Damit Langzeitarbeitslose eine Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt aufnehmen, kommen dem Bewerbungsverhalten und dem betrieblichen Rekrutierungsprozess besonders große Bedeutung zu. Laut IAB-Stellenerhebung bewerben sich Langzeitarbeitslose im Vergleich zu nicht langzeitarbeitslosen Personen eher auf Stellen in Kleinbetrieben und auf Helferjobs. Weniger als die Hälfte der Betriebe berücksichtigt sie jedoch überhaupt im Einstellungsprozess. Zugleich spielen persönliche Empfehlungen, aber auch der Kontakt zur Bundesagentur für Arbeit bei der Einstellung Langzeitarbeitsloser eine wichtige Rolle.

Die Zahl der Langzeitarbeitslosen – also derjenigen Menschen, die bereits länger als ein Jahr arbeitslos sind – erreichte im Jahr 2006 mit 1,9 Millionen ihren bisherigen Höchstwert. Anton Klaus und Nicole Fleischer dokumentieren in einem 2022 erschienenen Beitrag, dass die Zahl der langzeitarbeitslosen Personen ab 2007 aufgrund der Hartz-Reformen und einer anfänglichen konjunkturellen Erholung stark zurückging und in den Folgejahren bei rund einer Million stagnierte.

Seit 2015 nahm der Bestand an Langzeitarbeitslosen erneut stetig ab und erreichte Ende 2019 kurz vor dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie mit 697.000 einen neuen Tiefststand. Dieser Rückgang war weniger einer erhöhten Beschäftigungsaufnahme geschuldet, denn  vielmehr der Tatsache, dass tendenziell weniger Menschen langzeitarbeitslos wurden als in früheren Jahren. Konkret ist der Anteil der „neuen“ Arbeitslosen, die zwölf Monate später langzeitarbeitslos wurden, um rund 3 Prozentpunkte auf 11,2 Prozent gesunken. Gleichzeitig verharrten die Abgangsraten in den Arbeitsmarkt weiterhin bei Werten um 1,6 Prozent pro Monat.

Mit der Corona-Rezession und dem Ukraine-Krieg erhöhte sich die Zahl der Langzeitarbeitslosen erneut und beläuft sich derzeit (Stand: April 2024) auf 966.000 Personen. Während die Zugangsrate in Langzeitarbeitslosigkeit zuletzt auf etwa 15 Prozent stieg, liegt die monatliche Abgangsrate von Langzeitarbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt mit lediglich 1,3 Prozent auf dem niedrigen Niveau der Vorjahre.

Dies zeigt: Sind Menschen erst einmal langzeitarbeitslos, so sind ihre Chancen, am ersten Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen, weiterhin relativ gering (lesen Sie dazu auch einen 2023 erschienenen Beitrag von Kerstin Bruckmeier und Katrin Hohmeyer).

Verschiedene Faktoren können es Langzeitarbeitslosen erschweren, wieder eine Beschäftigung aufzunehmen

Anton Klaus und Ralf Beckmann weisen in einem jüngst erschienenen Beitrag auf folgenden Sachverhalt hin: Das höchste Risiko, langzeitarbeitslos zu werden und zu bleiben, haben Menschen ab Mitte 50 und Geringqualifizierte. Neben diesen soziodemografischen Merkmalen wie höherem Alter, fehlendem Berufsabschluss sowie auch gesundheitlichen Einschränkungen gibt es weitere Faktoren, die erklären können, warum es Langzeitarbeitslose schwer haben, wieder eine Beschäftigung aufzunehmen.

Stephen Machin und Alan Manning weisen in ihrem 1999 erschienenen Beitrag darauf hin, dass mit zunehmender Dauer der Arbeitslosigkeit Fertigkeiten und Kenntnisse verloren gehen. Auch der mögliche Verlust sozialer und beruflicher Netzwerke sowie eine Entmutigung infolge von Misserfolgen können die Stellensuche von Langzeitarbeitslosen erschweren (lesen Sie dazu auch den IAB-Kurzbericht 12/2018 von Martina Rebien und Thomas Rothe).

