In ihrem Koalitionsvertrag verständigten sich die Regierungsparteien auf deutliche Beschränkungen der Befristungsmöglichkeiten. Ein erheblicher Teil der Betriebe dürfte bei deren Umsetzung gezwungen sein, den Anteil sachgrundlos befristeter Beschäftigungsverhältnisse spürbar zu reduzieren.

Von den einen als arbeitnehmerfeindlich gescholten, von den anderen als notwendiger Flexibilitäts­puffer verteidigt, sind befristete Beschäftigungsverhältnisse seit jeher ein Zankapfel zwischen Gewerk­schaften und Arbeitgebern sowie im politischen Raum. Strittig ist insbesondere das Ausmaß, in dem Arbeitgeber (auch in der öffentlichen Verwaltung) von diesem Instrument Gebrauch machen.

Im Bemühen, den über­mäßigen Einsatz von Befristungen zu begrenzen und den Betrieben zugleich den erforderlichen Flexibilitäts­spielraum zu belassen, streben Union und SPD nach zähem Ringen eine Reform der sachgrundlosen Befristungen an.

Der Koalitionsvertrag (Zeile 2336ff.) sieht eine Verkürzung der Dauer der sachgrundlosen Befristung von derzeit 24 auf 18 Monate sowie eine Begrenzung von Befristungsketten auf maximal fünf Jahre vor. Weiterhin ist vorgesehen, dass Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten nur noch bis zu 2,5 Prozent der Belegschaft sachgrundlos befristen dürfen. Bei Überschreiten der Quote soll jedes weitere sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnis als unbefristet zustande gekommen gelten.

Über 40 Prozent aller neuen Beschäftigungsverhältnisse sind befristet – aber nur 8 Prozent der bestehenden

Festzuhalten ist zunächst, dass Befristungen bei Einstellungen seit jeher eine wesentlich bedeutendere Rolle spielen als bei den bereits bestehenden Beschäftigungsverhältnissen. Ein Grund ist, dass die zulässige Gesamtdauer bei sachgrundlosen Befristungen wie oben erwähnt schon heute gesetzlich begrenzt ist.

So betrug der Anteil der Befristungen an allen sozialversicherungspflichtigen Neueinstellungen im Jahr 2017 circa 41 Prozent. Demgegenüber belief sich der Anteil befristeter Arbeitsverhältnisse an allen Beschäftigungsverhältnissen (ohne Auszubildende) laut IAB-Betriebspanel auf 8,3 Prozent (detailliertere Analysen finden Sie im IAB-Kurzbericht 16/2018).

Dies spiegelt einerseits den Umstand wider, dass befristete Beschäftigungsverhältnisse in vielen Fällen in unbefristete Arbeitsverträge umgewandelt werden, andererseits die Möglichkeit, dass befristet Beschäftigte in eine unbefristete Beschäftigung in einem anderen Betrieb wechseln oder erwerbslos werden. In allen drei Fällen reduziert sich der Anteil befristeter Arbeitsverhältnisse an der Gesamtbeschäftigung.

16 Prozent der befristeten Arbeitsverträge haben eine Laufzeit von mehr als 18 Monaten

Im Folgenden soll es aber nur um befristete Neueinstellungen gehen – und um die potenziellen Auswirkungen der geplanten Regelungen auf die Rekrutierungspraxis der Betriebe.

Laut IAB-Stellenerhebung gab es im Jahr 2017 in Deutschland insgesamt 3,57 Millionen sozial­versicherungspflichtige Neueinstellungen (ohne Auszubildende und ohne geringfügige Beschäftigungs­verhältnisse). Hiervon waren rund 1,46 Millionen Stellen, also rund 41 Prozent, befristet – gegenüber dem Vorjahr ein leichter Rückgang.

Die Abweichung von der im IAB-Kurzbericht 16/2018 dokumentierten Quote in Höhe von 43,5 Prozent resultiert unter anderem daraus, dass auf Basis der IAB-Stellenerhebung nur sozialversicherungspflichtige Neueinstellungen betrachtet werden und die Neueinstellungen nicht nur für das erste Halbjahr eines Kalenderjahres gemessen werden.

