18. August 2021 | Serie „Befunde aus der IAB-Grundsicherungsforschung“
Benachteiligte Jugendliche tun sich beim Übergang von der Schule ins Erwerbsleben besonders schwer
Juliane Achatz , Nancy Reims , Malte Sandner , Brigitte Schels
Der Übergang Schule – Beruf gilt als erfolgreich, wenn Jugendliche direkt nach der Schulzeit eine berufliche Qualifizierung durchlaufen und zeitnah eine Beschäftigung aufnehmen. Allerdings existieren vielfältige Übergangswege jenseits dieser Idealvorstellung. Arbeitslosigkeit, Krankheitsphasen, Ausbildungsabbrüche oder ungeklärte Berufsvorstellungen können einzelne Übergangsschritte oder die gesamte Übergangsphase verzögern.
Mithilfe von Förderprogrammen im sogenannten Übergangssystem oder in der geförderten beruflichen Ausbildung, etwa in Form einer außerbetrieblichen Ausbildung oder einer begleiteten betrieblichen Ausbildung, sollen längerfristige Probleme abgewendet werden. Auch wenn die Programme Marktnachteile, insbesondere in Zeiten enger Ausbildungs- und Arbeitsmärkte, abfedern sollen, steht die berufliche Integration von benachteiligten Jugendlichen im Vordergrund. Als sozial benachteiligt gelten junge Menschen, die aufgrund ihrer individuellen Voraussetzungen eingeschränkte Chancen im Übergang Schule – Beruf haben und daher Förderbedarfe aufweisen. Darunter sind geringqualifizierte Schulabgänger und Schulabgängerinnen ebenso wie junge Menschen, deren Familie sie auch nach der Schulzeit nicht ausreichend unterstützen kann oder deren beruflichen Perspektiven aufgrund von Krankheit oder Behinderung eingeschränkt sind.
Die Förderprogramme werden zum Teil auch kritisch bewertet, wenn die Teilnehmenden nur Warteschleifen durchlaufen oder die Teilnahme an diesen Programmen von manchen Arbeitgebern sogar als Makel wahrgenommen wird. All dies kann den Übergang in reguläre Ausbildung und Beschäftigung erschweren.
Drei aktuelle empirische Studien des IAB nehmen die Übergangserfahrungen von unterschiedlichen Teilgruppen von Jugendlichen und die Bedeutung von Förderprogrammen im Übergang von der Schule in den Beruf in den Blick. Die Studien untersuchen die Abfolge und die Dauer von Ausbildungs-, Maßnahme- und Arbeitsmarktaktivitäten in der Übergangsphase von Schulabgängerinnen und Schulabgängern über mehrere Jahre. Die folgende Zusammenfassung der Befunde illustriert Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Werdegang von jungen Menschen nach Ende der Schulzeit und zeigt soziale, gesundheits- und bildungsspezifische Unterschiede auf, die mit den Übergangsbiografien in Verbindung stehen.
In der ersten Studie, erschienen im Jahr 2020, nahmen Juliane Achatz, Kerstin Jahn und Brigitte Schels Jugendliche unter die Lupe, die maximal einen Realschulabschluss haben. Sie gingen der Frage nach, welche Bedeutung weitere Merkmale, etwa das Aufwachsen in armutsnahen Familien, für deren Übergang von der Schule in den Beruf haben. Die zweite Studie, 2021 von Nancy Reims und Brigitte Schels verfasst, untersucht diese Frage für junge Rehabilitandinnen und Rehabilitanden mit Behinderungen, über deren nachschulischen Werdegang bislang noch kaum Erkenntnisse vorliegen. Die dritte Studie, die in diesem Jahr als IAB-Kurzbericht erscheinen wird, liefert erste Befunde zum Ausbildungs- und Erwerbsübergang für Jugendliche, die aufgrund eines Förderbedarfs im Bereich Lernen eine Förderschule besucht haben. Als Vergleichsmaßstab dienen hier Abgängerinnen und Abgängern von Regelschulen nach der 9. Klasse.