Aufseiten der Betriebe können grundsätzliche Vorbehalte bestehen, weil sie Langzeitarbeitslosigkeit möglicherweise als Signal für geringere Produktivität oder niedrigere Motivation interpretieren. Im IAB-Kurzbericht 17/2022 zeigen Nicole Gürtzgen und Martin Popp, dass dieses Produktivitätssignal in Rezessionen an Bedeutung verliert, weil Betriebe dann das Vorliegen der Langzeitarbeitslosigkeit weniger den Betroffenen selbst anlasten, sondern in stärkerem Maße der wirtschaftlichen Lage zuschreiben.

Für die Aufnahme einer Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt kommt somit neben dem Bewerbungsverhalten der Langzeitarbeitslosen auch der betrieblichen Bereitschaft, Langzeitarbeitslose im Einstellungsprozess zu berücksichtigen, eine besonders wichtige Rolle zu. Auf Basis der IAB-Stellenerhebung werden nachfolgend die Determinanten des Einstellungsprozesses mit Fokus auf Langzeitarbeitslose genauer unter die Lupe genommen.

7 Prozent der Bewerbungen im Jahr 2022 kamen von Langzeitarbeitslosen

Abbildung 1 veranschaulicht zunächst das Bewerbungsverhalten von Langzeitarbeitslosen. Im Rahmen der IAB-Stellenerhebung werden Betriebe zum letzten Fall einer sozialversicherungspflichtigen Neueinstellung befragt. Dabei wird im zweijährigen Rhythmus unter anderem konkret nach der Zahl der Bewerbungen von Langzeitarbeitslosen gefragt – zuletzt im Jahr 2022. Dabei zeigen sich auffällige Unterschiede im Hinblick auf Betriebsgröße, berufliches Anforderungsniveau und Berufssektoren.

Abbildung 1 zeigt die Zahl an Bewerbungen im Jahre 2022, differenziert nach Betriebsgröße sowie beruflichen Tätigkeitsfeld und Anforderungsniveau. Bei sozialversicherungspflichtigen Neueinstellungen gab es durchschnittlich 8,8 Bewerbungen, rund 7 Prozent davon kamen von langzeitarbeitslosen Personen. Je größer der Betrieb und je höher das berufliche Anforderungsniveau, desto mehr Bewerbungen werden registriert. Bei Betrieben mit weniger als 50 Beschäftigten waren es im Mittel 4,6 Bewerbungen, bei Betrieben mit mindestens 250 Beschäftigten hingegen 12,6 Bewerbungen. Auf Stellen für Spezialisten/Experten wurden 12,2 Bewerbungen registriert, bei Helferstellen nur 4,1 Bewerbungen. Langzeitarbeitslose Personen bewerben sich eher bei kleinen Betrieben und auf Helferstellen.

Im Jahr 2022 gab es im Durchschnitt 8,8 Bewerbungen auf eine erfolgreich besetzte Stelle, davon entfielen rund 7 Prozent auf Langzeitarbeitslose. Je größer der personalsuchende Betrieb ist, desto höher fällt die Zahl der eingehenden Bewerbungen je offener Stelle aus. Die Anteile der Bewerbungen von Langzeitarbeitslosen hingegen sinken mit zunehmender Betriebsgröße. Während 14 Prozent der Bewerbungen auf Stellen in Kleinbetrieben von Langzeitarbeitslosen kommen, sind es in mittleren und großen Betrieben nur 8 Prozent beziehungsweise 3 Prozent.

Mit der Neigung, sich im Vergleich zu nicht langzeitarbeitslosen Personen eher bei kleineren Betrieben zu bewerben, geht einher, dass sich Langzeitarbeitslose überproportional häufig auf Stellen bewerben, bei denen im Mittel weniger Bewerbungen eingehen und somit weniger Konkurrenz vorherrscht.

Je komplexer die ausgeschriebene Tätigkeit ist, desto mehr Bewerbungen erhielt ein Betrieb im Durchschnitt. Die Ergebnisse der IAB-Stellenerhebung zeigen, dass der Anteil Langzeitarbeitsloser mit steigendem Anforderungsniveau sinkt: Während bei Helferstellen rund 15 Prozent und bei Fachkraftstellen rund 13 Prozent der Bewerbungen auf Langzeitarbeitslose entfallen, beläuft sich dieser Anteil bei Spezialisten- oder Expertenstellen nur auf 2 Prozent. Dieses Muster deckt sich mit den Ergebnissen einer aktuellen Auswertung von Anton Klaus und Ralf Beckmann, der zufolge viele arbeitslos Gemeldete eine Beschäftigung im Helferbereich suchen.

