Um das Infektionsrisiko am Arbeitsplatz zu verringern, setzen Betriebe in Deutschland verschiedene Maßnahmen ein. Seit dem 7. Juni 2021 können sie ihren Beschäftigten auch betriebsärztliche Impfungen anbieten. Die IAB-Befragung „Betriebe in der Covid-19 Krise“ zeigt, dass sich die Betriebe durchaus rege an der Impfkampagne beteiligt haben.

Ähnlich wie an anderen Orten mit engen sozialen Kontakten besteht auch am Arbeitsplatz ein erhöhtes Risiko, sich mit dem SARS-CoV-2-Virus zu infizieren (ein Beitrag zu den beruflichen Ansteckungspotenzialen wird voraussichtlich am 21. September dieses Jahres im IAB-Forum erscheinen). Um dieses Risiko zu reduzieren, setzen Betriebe auf allgemeine Verhaltensregeln wie eine Maskenpflicht, verschärfte Hygiene- und Reinigungsmaßnahmen oder eine adäquate Gestaltung der Arbeitsumgebung (lesen Sie zu diesem Thema auch einen im Oktober 2020 erschienenen Beitrag im IAB-Forum). Sie haben zudem ihr Angebot zur Nutzung von Homeoffice ausgeweitet (nähere Informationen hierzu bietet ein im Dezember 2020 in diesem Magazin veröffentlichter Artikel).

Ein im Mai dieses Jahres im IAB-Forum erschienener Beitrag belegt ferner, dass das betriebliche Angebot an Covid-19-Tests bis dato deutlich zugelegt hat. Im Juni dieses Jahres begannen dann Betriebe mit einer Betriebsärztin oder einem Betriebsarzt (dies sind etwa 25 Prozent aller Betriebe), ihren Beschäftigten auch Impfungen am Arbeitsplatz anzubieten.

32 Prozent der Betriebe mit Betriebsarzt beteiligten sich im August am Impfgeschehen

Mit dem Start der betrieblichen Impfkampagne im Juni hat das IAB im Rahmen der Welle 14 der Befragung „Betriebe in der Covid-19 Krise“ entsprechende Daten erhoben und veröffentlicht (siehe Tabelle 1, lesen Sie dazu auch die entsprechende Pressemitteilung des IAB). Im Juni boten etwa 28 Prozent der Betriebe mit Betriebsarzt oder Betriebsärztin ihren Beschäftigten Impfungen gegen Covid-19 an. Weitere 11 Prozent planten dies zu tun. 38 Prozent der Betriebe hatten keine entsprechenden Pläne. Zudem gaben 22 Prozent an, dass dies nicht erforderlich sei, da ihre Beschäftigten bereits ein anderweitiges Impfangebot bekommen hätten.

Tabelle 1 zeigt das Angebot an Impfungen gegen Covid-19 in Betrieben mit Betriebsarzt für zwei Befragungswellen im Juni und August 2021. Demnach stieg der Anteil der Beschäftigten, denen bereits Impfungen angeboten wurden, zwischen Juni und August 2021 von 22 auf 46 Prozent. Quelle: Betriebsbefragung „Betriebe in der Covid-19-Krise“. © IAB

Im August wurde eine weitere Befragungswelle (Welle 16) zu demselben Thema durchgeführt. Demnach beteiligte sich mittlerweile fast ein Drittel der Betriebe mit einem eigenen Angebot. Bei diesem auf den ersten Blick relativ geringen Anstieg gegenüber Juni ist aber zu berücksichtigen, dass die entsprechende Frage auf die jeweils aktuelle Situation abstellt („Bietet Ihr Betrieb den Beschäftigten aktuell betriebsärztlich begleitete Corona-Impfungen an?“).

Betriebe, die ihren Beschäftigten bereits ein Impfangebot gemacht haben, sich aber aktuell nicht mehr beteiligen, können sich in der Befragung in zwei Kategorien einsortieren. Entweder sie geben an „nein, nicht geplant“ – dies sind gegenwärtig 18 Prozent der Betriebe. Oder sie geben an, ihren Beschäftigen bereits Impfungen angeboten zu haben. Damit zählen sie zu denjenigen 46 Prozent der Betriebe mit Betriebsarzt, die erklären, dass ihre Beschäftigten bereits ein Angebot erhalten haben. Nur noch 4 Prozent der Betriebe erklärten im August, dass sie ein Impfangebot planen.

Vor allem größere Betriebe unterstützen die Impfkampagne

Dabei sind es vor allem größere Betriebe mit mehr als 250 Beschäftigten, die ihrem Personal betriebsärztliche Impfungen anbieten. 61 Prozent von ihnen bieten ihren Beschäftigten aktuell Impfungen an, nur noch 2 Prozent geben an, ein entsprechendes Angebot erst zu planen. Kleinere Betriebe hingegen bieten nach eigenen Angaben deutlich seltener Impfungen an: So impft nur knapp jeder vierte Betrieb mit unter 10 Beschäftigten und knapp jeder dritte Betrieb mit 10 bis 49 Beschäftigten seine Belegschaftsangehörigen gegen Covid-19 (ausführliche Daten finden Sie auf der IAB-Website unter „Aktuelle Daten und Indikatoren“).

Vergleichsweise wenig geimpft wird derzeit auch im Baugewerbe sowie im Bildung-, Gesundheits- und Sozialwesen. Allerdings wurden im zuletzt genannten Bereich bereits viele Beschäftigte frühzeitig geimpft, sodass ein entsprechendes Angebot derzeit vielfach nicht mehr erforderlich ist. Betriebe, die aktuell überdurchschnittlich häufig impfen, finden sich demgegenüber im Bereich Verkehr und Lagerei.