Übergangserfahrungen von Jugendlichen, die maximal einen Realschulabschluss haben
Mittels der ersten Studie lassen sich Verlaufsmuster von rund 9.500 jungen Menschen, die maximal einen Realschulabschluss erworben haben, über einen Zeitraum von sechseinhalb Jahren nach ihrem Schulabschluss identifizieren. Betrachtet werden Jugendliche, die die Schule während der Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2008 beendet haben (siehe Infokästen „Daten“ und „Methoden“): Die mit einem Drittel größte Gruppe nimmt nach einer betrieblichen Ausbildung zeitnah eine Beschäftigung auf und entspricht damit der Idealvorstellung eines glatten Übergangs. Zählt man die jungen Menschen hinzu, die kurze Orientierungsphasen und Sucharbeitslosigkeit im Vorfeld oder im Anschluss an die betriebliche Ausbildung durchlaufen, sind es rund die Hälfte der Jugendlichen. Die andere Hälfte verteilt sich auf unterschiedliche Werdegänge. Darunter sind auch junge Menschen, die ihren Bildungsweg auf einer weiterführenden Schule oder in einer schulischen Berufsausbildung fortsetzen.
Von besonderem Interesse sind hier rund 7 Prozent der Schulabgängerinnen und -abgänger, die eine geförderte Ausbildung absolvieren. Ihr Übergang von der Schule in den Beruf verläuft über mehrere Stationen, teils in Arbeitslosigkeit, stabilisiert sich dann jedoch. Sechs Jahre nach Schulabschluss sind die meisten von ihnen regulär erwerbstätig. Besondere Risiken eines brüchigen Übergangsverlaufs zeichnen sich bei einer relativ kleinen Gruppe ab, in der Studie 2 Prozent, die immer wieder arbeitslos wird und nie für längere Zeit in einer betrieblichen Ausbildung oder Erwerbstätigkeit Fuß fasst. Jugendliche, die die Schule ohne Abschluss oder mit Hauptschulabschluss verlassen, weisen mit höherer Wahrscheinlichkeit einen Werdegang mit geförderter Ausbildung oder eine riskante Übergangsbiografie mit Brüchen auf als junge Menschen mit Realschulabschluss.
Für den nachschulischen Werdegang ist zudem der sozioökonomische Hintergrund der Familie von Bedeutung, selbst bei gleichem Schulabschluss. Schulabgänger und -abgängerinnen aus armutsnahen Familien, die Arbeitslosengeld II (ALG II) bezogen haben, sind überdurchschnittlich häufig in der Risikogruppe der wiederholt Arbeitslosen. Das Risiko ist insbesondere dann höher, wenn die Familien in den drei Jahren vor Schulabschluss durchgängig auf ALG II angewiesen waren.
Junge Menschen, die ALG II beziehen, durchlaufen zudem mit höherer Wahrscheinlichkeit eine betriebliche oder eine geförderte Ausbildung als junge Menschen aus Familien ohne Leistungsbezug. So ist ein ALG-II-Bezug nicht nur mit biografischen Risiken im Jugendalter assoziiert. Ein Teil dieser jungen Menschen gewinnt in der betrieblichen Ausbildung biografische Stabilität und finanzielle Entlastung, die für sie im Übergang von der Schule in den Beruf wichtig sind. Anders als die Risikogruppe der wiederholt Arbeitslosen sind dies vor allem junge Menschen aus Familien, die nur vorübergehend ALG II bezogen haben.
