Der Krieg in der Ukraine, Lieferengpässe und Preiserhöhungen belasten die wirtschaftliche Entwicklung. Hinzu kommen Risiken aufgrund der unklaren Gaslieferungen aus Russland. Die Erwartungen der Unternehmen haben sich im Juli deutlich eingetrübt. Die Erholung der Beschäftigung setzt sich aber verlangsamt fort. Die Arbeitslosigkeit steigt, da arbeitsuchende ukrainische Geflüchtete nun in der Grundsicherung betreut werden. Die Entwicklung der nächsten Monate bleibt mit hohen Unsicherheiten verbunden.

Weltwirtschaft

Das weltwirtschaftliche Umfeld hat sich durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine deutlich verschlechtert. Sanktionen, Unterbrechungen von Lieferketten, Inflation und Zinserhöhungen beschränken die wirtschaftlichen Aktivitäten. Unsicherheiten über die Gasversorgung im kommenden Winter belasten die Aussichten zusätzlich. Für den Euroraum und die USA haben sich sowohl die Einschätzungen der aktuellen Lage als auch die Erwartungen für die nächsten Monate verschlechtert. Auch für China haben sich die Erwartungen für die nächsten Monate etwas abgeschwächt. Die Lageeinschätzung für dort hat sich zwar verbessert, bleibt aber deutlich im negativen Bereich.

Außenhandel

Der deutsche Außenhandel ist im März infolge des Krieges zunächst zurückgegangen. Trotz des Wegfalls der Exporte nach Russland haben sich die gesamten Exporte aber wieder erholt. Im Mai gingen die Ausfuhren zwar wieder um 0,5 Prozent zurück, liegen aber weiter über dem Wert vom Februar dieses Jahres. Die Exporte in Nicht-EU-Staaten sind im Juni um 4,2 Prozent gewachsen. Im Juli sind die Exporterwartungen im Verarbeitenden Gewerbe aber erneut gesunken.

Investitionen

Bei den Herstellern von Investitionsgütern haben sich im Mai die Auftragseingänge wieder etwas erholt, nachdem sie in den drei Monaten zuvor zurückgegangen waren. Materialengpässe, Verteuerungen von Energie und Rohstoffen und die Unsicherheit über die weitere Entwicklung, etwa bei der Gasversorgung, belasten dennoch die Investitionsdynamik. Die Einschätzung der Lage der Investitionsgüterproduzenten hat sich im Juli gegenüber dem Vormonat etwas verschlechtert. Ihre Erwartungen für die kommenden Monate haben sich erneut deutlich eingetrübt und sind im negativen Bereich. Im Bauhauptgewerbe sind die Auftragseingänge im Mai leicht zurückgegangen. Die Einschätzung der Lage und die Erwartungen der Betriebe dort haben sich im Juli eingetrübt.

Konsum

Durch den Wegfall der coronabedingten Einschränkungen hat sich der Konsum in den vergangenen Monaten belebt. Im Gastgewerbe etwa stiegen im Mai die Umsätze real und saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat um 8,5 Prozent. Das Niveau von vor der Pandemie wurde aber noch nicht wieder erreicht. Zwar gibt es im Konsumbereich weiterhin Nachholbedarfe nach der coronabedingten Zurückhaltung, die deutlichen Preiserhöhungen dämpfen jedoch die Kauflaune. Die Geschäftslage im Handel hat sich im Juli weiter eingetrübt. Auch die Erwartungen des Handels für die nächsten Monate haben sich weiter verschlechtert. Das Konsumklima hat im Juli weiter nachgegeben.

Arbeitsmarkt

Am Arbeitsmarkt nimmt die Beschäftigung trotz der schwierigen Bedingungen weiter zu. Die Arbeitslosigkeit steigt im Juli jedoch um 48.000 Personen. Der Anstieg findet allein im SGB-II-Bereich statt und ist auf ukrainische Geflüchtete zurückzuführen, die nun im Grundsicherungssystem betreut werden. Der Bestand an gemeldeten offenen Stellen sinkt erstmals seit Monaten leicht, wie auch die Zahl der neu gemeldeten offenen Stellen. Das IAB-Arbeitsmarktbarometer geht zum dritten Mal in Folge zurück, liegt aber mit 102,1 Punkten weiter im positiven Bereich. Für den positiven Wert sorgt die Beschäftigungskomponente des Barometers, während die Arbeitslosigkeitskomponente aufgrund der Erfassung der Geflüchteten in der Grundsicherung im negativen Bereich liegt.

doi: 10.48720/IAB.FOO.20220729.01

Gartner, Hermann; Weber, Enzo (2022): Einschätzung des IAB zur wirtschaftlichen Lage – Juli 2022, In: IAB-Forum 29. Juli 2022, https://www.iab-forum.de/einschaetzung-des-iab-zur-wirtschaftlichen-lage-juli-2022/, Abrufdatum: 18. November 2024