Gemäß IAB-Stellenerhebung haben 16 Prozent der befristeten Arbeitsverträge eine Laufzeit von mehr als 18 Monaten – und wären, wenn die Regelung wie geplant umgesetzt wird, künftig nicht mehr zulässig, sofern die Befristung sachgrundlos erfolgt.

Bei Betrieben mit mehr als 75 Beschäftigten sind es 17 Prozent – drei Prozentpunkte mehr als in kleineren Betrieben (siehe Abbildung 1). Befristungen von bis zu sechs Monaten machen knapp ein Fünftel der befristeten Neueinstellungen aus, solche von sechs bis 18 Monate rund zwei Drittel.

Abb. 1: Befristungsdauer bei Neueinstellungen nach Betriebsgröße. 2017, Angaben der Betriebe in Prozent. In Betrieben mit bis 75 Beschäftigten liegen die Befristungsdauer zu 20 Prozent bei 6 Monaten und weniger, zu 66 Prozent bei 6 bis 18 Monaten und zu 14 Prozent bei mehr als 18 Monaten. Ein fast identisches Bild ergibt die Betrachtung der Betriebe mit mehr als 75 Beschäftigten. Quelle: IAB-Stellenerhebung, eigene Berechnungen.

Der Löwenanteil der befristeten Neueinstellungen erfolgt zur Deckung eines längerfristigen Bedarfs

Rechtlich wird in Deutschland zwischen Befristungen mit und ohne Sachgrund unterschieden. Dabei werden im Teilzeit- und Befristungsgesetz acht Gründe genannt, bei denen eine Befristung durch einen sachlichen Grund vorübergehend gerechtfertigt ist.

Wie oben erwähnt, beziehen sich die geplanten Neuregelungen schwerpunktmäßig auf die sachgrundlosen Befristungen. Da die Anzahl der sachgrundlosen befristeten Neueinstellungen weder in der IAB-Stellenerhebung noch in anderen Quellen explizit verfügbar ist, kann deren Anteil hier nur näherungsweise anhand des Einstellungsgrundes ermittelt werden (siehe Infokasten „Methodik“).

Laut IAB-Stellenerhebung sind die zwei Hauptgründe für Neueinstellungen – gleich ob befristet oder nicht – ein längerfristiger Ersatzbedarf und ein längerfristiger Mehrbedarf (siehe Abbildung 2). Der vorübergehende Ersatz- oder Mehrbedarf (wegen Krankheit, Mutterschutz, freiwilligem Wehrdienst, Fortbildung, Saisonkraft etc.) spielt demgegenüber nur eine untergeordnete Rolle.

82 Prozent der befristeten Neueinstellungen erfolgten im Jahr 2017 zur Deckung längerfristigen Bedarfs – machen also in jedem Fall den Löwenanteil aus (siehe Abbildung 2). Für rund 18 Prozent der befristeten Neueinstellungen machen die Betriebe entweder keine Angaben zum Einstellungsgrund oder es handelt sich um einen vorübergehenden Ersatz- oder Mehrbedarf.

Abb. 2: Gründe für befristete und unbefristete Neueinstellungen im Jahr 2017, Angaben der Betriebe in Prozent. Die Grafik zeigt, dass die Hauptgründe für Neueinstellungen, gleich ob befristet oder nicht, ein längerfristiger Ersatzbedarf und ein längerfristiger Mehrbedarf sind. Der vorübergehende Ersatz- oder Mehrbedarf spielt demgegenüber nur eine untergeordnete Rolle. Quelle: IAB-Stellenerhebung.

Berücksichtigt man nur die Neueinstellungen, die der Deckung eines längerfristigen Bedarfs dienten, so lag der Anteil der so abgegrenzten befristeten Einstellungen an allen Neueinstellungen zur Deckung längerfristigen Bedarfs im Jahr 2017 bei 38 Prozent (siehe Abbildung 3). Bei Betrieben mit mehr als 75 Beschäftigten war dieser Anteil mit 50 Prozent deutlich höher als bei kleineren Betrieben mit 27 Prozent.