Übergangserfahrungen von jungen Rehabilitandinnen und Rehabilitanden
Junge Menschen mit Behinderungen haben nach § 19 Sozialgesetzbuch III aufgrund ihrer Behinderung oder ihres sonderpädagogischen Förderbedarfs Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA). Dabei handelt es sich zum Beispiel um berufsvorbereitende Maßnahmen oder (außer-)betriebliche Ausbildungen. Diese sind häufig behinderungsspezifisch ausgestaltet, das heißt, sie ermöglichen eine zusätzliche psychologische, physiotherapeutische oder pädagogische Betreuung im Betrieb oder in einer besonderen Einrichtung wie einem Berufsbildungswerk (BBW) oder einer Einrichtung zur Rehabilitation psychisch Kranker.
In der zweiten Studie wurde analysiert, wie sich diese institutionellen Rahmenbedingungen in den Verlaufsmustern von Rehabilitandinnen und Rehabilitanden über einen Zeitraum von mehr als sechseinhalb Jahren nach ihrem Schulabschluss im Jahr 2008 spiegeln (siehe Infokästen „Daten“ und „Methoden“). Für die 15.723 untersuchten Personen, die zu 52 Prozent eine Förderschule besucht haben, zeigen sich sechs verschiedene Verlaufsmuster.
Die größte Gruppe der jungen Rehabilitanden und Rehabilitandinnen, in der Studie 30 Prozent, besuchte zunächst überwiegend Orientierungs- und Vorbereitungsmaßnahmen, bevor sie eine außerbetriebliche Ausbildung begann. Sie mündeten jedoch nur in wenigen Fällen in eine Erwerbstätigkeit ein. Weitere 19 Prozent durchliefen ebenfalls eine außerbetriebliche Ausbildung, nahmen danach aber größtenteils eine Beschäftigung auf. 15 Prozent – und damit vergleichsweise wenige – absolvierten eine reguläre betriebliche Ausbildung, die vorwiegend in eine Beschäftigung mündete. Der Werdegang einer weiteren Gruppe, in der Studie 17 Prozent, kann in den administrativen Daten zu weiten Teilen nicht nachvollzogen werden.
Zwei weitere Gruppen sind hervorzuheben: Eine kleinere Gruppe von 7 Prozent besuchte direkt nach der Schule den Eingangs- beziehungsweise den Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM), der so gut wie immer in den Beschäftigungsbereich einer WfbM führt. Eine weitere Gruppe von 11 Prozent durchlief nach der Schule zunächst Orientierungs- und Vorbereitungsmaßnahmen, wechselte im Anschluss aber zwischen Arbeitslosigkeit, Fördermaßnahmen, Beschäftigungsphasen und Phasen mit unbekanntem Status. Dieser Werdegang gleicht dem brüchigen Übergangsverlauf der Jugendlichen ohne Behinderung aus der ersten Studie, zeigt sich aber bei den Rehabilitandinnen und Rehabilitanden in größerem Ausmaß.
Auch innerhalb der Gruppe der jungen Rehabilitandinnen und Rehabilitanden spielt der Schulabschluss eine wichtige Rolle für den nachschulischen Werdegang. So schlagen diejenigen, die maximal mit einem Hauptschulabschluss von der Schule abgehen, seltener den Weg über die betriebliche Ausbildung in Erwerbstätigkeit ein und fallen häufiger in die Gruppe mit brüchigen Übergangsverläufen als jene mit Realschulabschluss.
Zudem gibt es einen deutlichen Zusammenhang mit der Art der Behinderung. Der Weg in eine außerbetriebliche Ausbildung ist typisch für junge Personen mit einer Lernbehinderung; der WfbM-Pfad ist besonders häufig bei Personen mit einer geistigen oder psychischen Behinderung. Wenn die berufliche Rehabilitation unmittelbar nach Schulabschluss beginnt, ist ein nahtloserer Übergang in Ausbildung und Erwerbstätigkeit wahrscheinlicher. Faktoren für einen brüchigen Verlauf sind ein verzögerter Übergang in LTA sowie der Bezug von ALG II im Haushalt.