Im Hinblick auf unterschiedliche Berufssektoren zeigen sich anteilig überdurchschnittlich viele Bewerbungen von Langzeitarbeitslosen auf Stellen in den „Sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungsberufen“ (15 %), den „Produktionsberufen“ (13 %) und den „Personenbezogenen Dienstleistungsberufen“ (9 %). Unterdurchschnittlich fällt hingegen deren Anteil bei den „Kaufmännischen und unternehmensbezogenen Dienstleistungsberufen“ (5 %) und den „IT- und naturwissenschaftlichen Dienstleistungsberufen“ (2 %) aus.

Mehr als die Hälfte der Betriebe berücksichtigt keine Bewerbungen von langzeitarbeitslosen Personen

Wenn sich Langzeitarbeitslose auf eine ausgeschriebene Stelle bewerben, kommt der Bereitschaft der Betriebe, diesen Bewerbungen überhaupt eine Chance zu geben, eine entscheidende Bedeutung zu. Der Anteil der befragten Betriebe, die angeben, langzeitarbeitslose Personen im Bewerbungsprozess in Betracht zu ziehen, schwankt leicht im Zeitverlauf und belief sich im Jahr 2023 auf 42 Prozent (Abbildung 2). Umgekehrt bedeutet dieser Wert aber auch, dass über die Hälfte der Betriebe grundsätzlich keine Bewerbungen von langzeitarbeitslosen Personen berücksichtigt.

Abbildung 2 zeigt die Berücksichtigung von Bewerbungen nach Dauer der Arbeitslosigkeit. Im Jahr 2023 berichten 18 Prozent der Betriebe, dass sie keine Bewerbungen von Arbeitslosen in Betracht ziehen, weitere 35 Prozent berücksichtigen zwar Bewerbungen von Arbeitslosen, jedoch nicht von Langzeitarbeitslosen. Gegenüber 2011 ist der Anteil der Betriebe, die (auch) Bewerbungen von Langzeitarbeitslosen grundsätzlich berücksichtigen, von 33 Prozent auf nunmehr 42 Prozent gestiegen. Je kleiner der Betrieb ist, desto reservierter ist der Betrieb gegenüber Bewerbungen von Arbeitslosen. Während 40 Prozent der Betriebe mit weniger als 50 Beschäftigten auch Bewerbungen von Langzeitarbeitslosen berücksichtigen, äußern sich rund 69 Prozent der Betriebe mit mindestens 250 Beschäftigten entsprechend.

Allerdings variiert die Bereitschaft, Langzeitarbeitslose im Bewerbungsprozess zu berücksichtigen, erheblich mit der Betriebsgröße: 61 Prozent der mittelgroßen Betriebe und 69 Prozent der großen Betriebe geben an, Langzeitarbeitslose grundsätzlich im Einstellungsprozess zu berücksichtigen. In Kleinbetrieben, in denen sich Langzeitarbeitslose überdurchschnittlich häufig bewerben, fällt der Anteil mit 40 Prozent jedoch erheblich niedriger aus.

Im Rahmen der IAB-Stellenerhebung wurde bei denjenigen Betrieben, die Bewerbungen von Langzeitarbeitslosen nicht berücksichtigen, nachgefragt, unter welchen Umständen sie diese Personengruppe dennoch in Betracht ziehen würden. Im Jahr 2023 antworteten 44 Prozent dieser Betriebe, dass dies bei Empfehlungen über private Kontakte der Fall wäre (siehe Abbildung 3). Ähnlich bedeutsam ist eine Empfehlung über Arbeitskontakte: Sie würde in 40 Prozent dieser Betriebe die Chancen von Langzeitarbeitslosen im Einstellungsprozess verbessern.

Die hohe Bedeutung persönlicher Kontakte weist daraufhin, dass die Vorbehalte der Betriebe hinsichtlich des Leistungsvermögens und der Motivation von Langzeitarbeitslosen ein wichtiges Einstellungshemmnis darstellt, das sich in vielen Fällen jedoch über persönliche Empfehlungen abbauen ließe.