Mario Bossler, Alexander Kubis und Andreas Moczall kommen im IAB-Kurzbericht 18/2017 zu ähnlichen Größenordnungen. Hervorzuheben ist dabei, dass der Anteil befristeter Neueinstellungen zur Deckung des längerfristigen Bedarfs für Personen unter 25 Jahren mit 65 Prozent besonders hoch ausfällt.

Abb. 3: Befristete Neueinstellungen zur Deckung des längerfristigen Bedarfs nach Altersgruppe und Betriebsgröße im Jahr 2017. Angaben der Betriebe in Prozent. Betrachtet man alle Altersgruppen im Durchschnitt, liegt in Betrieben mit mehr als 75 Beschäftigten der Anteil der befristeten Neueinstellungen nahezu doppelt so hoch (50 %) wie in Betrieben mit bis zu 75 Beschäftigten (27 %). Die Betrachtung der einzelnen Altersgruppen zeigt ein ähnliches Bild. Quelle: IAB-Stellenerhebung.

Größere Betriebe stellen häufiger befristet ein als kleinere

Bezogen auf die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten (ohne Auszubildende, Werk­stätten für behinderte Menschen und Freiwilligendienste) im September 2017 betrug der Anteil der 2017 befristet eingestellten Personen zur Deckung eines längerfristigen Bedarfs rund 3,8 Prozent.

Mit Blick auf unterschiedliche Betriebsgrößen zeigt sich auch bei diesem Einsatzmotiv, dass große Betriebe einen wesentlich höheren Anteil an befristetet neu eingestellten Personen an der Gesamtbeschäftigung aufweisen. Betrug der entsprechende Anteil in Betrieben mit bis zu 75 Beschäftigten 3 Prozent, so lag er in Betrieben mit mehr als 75 Beschäftigten bei 4,5 Prozent der Gesamtbeschäftigung.

Geht man vereinfachend davon aus, dass befristete Einstellungen im Regelfall sachgrundlos erfolgen, wenn sie einen längerfristigen Ersatz- oder Mehrbedarf decken sollen, stellen die obigen Anteile eine grobe Annäherung der Anteile der sachgrundlos befristet neu eingestellten Personen an der Gesamtbeschäftigung dar.

Mit anderen Worten: Allein mit den innerhalb eines Jahres (2017) zur Deckung eines längerfristigen Ersatz- oder Mehrbedarfs befristet eingestellten Beschäftigten würde auf Basis dieser Annäherung bei Betrieben mit mehr als 75 Beschäftigten die vorgesehene Obergrenze von 2,5 Prozent sachgrundlos Befristeten an der Gesamtbeschäftigung im Durchschnitt fast um das Doppelte überschritten. Dabei sind die Beschäftigten, die schon vor 2017 sachgrundlos befristet eingestellt wurden und weiterhin sachgrundlos befristet beschäftigt sind, noch gar nicht mitgezählt.

In der Summe würde die geplante Quote also nach derzeitigem Stand um ein Mehrfaches überschritten. Dies bestätigen Analysen von Christian Hohendanner aus dem IAB-Kurzbericht 16/2018, die den Anteil an sachgrundlos befristeten Beschäftigten im Bestand an der Gesamtbeschäftigung in Betrieben mit mehr als 75 Beschäftigten auf 6,1 Prozent beziffern.

Für die Interpretation dieser Anteile ist zu beachten, dass die im Koalitionsvertrag vorgesehene Begrenzung auf 2,5 Prozent jeweils auf den Zeitpunkt der letzten Einstellung ohne Sachgrund und auf den einzelnen Arbeitgeber zu beziehen ist. Da es sich bei den obigen Werten aber um gesamtwirtschaftliche Durchschnittswerte handelt, lässt sich der Anteil der Betriebe, die von der Regelung betroffen wäre, nicht beziffern.

Es steht jedoch zu vermuten, dass ein Teil der Betriebe mit mehr als 75 Beschäftigten die im Koalitionsvertrag vorgesehene Grenze von 2,5 Prozent bereits durch den hohen Anteil von Befristungen an den Neueinstellungen deutlich überschreitet.