Übergangserfahrungen von Förderschülerinnen und -schülern
In Deutschland sind Förderschulen der typische Bildungsweg für Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich „Lernen“. Es liegen bislang wenig empirische Untersuchungen zu den Übergangsverläufen von Förderschülerinnen und -schülern vor. Diese sind aber wichtig, da die Förderschulen die beruflichen Integrationschancen der Jugendlichen vorbereiten sollen. So sind die Klassen in Förderschulen kleiner und die Schülerinnen und Schüler erhalten verstärkte individuelle Förderung und Berufsberatungsangebote.
Doch es gibt auch Kritik von Befürwortern einer stärkeren Inklusion, wonach in den Förderschulen ein leistungsschwaches Umfeld geschaffen werde und deren Besuch stigmatisierend wirken könne, was die Suche nach einem Arbeitsplatz erschwert.
In der dritten Studie werden die nachschulischen Werdegänge von 471 jungen Menschen, die ihr Abgangszeugnis auf einer Förderschule erlangt haben, mit denen von 1.092 Abgängerinnen und Abgängern von Regelschulen (Haupt- oder Gesamtschulen) verglichen. Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich über mehr als fünf Jahre nach Ende der 9. Klasse im September 2011 (siehe Infokasten „Daten“).
In den Förderschulen mit Schwerpunkt „Lernen“ ist der Hauptschulabschluss der einzige realistisch erreichbare Schulabschluss. Zum Ende der 9. Jahrgangsstufe haben in den Förderschulen 37 Prozent, in den Regelschulen 91 Prozent der abgehenden Schülerinnen und Schüler einen Hauptschulabschluss.
Beide Gruppen haben Schwierigkeiten, unmittelbar nach Schulabschluss Zugang zu einer beruflichen Ausbildung zu finden. Dementsprechend kommt den Übergangsmaßnahmen eine bedeutende Rolle zu. Dies ist bei den jungen Menschen, die von einer Förderschule kommen, jedoch noch häufiger der Fall. Rund zwei Jahre nach Ende der 9. Klasse befanden sich 44 Prozent derjenigen, die eine Regelschule besucht hatten, und 28 Prozent derjenigen, die von einer Förderschule abgegangen waren, in einer regulären beruflichen Ausbildung (siehe Abbildung).
Bei den Jugendlichen, die eine Förderschule besucht hatten, spielen zudem Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation eine wichtige Rolle, die in einem Berufsbildungswerk oder einer Werkstatt für behinderte Menschen stattfinden. Bei den Abgängerinnen und -abgängern der Regelschulen sind dagegen solche Phasen relevanter, deren Status nicht aus den administrativen Daten ersichtlich ist („Nicht berichteter Status“; siehe Infokasten Daten). Dies ist vermutlich auch darauf zurückzuführen, dass Hauptschüler und -schülerinnen häufiger als Förderschüler und -schülerinnen weiter auf die Schule gehen, um einen höheren Schulabschluss zu erreichen.
Die Auswertungen zeigen außerdem, dass die Unterschiede zwischen beiden Gruppen selbst dann bestehen bleiben, wenn man junge Menschen, die von der Förderschule mit einem erfolgreichen Hauptschulabschluss abgegangen sind, mit den Abgängerinnen und Abgängern von Regelschulen vergleicht. Allerdings schneiden erstere dennoch besser ab als junge Menschen, die auf einer Förderschule keinen Hauptschulabschluss erworben haben.
Fazit
Die betriebliche Ausbildung prägt die Werdegänge der Schulabgängerinnen und -abgänger im unteren und mittleren Bildungssegment und auch die normative Vorstellung eines idealtypischen Übergangs von der Schule in den Beruf. Fördermaßnahmen für benachteiligte Jugendliche zielen darauf ab, hier Anschlussmöglichkeiten zu schaffen.
