24. November 2023 | Podium
Bei der Arbeitskräftesicherung gilt es, jeden Hebel zu nutzen
Max Gerber , Vincent Schulz , Markus Janser , Andrea Kargus , Martin Schludi , Ehsan Vallizadeh
Trotz Beschäftigung auf Rekordniveau suchen viele Betriebe händeringend nach Personal – selbst bei der aktuellen Konjunkturschwäche. Auf der diesjährigen Tagung „Wissenschaft trifft Praxis“, die unter der Überschrift „Arbeitskräftesicherung“ stand, wurden Lösungsansätze aus der Sicht von Betrieben, Gewerkschaften, der Bundesagentur für Arbeit, der Politik und der Wissenschaft diskutiert. Die Konferenz fand am 25. und 26. Oktober dieses Jahres auf Einladung des IAB in Nürnberg statt.
Fitzenberger: Die demografische Entwicklung wird den Fachkräftemangel massiv verschärfen
Zu Beginn warnte Professor Bernd Fitzenberger, Direktor des IAB, davor, dass die demografische Entwicklung den Fachkräftemangel massiv verschärfen wird. Fitzenberger sieht hier insbesondere die Ausbildung als einen wichtigen Baustein zur Fachkräfte- und Arbeitskräftesicherung. Doch die Probleme sind auch dort bereits virulent. So verwies Fitzenberger auf den stetigen Rückgang an jungen Menschen in Ausbildung. Zudem habe sich die Mismatch-Problematik verschärft.
Die Nichtbesetzungsquote nehme bei den Ausbildungsplätzen seit Jahren stark zu, obwohl es prinzipiell ein großes Potenzial an jungen Menschen mit Interesse an einer Ausbildung gebe. Außerdem sei die Abbruchquote alarmierend hoch. Eine Ausbildungsgarantie sieht Fitzenberger als Ultima Ratio grundsätzlich positiv.
Kaiser: Arbeit und Integration bedingen sich gegenseitig
Dr. Yvonne Kaiser, Abteilungsleiterin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), betonte anschließend in ihrem Impulsvortrag, dass Bildungseinrichtungen, Kommunen, Länder und Betriebe gemeinsam agieren müssen, um die Herausforderungen der demografischen Transformation zu meistern. Die Bundesregierung könne dies nicht im Alleingang leisten.
Kaiser sprach sich dafür aus, das Hauptaugenmerk auf eine zeitgemäße Ausbildung, gezielte Weiterbildung, eine Anpassung der Arbeitskultur und auf die Zuwanderung von ausländischen Fachkräften zu legen. Hier sei der Spracherwerb die größte Herausforderung. Auch stünden die Arbeitgeber in der Verantwortung, die Betroffenen zu unterstützen, denn Arbeit und Integration bedingten sich gegenseitig.
Brücker: Wir müssen anerkennen, dass Migrantinnen und Migranten nicht unbedingt schlechtere, aber andere Qualifikationen haben
Professor Herbert Brücker, Leiter des Forschungsbereichs „Migration, Integration und internationale Arbeitsmarktforschung“ am IAB und Co-Direktor des Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung, ging in seiner Keynote (diese ist auch als Video verfügbar) auf Chancen und Herausforderungen der Arbeitsmigration in Deutschland ein.
Durch Mobilisierung des inländischen Potenzials ließe sich der drohende Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials nach Brückers Einschätzung nur um 1,5 bis 1,8 Millionen Personen reduzieren. Um das Erwerbspersonenpotenzial konstant zu halten, bedürfe es zusätzlich einer Nettomigration von 400.000 Personen pro Jahr. Dies jedoch erfordert laut Brücker 1,5 bis 1,6 Millionen Zuzüge pro Jahr, da viele Zugewanderte nicht dauerhaft in Deutschland bleiben.
Insbesondere bei Menschen mit Hochschulabschluss sei die Wanderungsbereitschaft sehr hoch, so Brücker. Dies verringere die Bindung an den deutschen Arbeitsmarkt. Migrantinnen und Migranten kehrten außerdem häufiger wieder in ihre Heimat zurück als früher. „Die aktuelle deutsche Integrationspolitik unterstellt jedoch immer noch, dass die Menschen dauerhaft bleiben“, kritisierte der IAB-Forscher.