Mögliche Ausweichreaktionen der Betriebe

Die betroffenen Betriebe könnten die Grenze nur dann einhalten, wenn sie eine oder mehrere der folgenden Optionen nutzen:

  • die bestehenden sachgrundlos befristeten Beschäftigungsverhältnisse nicht verlängern
  • die bestehenden sachgrundlos befristeten Beschäftigungsverhältnisse entfristen
  • mehr Menschen unbefristet einstellen
  • mehr Menschen mit Sachgrund befristet einstellen
  • weniger Menschen ohne Sachgrund befristet einstellen.

Inwiefern Anpassungen eher bei bereits bestehenden oder nur bei neu begonnenen befristeten Beschäftigungsverhältnissen vorgenommen werden, dürfte auch maßgeblich davon abhängen, ob eine entsprechende Gesetzesänderung Übergangsregelungen für bereits bestehende Beschäftigungsverhältnisse vorsieht.

Die Reaktionen der Arbeitgeber dürften zudem davon abhängen, inwieweit diese deswegen befristet einstellen, weil nur zeitlich beschränkte Mittel zur Verfügung stehen. Eine Neuregelung könnte dazu führen, dass solche Stellen künftig gar nicht mehr angeboten werden.

Denkbar wäre auch, dass Betriebe verstärkt auf interne Mittel des Personaleinsatzes, zum Beispiel Überstunden, oder externe  Mittel wie  Arbeitnehmerüberlassung, freie Mitarbeiter mit Werk- oder Dienstverträgen und Werkverträge an Unternehmen zurückgreifen.

Die Wahrscheinlichkeit einer Befristung sinkt mit dem Qualifikationsniveau

Von Interesse ist zudem, welche Stellen und welche Personengruppen von einer entsprechenden Neuregelung – und etwaigen betrieblichen Ausweichreaktionen – besonders betroffen wären, weil dort der Befristungsanteil überproportional hoch ist.

Dabei werden im Folgenden wiederum nur diejenigen Befristungen betrachtet, die nicht zum Ersatz von Abwesenheiten infolge von Krankheit und Mutterschutz oder zur Deckung eines vorübergehenden Mehrbedarfs vorgenommen wurden.

Mit Blick auf das berufliche Anforderungsniveau einer Stelle zeigt sich ein eindeutiges Muster (siehe Abbildung 4). So sinkt mit zunehmenden Qualifikationsanforderungen tendenziell die Wahrscheinlichkeit einer Befristung. In Betrieben mit mehr als 75 Beschäftigten waren im Jahr 2017 rund 68 Prozent der Neueinstellungen ungelernter Personen (Helfer) befristet. Für Spezialisten lag dieser Wert hingegen bei 36 Prozent, für Experten bei  41 Prozent.

Unter den Berufsgruppen in größeren Betrieben fällt vor allem der mit 59 Prozent hohe Befristungs­anteil bei den „Sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungsberufen“ auf. Dazu gehören Sicherheitsberufe, Verkehrs- und Logistikberufe sowie Reinigungsberufe.

Abb. 4: Anteil befristeter Neueinstellungen zur Deckung des längerfristigen Bedarfs nach Anforderungsniveau bzw. Berufsgruppe und Betriebsgröße. Angaben der Betriebe in Prozent. Die Grafik zeigt, dass mit zunehmendem Qualifikationsniveau tendenziell die Wahrscheinlichkeit einer Befristung sinkt. In Betrieben mit mehr als 75 Beschäftigten waren im Jahr 2017 rund 68 Prozent der Neueinstellungen ungelernter Personen befristet. Für Spezialisten lag dieser Wert hingegen bei 36 Prozent, für Experten bei 41 Prozent. Unter den Berufsgruppen Betrieben mit mehr als 75 Beschäftigten fällt vor allem der mit 59 Prozent hohe Befristungsanteil bei den „Sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungsberufen“ auf. Quelle: IAB-Stellenerhebung.