Förderprogramme spielen in den Werdegängen der meisten nicht behinderten Abgängerinnen und Abgänger von Haupt- und Realschulen keine große Rolle – selbst in Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2008. Dagegen ist die Teilnahme an Förderprogrammen für junge Menschen mit Behinderung die Regel. Mithilfe der Förderprogramme erhalten die jungen Menschen nach Schulende insbesondere einen zeitnahen Anschluss an eine berufliche Bildung. Für viele von ihnen folgen danach jedoch Brüche und Zeiten von Arbeitslosigkeit beim Erwerbseinstieg. Da die Förderprogramme für Jugendliche im Zuge der verbesserten gesamtwirtschaftlichen Lage zurückgefahren wurden, ist davon auszugehen, dass die von Förderprogrammen geprägten Werdegänge nach 2008 quantitativ etwas an Bedeutung verloren haben.
Junge Menschen mit Behinderung oder mit sonderpädagogischem Förderbedarf nutzen dabei zum Teil stark institutionalisierte Wege, bei denen die Weichen insbesondere durch den Besuch einer Förderschule früh gestellt werden. Für Jugendliche mit geistiger oder psychischer Behinderung führt der Weg häufiger in eine WfbM. Die gewünschte Durchlässigkeit in den ersten Arbeitsmarkt ist nicht zu beobachten.
Insbesondere bei jungen Menschen mit Behinderung ist die Gruppe mit brüchigen Verläufen äußerst groß, was auf eine begrenzte Integrationskraft des aktuellen Fördersystems hinweist. Dabei ist anzumerken, dass die vorgestellten Studien keine kausalen Analysen darstellen. Es wurde nicht evaluiert, ob die jungen Menschen an Förderschulen oder in einer WfbM den benötigten geschützten „Förderraum“ erfahren oder in ihren Möglichkeiten zurückgehalten werden. Diese Fragestellung wird in zukünftigen Arbeiten untersucht werden.
Die Wahrscheinlichkeit eines gelungenen Übergangs über reguläre oder geförderte Ausbildung ist nicht nur bei jungen Menschen ohne spezifischen Förderbedarf, sondern auch bei förderbedürftigen jungen Menschen mit Behinderung oder sonderpädagogischem Förderbedarf ungleich verteilt. Dabei kommt den Schulqualifikationen durchweg eine zentrale Rolle zu. Auch anderweitige Förderbedarfe mindern die Bedeutung von Schulabschlüssen nicht, sondern kumulieren im zeitlichen Verlauf mit weiteren Nachteilen. Über den Schulabschluss hinaus spielt die ökonomische Situation der Familien sowie die Art der Behinderung eine Rolle.
Daten
Die vorgestellten Studien nutzen die administrativen Daten der Sozialversicherung der Bundesagentur für Arbeit (BA), die Meldungen aus Beschäftigungsdaten (inklusive betriebliche Ausbildung), Arbeitslosigkeit sowie zur Teilnahme an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen enthalten. Die Daten bieten detaillierte Informationen über spezifische Formen der Übergangsmaßnahmen und Berufsvorbereitung sowie der geförderten Ausbildung und Beschäftigung. Allerdings fehlen Angaben zu Aktivitäten, die nicht im Aufgabengebiet der BA liegen, wie weiterer Schulbesuch, schulische Ausbildungen, Elternzeit oder sonstige Aktivitäten. Deshalb enthalten die Werdegänge auch Phasen mit nicht beobachteten Statusinformationen.
Die Studien 1 und 2 verknüpfen die administrativen Daten der Sozialversicherung mit Personeninformationen aus der Berufsberatung der BA, die auch Informationen zum Jahr des Schulabgangs und zum Schultyp enthalten. So kann für das Jahr 2008 jeweils die Gruppe der Schulabgängerinnen und -abgänger mit maximal Realschulabschluss, die eine Berufsberatung in Anspruch genommen haben, identifiziert werden. Auch wenn die Daten der Berufsberatung nicht repräsentativ für alle Schulabgehenden in Deutschland im Jahr 2008 sind, besteht mit Blick auf die Schulabschlüsse eine gute Annäherung an die tatsächliche Verteilung in der Schulabgangskohorte. Die Analysepopulation der ersten Studie umfasst daraus eine 5-Prozent-Zufallsstichprobe – insgesamt 9.975 Personen. Studie 2 bezieht sich auf 15.723 Schulabgängerinnen und -abgänger mit Behinderungen in beruflicher Rehabilitation. Der Beobachtungszeitraum umfasst in beiden Studien Juli 2008 bis Dezember 2014.