Viele Beschäftigte haben bereits ein Impfangebot erhalten

Bei der Interpretation der Ergebnisse zur Beteiligung an der Impfkampagne ist folgender Sachverhalt zu berücksichtigen: Die Kategorie „Beschäftigte hatten bereits ein Impfangebot“ wurde als sogenannte „stille“ Kategorie erhoben. Sie wurde nur verwendet, wenn die Befragten den durch die Kategorie abgebildeten Sachverhalt von sich aus erwähnten. Sie wurde also nicht automatisch durch den Interviewer angeboten. Dies soll den Einfluss von sozial erwünschtem Antwortverhalten reduzieren. Es kann allerdings dazu führen, dass sich Betriebe, die seit August keine Impfungen mehr anbieten, in die Kategorie „Nein, nicht geplant“ einsortieren. Daher wurden alle Betriebe, die diese Kategorie gewählt hatten, zusätzlich nach den Gründen gefragt, weshalb sie aktuell nicht impfen und dies auch nicht planen.

Tatsächlich besteht der mit Abstand von den meisten Betrieben (98 Prozent) genannte Grund darin, dass die Beschäftigten kein Angebot mehr benötigen. Damit relativiert sich der in Tabelle 1 ausgewiesene Anteil von 18 Prozent der Betriebe, die im August „nein, nicht geplant“ angegeben hatten, deutlich. Faktisch fallen diese nämlich ganz überwiegend in die Kategorie derjenigen Betriebe, bei denen viele Beschäftigte bereits früher ein Angebot erhalten hatten. Damit erhöht sich der Anteil von 46 auf rund 63 Prozent aller Betriebe mit Betriebsarzt. In etwas mehr als jedem vierten dieser Betriebe bestand der Bedarf im August auch deswegen nicht mehr, weil diese zumindest einem Teil ihrer Beschäftigten selbst betriebsärztliche Impfungen angeboten hatten.

Es gibt allerdings noch weitere Gründe, warum Betriebe von Impfungen absehen. So scheuen 69 Prozent der Betriebe mit Betriebsarzt den mit Impfungen verbundenen Aufwand (siehe Tabelle 2). Mit 68 Prozent führen sie fast ebenso häufig an, dass dafür kein geeignetes Personal zur Verfügung steht. Immerhin 37 Prozent der Betriebe kritisieren, dass die haftungsrechtlichen Folgen nicht hinreichend klar sind.

Aus Tabelle 2 geht hervor, warum Betriebe mit Betriebsarzt im August 2021 ihre Beschäftigten nicht geimpft haben. Der mit 98 Prozent am häufigsten genannte Grund ist, dass die Beschäftigten kein Angebot mehr benötigen. 69 Prozent scheuen den mit Impfungen verbundenen Aufwand, 68 Prozent führen an, dafür kein geeignetes Personal zu haben. Für 37 Prozent sind die haftungsrechtlichen Folgen nicht hinreichend klar. Andere Gründe spielen demgegenüber eine deutlich geringere Rolle. Quelle: Betriebsbefragung „Betriebe in der Covid-19-Krise“. © IAB

Fazit

Aktuell bietet etwa jeder dritte Betrieb mit Betriebsarzt seinen Beschäftigten Impfungen an. Hinzu kommt ein substanzieller Anteil an Betrieben, die berichten, dass viele ihrer Beschäftigten bereits vorher die Möglichkeit hatten, sich impfen zu lassen, sodass ein betriebliches Impfangebot nunmehr nicht mehr erforderlich sei. 28 Prozent dieser Betriebe hatten vorher selbst Impfungen angeboten. Unter den Betrieben mit Betriebsarzt dürfte es also derzeit nur noch wenige Betriebe geben, die die Impfkampagne nicht unterstützen. Allerdings könnte deren Unterstützung erneut vonnöten sein, falls künftig Auffrischungsimpfungen in großem Stil durchgeführt werden müssen.

Schließlich ist zu bedenken, dass die bisherigen betrieblichen Impfaktionen nur die Betriebe mit Betriebsarzt umfassen. Damit sind immerhin 75 Prozent aller Betriebe aktuell nicht einbezoge,  auch wenn es sich dabei ganz überwiegend um kleinere Betriebe handelt. Selbst wenn diese Betriebe häufig nicht über die Ressourcen für eigene Impfaktionen verfügen, könnten sie unter ihren Beschäftigten zumindest für Impfungen werben oder ihnen entsprechende Anreize bieten, etwa indem sie ihren Beschäftigten den Impftermin als Arbeitszeit gutschreiben.

Die deutsche Wirtschaft ist hier insgesamt gefordert, denn eine hohe Impfquote unter den Beschäftigten sollte auch im wohlverstandenen Eigeninteresse eines jeden Betriebs liegen.

 

Bellmann, Lutz; Gleiser, Patrick; Hensgen, Sophie; Kagerl, Christian ; Kleifgen, Eva; Leber, Ute; Moritz, Michael; Pohlan, Laura; Roth, Duncan; Schierholz, Malte ; Stegmaier, Jens; Umkehrer, Matthias (2021): Viele Betriebe unterstützen die Impfungen gegen Covid-19, In: IAB-Forum 6. September 2021, https://www.iab-forum.de/viele-betriebe-unterstuetzen-die-impfungen-gegen-covid-19/, Abrufdatum: 17. November 2024