Abbildung 3 zeigt für Betriebe, die bisher keine Langzeitarbeitslose berücksichtigen, unter welchen Bedingungen sie doch Bewerbungen von Langzeitarbeitslosen berücksichtigen würden. Private Empfehlungen oder entsprechende Arbeitskontakte sind die zwei am häufigsten genannten Punkte. 44 Prozent der 2023 befragten Betriebe würden bei Empfehlungen über private Kontakte und 40 Prozent bei Empfehlungen über Arbeitskontakte ihre Entscheidung überdenken. An dritter Stelle würde für 24 Prozent der Betriebe eine öffentliche Bezuschussung zur Berücksichtigung von Bewerbungen Langzeitarbeitsloser führen. 20 Prozent der Betriebe sagen, dass bei einem Fehlen sonstiger passender Bewerbungen Langzeitarbeitslosen eine Chance haben. 7 Prozent führen Lohnzugeständnisse als möglichen Grund an.

Andere Faktoren spielen eine deutlich geringere Rolle, wenn es um den Abbau von Einstellungshürden für Langzeitarbeitslose geht. Nur knapp jeder vierte dieser Betriebe würde Langzeitarbeitslose dennoch berücksichtigen, wenn er öffentliche Zuschüsse erhielte. Allerdings sind vorhandene Fördermöglichkeiten insbesondere kleineren und mittleren Betrieben oft nicht ausreichend bekannt. Darauf weisen Laura Pohlan und Philipp Ramos Lobato in ihrem 2023 im IAB-Forum publizierten Beitrag am Beispiel des Teilhabechancengesetzes hin.

Bei fast jedem fünften dieser Betriebe hätten Langzeitarbeitslose im Einstellungsprozess nur dann eine Chance, wenn ansonsten keine passenden Bewerbungen vorliegen. Nur 7 Prozent dieser Betriebe würden Langzeitarbeitslose in Erwägung ziehen, wenn diese zu Lohnzugeständnissen bereit wären. Auffällig ist, dass die Empfehlung über private Kontakte seit 2016 deutlich an Bedeutung gewonnen hat, während sich die Bedeutung anderer Faktoren im Zeitverlauf nur wenig verändert hat.

Soziale Netzwerke und der Kontakt zur Arbeitsagentur spielen bei der Einstellung Langzeitarbeitsloser eine wichtige Rolle

Die grundsätzliche Bereitschaft der Betriebe, Langzeitarbeitslose einzustellen, muss nicht notwendigerweise zur tatsächlichen Einstellung von langzeitarbeitslosen Personen führen. Im Fall der letzten sozialversicherungspflichtigen Neueinstellung werden die Betriebe in der IAB-Stellenerhebung unter anderem danach gefragt, über welche Wege sie nach neuem Personal gesucht haben und welcher davon der entscheidende Besetzungsweg war. Dabei geben die Betriebe auch darüber Auskunft, ob die eingestellte Person vorher langzeitarbeitslos war.

Werden Langzeitarbeitslose eingestellt, nutzten die Betriebe tendenziell eine größere Zahl an Suchkanälen, nämlich im Mittel 3,9 Suchwege. Bei eingestellten Bewerberinnen und Bewerbern, die vorher nicht langzeitarbeitslos waren (im Folgenden als „sonstige Personen“ bezeichnet), waren es im Schnitt 3,5 Suchwege (ohne Abbildung).

In der Regel setzen Betriebe häufig dann auf mehr Suchkanäle, wenn sich der Einstellungsprozess relativ schwierig gestaltet. Die höhere Zahl an Suchkanälen bei der Einstellung von Langzeitarbeitslosen steht somit im Einklang mit dem Befund, dass rund ein Fünftel der Betriebe Langzeitarbeitslose im Einstellungsprozess doch berücksichtigt, wenn sonst keine passenden Bewerbungen vorliegen (siehe Abbildung 3).

Abbildung 4 veranschaulicht, inwiefern die Einstellung von Langzeitarbeitslosen im Vergleich zur Einstellung sonstiger Personen mit unterschiedlichen Such- und Besetzungswegen einhergeht. Insgesamt fallen die Anteile der von den Betrieben beschrittenen Such- und Besetzungswege für beide Personengruppen meist relativ ähnlich aus.

Der wichtigste Besetzungsweg ist in beiden Fällen der persönliche Kontakt oder der Kontakt über eigene Beschäftigte. Konkret erfolgten rund 30 Prozent der Besetzungen von sozialversicherungspflichtigen Stellen über diesen Weg. Daneben zeigt sich bei beiden Gruppen, dass Online-Medien wie Internet-Jobbörsen und eigene Homepages eine wichtige Rolle bei der Besetzung spielen.

