellen Lagen gegenüber dem Vormonat kaum verändert. Auch bleiben die Erwartungen für die nächsten Monate dort pessimistisch. Für China haben sich sowohl die Lageeinschätzung als auch die Erwartung für die nächsten Monate noch einmal eingetrübt. Auch wenn sich der Containerstau vor Shanghai langsam auflöst, hemmt die chinesische Null-Covid-Politik die wirtschaftlichen Aktivitäten.

Außenhandel

Der deutsche Außenhandel hat im zweiten Quartal dieses Jahres zugelegt. So haben sich trotz des starken Rückgangs der Exporte nach Russland die gesamten Ausfuhren erholt. Dabei stiegen aber die Einfuhren im zweiten Quartal stärker (+1,6 %) als die Ausfuhren (+0,3 %). Per Saldo hat der Außenhandel damit negativ zum Wachstum des Bruttoinlandsprodukts beigetragen. Im August haben sich die Exporterwartungen im Verarbeitenden Gewerbe weiter verschlechtert.

Investitionen

Die Investitionen sind im zweiten Quartal um 1,0 Prozent zurückgegangen. Zu dem Rückgang haben dabei die Bauinvestitionen beigetragen, die um 3,4 Prozent schrumpften. Die Ausrüstungsinvestitionen legten dagegen um 1,1 Prozent zu. Materialengpässe, Verteuerungen von Rohstoffen und die Unsicherheit über die weitere Entwicklung, etwa bei der Energieversorgung, belasten aber die Investitionsdynamik.

Die Auftragseingänge der Investitionsgüterproduzenten waren im Mai wieder etwas rückläufig. Die Einschätzung der Lage der Investitionsgüterproduzenten hat sich im August gegenüber dem Vormonat zum vierten Mal in Folge etwas verschlechtert. Ihre Erwartungen für die kommenden Monate haben sich etwas verbessert, bleiben aber negativ.

Im Bauhauptgewerbe sind die Auftragseingänge im Juni real um 5,5 Prozent zurückgegangen. Die Einschätzung der Lage und die Erwartungen der Betriebe dort haben sich im August etwas gebessert.

Konsum

Durch den Wegfall der coronabedingten Einschränkungen hat sich der Konsum in den vergangenen Monaten belebt. So nahm der private Konsum im zweiten Quartal um 0,8 Prozent zu. Noch stärker trugen die Konsumausgaben des Staates zur Stützung des Bruttoinlandproduktes bei. Sie legten um 2,3 Prozent zu. Die Umsätze im Gastgewerbe stiegen im Juni real und saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat um 3,1 Prozent. Das Niveau vor der Pandemie wurde aber noch nicht erreicht.

Den Nachholbedarfen nach der coronabedingten Zurückhaltung stehen die deutlichen Preiserhöhungen und Unsicherheiten über die Kostenentwicklungen in den nächsten Monaten gegenüber. Dies dämpft die Kauflaune erheblich. Das Konsumklima hat sich im August erneut verschlechtert. Auch die Geschäftslage im Handel hat sich im August weiter eingetrübt, ebenso dessen Erwartungen für die nächsten Monate.

Arbeitsmarkt

Am Arbeitsmarkt nimmt die Beschäftigung trotz der schwierigen Bedingungen weiter zu. Die Arbeitslosigkeit steigt im August jedoch um 28.000 Personen. Der Anstieg findet vor allem im SGB-II-Bereich statt und ist auf ukrainische Geflüchtete zurückzuführen, die nun im Grundsicherungssystem betreut werden. Der Bestand an gemeldeten offenen Stellen sinkt leicht, es sind dennoch mehr neue offene Stellen gemeldet worden als im Vormonat.

Das IAB-Arbeitsmarktbarometer geht zum vierten Mal in Folge zurück, liegt aber mit 101,3 Punkten weiter über der neutralen Marke von 100. Für den positiven Wert sorgt die Beschäftigungskomponente des Barometers, während die Arbeitslosigkeitskomponente aufgrund der Erfassung der Geflüchteten in der Grundsicherung im negativen Bereich bleibt.

doi: 10.48720/IAB.FOO.20220831.01

Gartner, Hermann; Weber, Enzo (2022): Einschätzung des IAB zur wirtschaftlichen Lage – August 2022, In: IAB-Forum 31. August 2022, https://www.iab-forum.de/einschaetzung-des-iab-zur-wirtschaftlichen-lage-august-2022/, Abrufdatum: 23. November 2024