Darüber hinaus sinke das Migrationspotenzial aus den osteuropäischen EU-Staaten, weil das Pro-Kopf-Einkommen dort stark gestiegen ist und die jungen migrationsbereiten Bevölkerungsgruppen schon zu erheblichen Teilen ausgewandert sind. Nichtsdestotrotz sei Deutschland immer noch ein sehr attraktives Einwanderungsland.
Zugleich, so Brücker, nehmen Polarisierungstendenzen an beiden Enden der Qualifizierungsskala zu. Der Migrantenanteil sei vor allem bei Helfern und Akademikerinnen und Akademikern gewachsen, nicht aber bei Fachkräften. Zudem hätten Geflüchtete mit Hochschulabschluss schlechtere Chancen auf eine Beschäftigung außerhalb von Helfertätigkeiten als Arbeitsmigranten – auch wenn diese keine Ausbildung haben. Die Integration funktioniere insgesamt aber gut, denn die Erwerbsquoten nähern sich an die der nicht migrantischen Bevölkerung an.
Abschließend warnte Brücker: „Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, dass Leute aus dem Ausland identisch qualifiziert sind. Das Einwanderungsrecht muss endlich anerkennen, dass Migrantinnen und Migranten nicht unbedingt schlechtere, aber andere Qualifikationen mitbringen. Das ist ein Gewinn für den Arbeitsmarkt, solange sie einen Arbeitsplatz finden.“
Köhler-Geib: Arbeit braucht insgesamt ein positiveres Image in Deutschland
In Deutschland ist die Fachkräfteknappheit auch laut KfW/ifo-Fachkräftebarometer historisch hoch. Dies bedrohe die Wettbewerbsfähigkeit des Mittelstands, warnte Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zu Beginn ihrer Keynote (diese ist auch als Video verfügbar). Fehlende Fachkräfte bremsten auch Digitalisierungsaktivitäten und Klimaschutzinvestitionen.
Die Ökonomin weiß sich zudem mit Herbert Brücker einig, dass Deutschland Zuwanderung benötigt, um den Rückgang des inländischen Arbeitskräfteangebots zu kompensieren. Zugleich sei es an der Zeit, die Arbeitgeberattraktivität und die Arbeitsmotivation in Deutschland zu erhöhen, um die Erwerbsquote zu steigern. Die Erwerbsquote der 15- bis 64-Jährigen müsste insgesamt um weitere 10 Prozentpunkte zulegen, um die Relation zwischen den Erwerbspersonen dieser Altersklasse und der Gesamtbevölkerung konstant zu halten – bei den noch Älteren sogar um 19 Prozentpunkte.
Es gehe um bessere Anreize für die Erwerbstätigkeit von Frauen, zum Beispiel durch mehr professionelle Kinderbetreuung, Anreize für einen späteren Renteneintritt oder auch eine Erleichterung der Einwanderung von Fachkräften. „Arbeit braucht insgesamt ein positiveres Image in Deutschland“, forderte Köhler-Geib. Außerdem gebe es noch großes Potenzial bei der bedarfsgerechten Weiterbildung und Digitalisierung. Insbesondere transformationsrelevante Unternehmen würden bereits jetzt sehr stark auf Weiterbildung als Instrument zur Fachkräftesicherung setzen.
In vier Workshops wurden ausgewählte Aspekte der Thematik vertieft behandelt.
Workshop 1a: „Arbeitsmarktpotenziale ausschöpfen: Anreize und Handlungsoptionen“
Heinecke: Als Antwort auf die sinkenden Ausbildungszahlen haben wir ein Rundum-Konzept erstellt
Bei der Ausschöpfung von Arbeitsmarktpotenzialen spielt Ausbildung eine sehr wichtige Rolle. Nadine Heinecke, Personalleiterin und Mitglied der Geschäftsleitung der Fürst Gruppe mit Sitz in Nürnberg, berichtete, wie es dem 1906 gegründeten Familienunternehmen gelingt, trotz aller aktuellen Herausforderungen erfolgreich Auszubildende für sich zu gewinnen und an sich zu binden.