Abbildung 4 zeigt die Wege der betrieblichen Personalrekrutierung von Langzeitarbeitslosen und sonstigen Personen im Durchschnitt der Jahre 2020 bis 2023. Die drei wichtigsten Suchwege sind in beiden Fällen die eigene Homepage, private Internet-Jobbörsen sowie persönliche Kontakte oder über eigene Beschäftigte mit jeweils über 50 % der sozialversicherungspflichtigen Neueinstellungen. Wenn eine langzeitarbeitslose Person eingestellt wurde, dann suchten die Betriebe in 57 Prozent dieser Einstellungsprozesse (auch) über die Arbeitsagentur, bei den sonstigen Einstellungen liegt dieser Anteil bei 40 Prozent. Bei 12 Prozent der Einstellungen von Langzeitarbeitslosen war der Kontakt zur Arbeitsagentur sogar entscheidend für den Besetzungserfolg, bei sonstigen liegt dieser Anteil bei 5 Prozent.

Jedoch werden auch Unterschiede zwischen beiden Gruppen deutlich. So erfolgen bei Einstellung einer sonstigen Person im Schnitt rund 5 Prozent dieser Besetzungen über den Kontakt zur Bundesagentur für Arbeit (BA). Dagegen ist der Kontakt zur BA bei der Einstellung einer langzeitarbeitslosen Person in 12 Prozent der Fälle der entscheidende Besetzungsweg. Dieser Wert ist allerdings deutlich niedriger als noch vor einigen Jahren: Er ist gegenüber den Jahren 2011 bis 2015, die Laura Pohlan und Thomas Rothe im IAB-Kurzbericht 6/2020 betrachtet haben, deutlich gesunken.

Ein weiterer Unterschied bei der Einstellung Langzeitarbeitsloser gegenüber sonstigen Personen ist eine geringere Nutzung von Jobbörsen im Internet, von sozialen Medien und privaten Arbeitsvermittlungen. Initiativbewerbungen geben hingegen etwas häufiger den Ausschlag für die Einstellung von Langzeitarbeitslosen (8 Prozent) als bei sonstigen Personen (5 Prozent).

Fazit

Der Anteil der langzeitarbeitslosen Personen, die innerhalb eines Monats eine Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt aufnehmen, fällt derzeit mit 1,3 Prozent recht gering aus. Dass dieser Wert beständig relativ niedrig ist, dürfte zumindest teilweise auch dem Bewerbungsverhalten der Betroffenen sowie dem betrieblichen Rekrutierungsverhalten geschuldet sein. Unabhängig davon erschweren bestimmte soziodemografische Merkmale wie ein im Schnitt höheres Alter oder ein geringeres formales Bildungsniveau die Wiederbeschäftigungschancen von Langzeitarbeitslosen.

Beim Bewerbungsverhalten von Langzeitarbeitslosen zeigen sich auffällige Muster. Sie bewerben sich im Vergleich zu nicht langzeitarbeitslosen Personen tendenziell eher in Kleinbetrieben. Zwar gehen bei kleinen Betrieben im Schnitt weniger konkurrierende Bewerbungen ein als in mittleren und großen Betrieben. Allerdings werden Bewerbungen von Langzeitarbeitslosen in Kleinbetrieben überdurchschnittlich häufig gar nicht berücksichtigt. Zugleich steigt der Anteil der Bewerbungen von Langzeitarbeitslosen mit sinkendem beruflichen Anforderungsniveau der Tätigkeiten. So stammt jede siebte Bewerbung auf Stellen im Helferbereich von Langzeitarbeitslosen.

In Bezug auf den betrieblichen Rekrutierungsprozess zeigt sich, dass mehr als die Hälfte der Betriebe in Deutschland Bewerbungen von Langzeitarbeitslosen im Einstellungsprozess grundsätzlich nicht berücksichtigt. Zugleich können persönliche Empfehlungen über private oder berufliche Kontakte effektiv dazu beitragen, betriebliche Vorbehalte gegenüber Langzeitarbeitslosen abzubauen.