An dem in Abbildung 4 dargestellten Muster ändert sich auch nur wenig, wenn man jeweils alle anderen individuellen und stellenspezifischen Merkmale „konstant“ hält. Zu diesem Zweck wurde ein sogenanntes logistisches Modell berechnet. Dieses Modell zeigt für eine Reihe von Merkmalen der zu besetzenden Stelle und der eingestellten Person, in welchem Ausmaß diese die Wahrscheinlichkeit einer befristeten Einstellung im Vergleich zu einer unbefristeten Einstellung verändern. So ist  die Wahrscheinlichkeit einer befristeten Einstellung in Betrieben mit über 75 Beschäftigten um rund 15 Prozentpunkte höher als in kleineren Betrieben (unter statistischer Kontrolle anderer Faktoren).

In Bezug auf das berufliche Anforderungsniveau einer Stelle zeigen sich auch unter Konstanz der anderen Merkmale signifikante Unterschiede. Dies gilt sowohl für die Betrachtung aller Betriebe als auch für die getrennte Analyse beider Betriebsgrößenklassen.

So fällt die Wahrscheinlichkeit einer befristeten Einstellung in einem größeren Betrieb bei einer Stelle für einen Experten um 27 Prozentpunkte geringer aus als bei einer Stelle für einen Ungelernten. Bei Spezialisten ist die Befristungswahrscheinlichkeit um 22 Prozentpunkte, bei Fachkräften um 12 Prozentpunkte geringer als bei Ungelernten. Demgegenüber sind in kleineren Betrieben mit bis zu 75 Beschäftigten die Unterschiede in den Befristungswahrscheinlichkeiten zwischen den Qualifikationsgruppen geringer.

Auch bei den Berufsgruppen bestätigen sich weitestgehend die bereits in Abbildung 4 gezeigten Unterschiede. Im Vergleich zur Referenzgruppe „Sonstige wirtschaftliche Dienstleistungsberufe“ fällt die Wahrscheinlichkeit einer befristeten Einstellung in den übrigen Berufsgruppen signifikant um bis zu 11 Prozentpunkte geringer aus – mit Ausnahme der personenbezogenen Dienstleistungsberufe. In Betrieben mit mehr als 75 Beschäftigten gehen zudem besondere Anforderungen für die zu besetzende Stelle mit einer um rund 6 Prozentpunkte niedrigeren Befristungswahrscheinlichkeit einher.

Mit Blick auf das Alter der eingestellten Personen zeigt das logistische Modell genauso wie die rein deskriptive Analyse (siehe Abbildung 3), dass gerade Jüngere stärker von Befristungen betroffen sind. Gegenüber Einstellungen von Personen unter 25 Jahren ist die Einstellung von Personen ab 25 Jahren mit einer rund 7 Prozentpunkte geringeren Befristungswahrscheinlichkeit verbunden.

Außerdem ist die Einstellung von vormals Beschäftigten im direkten Vergleich zu vormals Arbeitslosen mit einer rund 8 Prozentpunkte geringeren Befristungswahrscheinlichkeit verbunden. Verglichen mit vormals Arbeitslosen werden Personen, die vorher als Leiharbeiter im selben Betrieb beschäftigt waren, mit einer um nochmals rund 11 Prozentpunkte höheren Wahrscheinlichkeit befristet eingestellt.

In größeren Betrieben fällt – anders als in kleineren Betrieben – die Befristungswahrscheinlichkeit bei der Einstellungen von Frauen zudem um rund 5 Prozentpunkte signifikant höher aus als bei Männern.

Fazit

Die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Befristungsgrenzen für sachgrundlose Befristungen werden zu Anpassungsreaktionen bei den Betrieben führen, die die vorgesehene Grenze von 2,5 Prozent sachgrundlos befristet Beschäftigter an der Gesamtbeschäftigung überschreiten.

Von möglichen Ausweichreaktionen der Betriebe dürften vor allem Personen betroffen sein, die vor der Einstellung als Leiharbeiter im selben Betrieb beschäftigt waren, sowie vormals Arbeitslose, gering Qualifizierte,  Arbeitskräfte aus Dienstleistungsberufen, junge Beschäftigte und Frauen.