Die Fürst Gruppe, ein Multi-Dienstleister in den Geschäftsbereichen Sauberkeit, Sicherheit, Personal und Outsourcing mit rund 3.600 Beschäftigten an neun Standorten, bildet in neun Ausbildungsberufen aus, unter anderem in den Bereichen Büromanagement, Personaldienstleistung, Gebäudereinigung und IT. In den letzten Jahren wurde es für den Mittelständler allerdings immer schwieriger, Auszubildende für sich zu begeistern.
Fürst startete daher eine Ausbildungsoffensive und entwickelte hierfür ein „Rundum-Konzept“, so Nadine Heinecke. Dieses Konzept beinhaltet die vier Aspekte „Finden“, „Binden“, „Teilhaben“ und „Botschaften“. Es setzt bei einer modernen Ansprache im Recruiting an, geht weiter über eine herzliche und wertschätzende Begrüßung, abwechslungsreiche Einsatzgebiete in den unterschiedlichsten Abteilungen und ein Azubi-Kompetenzzentrum zur Entwicklung persönlicher Kompetenzen bis hin zu individuellen Perspektiven nach Abschluss der Lehrzeit.
Heinecke wies darauf hin, dass junge Menschen nur noch online erreichbar seien, insbesondere über die sozialen Medien. Das Unternehmen hat sich bei der Suche nach Auszubildenden entsprechend aufgestellt und setzt dabei auch auf Markenbotschafter in Person von Azubis und Angestellten. Es behält zudem nicht nur die fachliche, sondern auch die persönliche Entwicklung seiner Auszubildenden im Blick, indem es sie dabei unterstützt, soziale Kompetenzen aufzubauen und weiterzuentwickeln. Weitere Kernpunkte sind die Vermittlung von Sinnhaftigkeit und Entwicklungsperspektiven durch ein großes Weiterbildungsangebot. Nadine Heinecke betonte auch die Bedeutung starker Partner wie die Kammern, die Agentur für Arbeit und die (Berufs-)Schulen.
Fürst hat mit seinem Konzept laut Heineckes Ausführungen beachtlichen Erfolg: Aktuell werden dort 38 Azubis ausgebildet. Die Übernahmequote beträgt 95 Prozent, die Abbruchquote liegt bei null. 2022 wurde das Unternehmen als Ausbildungsbetrieb ausgezeichnet.
Wrohlich: Wir müssen den Ausbau von Kindertagesstätten sowohl quantitativ als auch qualitativ weiter voranbringen
Die Erwerbsbeteiligung von Frauen in Deutschland ist in den vergangenen 20 Jahren stark gestiegen und liegt mittlerweile deutlich über dem Durchschnitt der OECD-Länder. Diese Entwicklung beruht allerdings nahezu vollständig auf dem Anstieg der Teilzeit-Erwerbstätigkeit. So ist auch die Teilzeitquote von Frauen hierzulande deutlich höher als im OECD-Durchschnitt.
Nach Katharina Wrohlich steht daher nicht mehr im Vordergrund, dass Frauen überhaupt eine Erwerbstätigkeit aufnehmen, sondern dass sie ihre Arbeitszeit ausweiten und insbesondere nicht nur einen Minijob ausüben. Die Professorin für Öffentliche Finanzen, Gender- und Familienökonomie an der Universität Potsdam und Leiterin der Forschungsgruppe „Gender Economics“ am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin befasste sich daher mit der Frage, wie sich das Arbeitsangebot von Frauen durch Maßnahmen der Steuer- und Familienpolitik erhöhen lässt.
Wrohlich sprach sich zum einen dafür aus, den Ausbau der Kindertagesstätten sowohl quantitativ als auch qualitativ weiter voranzubringen. Aufgrund großer politischer Anstrengungen habe es hier zwar erhebliche Fortschritte gegeben. Gleichzeitig sei aber auch die Nachfrage sehr stark gestiegen, sodass immer noch Mangel herrsche. Sie plädierte zum anderen dafür, beim Elterngeld stärkere Anreize für eine partnerschaftliche Aufteilung der Kinderbetreuung zwischen Müttern und Vätern zu setzen. Da die meisten Väter nach wie vor nur zwei Monate Elternzeit nähmen, gebe es hier noch Luft nach oben.