Bei der Einstellung von Langzeitarbeitslosen kommt der Besetzung über persönliche Kontakte die größte Bedeutung zu – ähnlich wie bei nicht langzeitarbeitslosen Personen. Insgesamt spielt die BA im Einstellungsprozess von Langzeitarbeitslosen relativ gesehen eine deutlich größere Rolle als bei Personen, die nicht langzeitarbeitslos sind.

In aller Kürze

  • Rund 7 Prozent der Bewerbungen auf erfolgreich besetzte Stellen entfielen im Jahr 2022 auf Langzeitarbeitslose. Ihr Anteil an Bewerbungen ist bei Kleinbetrieben und bei Helfertätigkeiten überdurchschnittlich groß.
  • 42 Prozent der Betriebe geben an, Bewerbungen von Langzeitarbeitslosen grundsätzlich zu berücksichtigen. Diese Bereitschaft steigt mit zunehmender Betriebsgröße.
  • Rund 40 Prozent der Betriebe, die Langzeitarbeitslose nicht berücksichtigen, würden diese Personengruppe in Betracht ziehen, wenn eine entsprechende Empfehlung über persönliche Kontakte erfolgt.
  • Die Einstellung von langzeitarbeitslosen und nicht langzeitarbeitslosen Personen erfolgt in den meisten Fällen über persönliche Kontakte.
  • Der Kontakt zur Bundesagentur für Arbeit führt mit 12 Prozent überdurchschnittlich häufig zu einer Besetzung mit einer langzeitarbeitslosen Person. Bei nicht langzeitarbeitslosen Personen sind es 5 Prozent.

Literatur

Bruckmeier, Kerstin; Hohmeyer, Katrin (2023): Folgen der Corona-Krise für den Arbeitsmarkt – Droht der Aufbau neuer Langzeitarbeitslosigkeit? In: Sozialer Fortschritt, Jg. 72, H. 1, S. 3–21.

Gürtzgen, Nicole; Popp, Martin (2022): Langzeitarbeitslosigkeit aus betrieblicher Perspektive: Betriebliche Vorbehalte gegenüber Langzeitarbeitslosen sinken leicht in Krisenzeiten. IAB-Kurzbericht Nr. 17.

Klaus, Anton; Beckmann, Ralf (2024): Arbeits- und Fachkräftemangel trotz Arbeitslosigkeit. In: Berichte – Arbeitsmarkt kompakt, März 2024, Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg.

Klaus, Anton; Fleischer, Nicole (2022): Arbeitsmarktsituation von langzeitarbeitslosen Menschen. In: Berichte – Blickpunkt Arbeitsmarkt, März 2022, Nürnberg.

Machin, Stephen; Manning, Alan (1999): The Causes and Consequences of Longterm Unemployment in Europe. In: O. Ashenfelter; D. Card (Hrsg.), Handbook of Labor Economics, Volume 3C, Amsterdam: North Holland, S. 3085–3139.

Pohlan, Laura; Ramos Lobato, Philipp (2023): Arbeitsmarktintegration von Langzeitarbeitslosen: Viele Betriebe kennen das Teilhabechancengesetz nicht (Serie „Eingliederung von Langzeitarbeitslosen und Teilhabe am Arbeitsmarkt“). In: IAB-Forum, 21.4.2023.

Pohlan, Laura; Rothe, Thomas (2020): Personalrekrutierung von Beschäftigten, Kurz- und Langzeitarbeitslosen: Unterschiede bei Besetzungswegen und Beschäftigungsqualität. IAB-Kurzbericht Nr. 6.

Rebien, Martina; Rothe, Thomas (2018): Langzeitarbeitslose Bewerber aus betrieblicher Perspektive: Zuverlässigkeit ist wichtiger als fachliche Qualifikation. IAB-Kurzbericht Nr. 12.

Bild: sebra/stock.adobe.com;

DOI: 10.48720/IAB.FOO.20240821.01

Kubis, Alexander; Popp, Martin (2024): Persönliche Empfehlungen tragen dazu bei, betriebliche Vorbehalte gegenüber Langzeitarbeitslosen abzubauen, In: IAB-Forum 21. August 2024, https://www.iab-forum.de/persoenliche-empfehlungen-tragen-dazu-bei-betriebliche-vorbehalte-gegenueber-langzeitarbeitslosen-abzubauen/, Abrufdatum: 1. September 2024