Studie 3 nutzt administrative Daten, die für Teilnehmende des Nationalen Bildungspanels (NEPS-AdIAB Startkohorte 4) vorliegen. In der NEPS-Startkohorte 4 wurden Schülerinnen und Schüler aus ganz Deutschland befragt, die im Herbst 2010 in der 9. Klasse einer Regelschule waren oder an Förderschulen mit dem Schwerpunkt „Lernen“.
Methoden
Die Bestimmung von unterschiedlichen Verlaufstypen in Studie 1 und 2 basiert auf Sequenzmusteranalysen nach dem Optimal-Matching-Verfahren. Die Voraussetzung hierfür ist, dass für jede Person Informationen zu ihren Arbeitsmarktaktivitäten (zum Beispiel Berufsvorbereitende Maßnahme, betriebliche Ausbildung, geförderte Ausbildung, Arbeitslosigkeit, Beschäftigung) über alle Monate im Beobachtungszeitraum in zeitlich geordneter Abfolge (Sequenz) vorliegen.
Sequenzmusteranalysen vergleichen die Werdegänge der Jugendlichen paarweise untereinander und ermitteln statistische Maße für deren Ähnlichkeit. Im Anschluss nutzen Verfahren der Clusteranalyse (hier nach dem Ward-Verfahren) die errechneten Ähnlichkeitsmaße, um Personen mit ähnlichen Verläufen zu Gruppen zu bündeln, die als typische Verlaufsmuster interpretiert werden können. Die Verlaufstypen sind dann die Zielvariablen einer multinomialen logistischen Regression, die für ausgewählte Merkmale die Wahrscheinlichkeit ermittelt, einem bestimmten Verlaufstyp zugeordnet zu sein.
Literatur
Achatz, Juliane; Jahn, Kerstin; Schels, Brigitte (2020): On the non-standard routes: vocational training measures in the school-to-work transitions of lower-qualified youth in Germany. Journal of Vocational Education & Training. DOI: 10.1080/13636820.2020.1760335
Blossfeld, Hans-Peter; Roßbach, Hans-Günther; von Maurice, Jutta (Hrsg.) (2011): Education as a Lifelong Process – The German National Educational Panel Study (NEPS). Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, Sonderheft 14.
Menze, Laura; Sandner, Malte; Anger, Silke; Pollak, Reinhard; Solga, Heike (2021): Übergänge von Jugendlichen aus Förderschulen mit dem Schwerpunkt „Lernen” in Ausbildung und in den Arbeitsmarkt (vorläufiger Titel). IAB-Kurzbericht (im Erscheinen).
Reims, Nancy; Schels, Brigitte (2021): Typical school-to-work transitions of young adults with disabilities in Germany – a cohort study of recipients of vocational rehabilitation services after leaving school in 2008. Disability and Rehabilitation (im Erscheinen). DOI: 10.1080/09638288.2021.1948115.
Achatz, Juliane; Reims, Nancy; Sandner, Malte; Schels, Brigitte (2021): Benachteiligte Jugendliche tun sich beim Übergang von der Schule ins Erwerbsleben besonders schwer, In: IAB-Forum 18. August 2021, https://www.iab-forum.de/benachteiligte-jugendliche-tun-sich-beim-uebergang-von-der-schule-ins-erwerbsleben-besonders-schwer/, Abrufdatum: 17. November 2024
Autoren:
- Juliane Achatz
- Nancy Reims
- Malte Sandner
- Brigitte Schels