Im Steuer- und Transfersystem sei es erforderlich, sowohl das Ehegattensplitting als auch die Minijobs zu reformieren. Denn durch das Zusammenspiel von Ehegattensplitting, steuerlicher Behandlung der Einkünfte aus Minijobs und beitragsfreier Mitversicherung von Ehepartnern in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) seien die finanziellen Anreize für Zweitverdiener – typischerweise verheiratete Frauen – (teilweise) sehr gering, die Arbeitszeit über die Minijob-Grenze hinaus auszudehnen.
Wrohlich sprach sich dafür aus, das Ehegattensplitting hin zu einer Individualbesteuerung mit übertragbarem Grundfreibetrag zu reformieren und Minijobs abzuschaffen – mit Ausnahmen für Schüler*innen, Studierende und Rentner*innen. Aus ihrer Sicht stellt sich außerdem die Frage nach Alternativen zur beitragsfreien Mitversicherung von Ehepartnern in der GKV.
Wiemers: Eine Erhöhung von monetären Arbeitsanreizen durch institutionelle Reformen ist keine leichte Aufgabe
Jürgen Wiemers, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Forschungsgruppe „Grundsicherungsbezug und Arbeitsmarkt“ am IAB, nahm bei der Frage, wie sich durch institutionelle Reformen monetäre Arbeitsanreize erhöhen lassen, ebenfalls das Steuer- und Transfersystem in den Blick. Sein Augenmerk galt dabei Beschäftigten im Niedriglohnbereich.
Wiemers ging zunächst auf die Hemmnisse bei der Ausweitung des Arbeitsangebots ein, die im aktuellen System der bedarfsgeprüften Leistungen, also Bürgergeld, Wohngeld und Kinderzuschlag, bestehen. Dieses System sei geprägt durch hohe effektive Grenzbelastungen, Konkurrenz der Leistungen und hohe Intransparenz für Leistungsberechtigte. Wie Wiemers anhand von Beispielrechnungen zeigte, sind die Anreize, die Arbeit auszuweiten, gering.
Das System bedarfsgeprüfter Leistungen zu reformieren, sei eine große politische Herausforderung, so der IAB-Forscher. Er machte dies am Beispiel einer Reform der Hinzuverdienstregelungen im Zweiten Sozialgesetzbuch deutlich. Wiemers spielte mögliche Reformvarianten durch, klopfte sie im Hinblick auf politische und fiskalische Auswirkungen ab und kam zu dem Schluss, dass sie mit Problemen wie Mehrausgaben oder einer steigenden Zahl von Leistungsberechtigten verbunden sind oder auf der anderen Seite auch Verlierer mit sich bringen, die sich gegenüber dem Staus quo verschlechtern würden.
Die politischen Ziele einer neuen Hinzuverdienstregelung seien jedoch möglichst keine neuen Leistungsbezieher und möglichst keine Verlierer zu produzieren, die ökonomischen Ziele deutlich positive Partizipations- und Arbeitszeiteffekte bei möglichst geringen fiskalischen Kosten zu erzielen. Zielkonflikte seien daher kaum vermeidbar. Es sei zwar möglich, die monetären Anreize zur Aufnahme oder Ausweitung von Erwerbstätigkeit zu erhöhen. Die konkrete Ausgestaltung einer Reform der bedarfsgeprüften Leistungen sei jedoch aufgrund der Zielkonflikte keine leichte Aufgabe.
Wiemers ging auch darauf ein, welche Arbeitsangebotseffekte von Reformvorschlägen aus der Forschung zu erwarten sind. Neuere Studien fordern, dass eine Neuregelung der Hinzuverdienstregelung mit einer Neuordnung des Systems der bedarfsgeprüften Leistungen verbunden werden sollte, weil eine isolierte Betrachtung der Hinzuverdienstregelungen zu kurz greife.