Ob diese Personen­gruppen von einer entsprechenden Neuregelung eher profitieren, weil sie dann leichter in eine unbefristete Beschäftigung kommen, oder sich dadurch eher verschlechtern, weil die Betriebe dann generell zurückhaltender einstellen, bleibt abzuwarten.

 

Methodik

Der Koalitionsvertrag spricht von „Arbeitgebern mit 75 und mehr Beschäftigten“. Insofern dabei auf Unternehmen abgezielt wird, ist anzumerken, dass die IAB-Stellenerhebung nur Betriebe umfasst, keine Unternehmen als Ganzes. Daher können zum Beispiel zwei Betriebe bei einer getrennten Betrachtung möglicherweise nicht unter die neue Regulierung fallen, wohingegen sie bei einer gemeinsamen Betrachtung als Unternehmen unter die Regelung fallen können. Dieses Problem kann auf Basis der zur Verfügung stehenden Daten nicht gelöst werden. Auch der Begriff „Beschäftigte“ ist im Koalitionsvertrag nicht festgelegt. Es ist davon auszugehen, dass Auszubildende bei Berechnung der Betriebsgröße nicht berücksichtigt werden. Andernfalls würde das bedeuten, dass Betriebe, die viel ausbilden, schneller über die Schwelle kommen, als Betriebe, die nicht oder nur wenig ausbilden.

Auf Basis der IAB-Stellenerhebung werden Angaben der Betriebe zum Fall der letzten erfolgreichen sozialversicherungs­pflichtigen Neueinstellung ausgewertet. In der IAB-Stellenerhebung werden die Betriebe gefragt, ob die zuletzt eingestellte Person befristet eingestellt wurde und welche Merkmale die eingestellte Person und Stelle aufweisen. Zudem geben die Betriebe sowohl für befristete als auch unbefristete Neueinstellungen den Einstellungsgrund an. Mit Hilfe des Einstellungsgrundes werden in der Analyse sachlich begründete von sachgrundlosen Befristungen abgegrenzt. Es handelt sich also nur um eine näherungsweise Abgrenzung.

 

Literatur

Bossler, Mario; Kubis, Alexander; Moczall, Andreas (2017): Neueinstellungen im Jahr 2016: Große Betriebe haben im Wettbewerb um Fachkräfte oft die Nase vorn. IAB-Kurzbericht Nr. 18.

Bundesregierung (2018): Ein neuer Aufbruch für Europa, eine neue Dynamik für Deutschland, ein neuer Zusammenhalt für unser Land. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 19. Legislaturperiode im Bundestag vom 12. März 2018, Berlin, https://www.bundesregierung.de/Content/DE/StatischeSeiten/Breg/koalitionsvertrag-inhaltsverzeichnis.html, Abrufdatum: 26.4.2018.

Hohendanner, Christian (2018a): Zur Einschränkung befristeter Arbeitsverträge im Koalitionsvertrag. In: IAB-Forum 12. Februar 2018, https://www.iab-forum.de/zur-einschraenkung-befristeter-arbeitsvertraege-im-koalitionsvertrag, Abrufdatum: 20. Februar 2018.

Hohendanner, Christian (2018b): Reform der befristeten Beschäftigung im Koalitionsvertrag: Reichweite, Risiken und Alternativen. IAB-Kurzbericht Nr. 16/2018.

Hohendanner, Christian (2010):  Befristete Arbeitsverträge zwischen Auf- und Abschwung: Unsichere Zeiten, unsichere Verträge? IAB-Kurzbericht Nr. 14.

Gürtzgen, Nicole; Kubis, Alexander (2018): Reform des Befristungsrechts – mögliche Auswirkungen des Koalitionsvertrags auf Betriebe und Beschäftigte, In: IAB-Forum 3. Juli 2018, https://www.iab-forum.de/reform-des-befristungsrechts-moegliche-auswirkungen-des-koalitionsvertrags-auf-betriebe-und-beschaeftigte/, Abrufdatum: 20. December 2024

 

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