Sein Fazit: Die Neuregelung des Gesamtsystems in Form einer Bündelung von Leistungen ist wünschenswert. Moderate positive Arbeitsangebotseffekte sind zu erwarten. Aber auch unvermeidliche Nebeneffekte wie fiskalische Kosten und die Ausweitung des Kreises der Anspruchsberechtigten. Die Politik habe stattdessen 2020 den Kinderzuschlag und in diesem Jahr das Wohngeld gestärkt. Es gebe bislang keine sichtbaren Bemühungen, die Leistungen zu integrieren.
Workshop 1b: „Arbeitsmarktintegration von zugewanderten Arbeitskräften“
Fendel: Seit Einführung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes hat sich der Anteil an Zuwanderern mit akademischen Abschlüssen erhöht
Insbesondere bei der Arbeitsmarktintegration von zugewanderten Arbeitskräften ist ein hohes Maß an Flexibilität gefragt. Im Workshop betonte Dr. Tanja Fendel vom IAB, dass der Fachkräftemangel langfristig die Wachstums- und Innovationsfähigkeit Deutschlands beeinträchtigt und die Nachhaltigkeit der Sozialsysteme gefährdet.
Eine hohe Bedeutung für die Stabilisierung des Erwerbspotenzials in Deutschland komme der Erwerbsmigration aus Drittstaaten zu. Auf Basis einer gemeinsam von IAB und DIW durchgeführten Stichprobe analysierte Tanja Fendel die Effekte des 2020 in Kraft getretenen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes (FEG). Sie kam zu dem Schluss, dass die Erwerbsmigration aus Drittstaaten von fast 30.000 auf knapp 40.000 Personen gestiegen ist (ohne Wegzüge). Es ließe sich hierbei jedoch schwer sagen, inwieweit die Ergebnisse durch die Corona-Pandemie verzerrt sind.
In jedem Fall habe sich seit Einführung des FEG der Anteil an Zugewanderten mit akademischen Abschlüssen sowie an Frauen stark erhöht. Sie sind laut Fendel im Schnitt relativ jung, akademisch gebildet und häufig in Beschäftigung.
Altenburg: Eine Nettozuwanderung von 400.000 Personen ist ambitioniert, aber nicht unrealistisch
Marc Altenburg vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales befasste sich in seinem Workshop ebenfalls mit dem FEG. „400.000 Personen bei der benötigten Nettozuwanderung sind ambitioniert, aber nicht unrealistisch“, betonte Altenburg zu Beginn seines Vortrags. Die wichtigste Säule des FEG sei die sogenannte „Erfahrungssäule“: Die „Berufserfahrenenregelung“, die eine Qualifikation und Berufserfahrung bei Einreise voraussetzt, erlaubt ab einer bestimmten Gehaltsschwelle die Aufnahme einer Erwerbsarbeit. Dies soll laut Altenburg die Voraussetzungen für einen möglichst flexiblen und unbürokratischen Einsatz von qualifizierten Fachkräften schaffen.
In eine ähnliche Richtung geht die Chancenkarte, die ab dem 1. Juni 2024 wirksam werden soll. Dabei geht im Wesentlichen darum, anhand eines Punktesystems die Einreise zum Zweck der Arbeitsplatzsuche zu erleichtern. So hofft die Regierung auf eine Signalwirkung dieser Neuregelung für internationale Fachkräfte.
Fernandez: Die nachhaltige Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland ist eher Manufaktur als Fließbandarbeit
Eine Perspektive aus der Praxis der Fachkräfterekrutierung im Ausland lieferte Marcel Fernandez von der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). Fernandez präsentierte Einblicke und Ergebnisse aus einer idealtypischen Akquise ausländischer Fachkräfte für IHK-Berufe.
Sein Team hat Fachkräfte aus zehn Berufsgattungen, zum Beispiel aus der Elektrotechnik, der Informations- und Telekommunikationstechnik oder dem Gastronomieservice in Brasilien, Vietnam und Indien angeworben und umfassend betreut. Die Fachkräfte wurden bei der sprachlichen Qualifizierung, bei Vorstellungsgesprächen sowie Visa- und Einreiseprozessen unterstützt.
„Die nachhaltige Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland ist eher Manufaktur- als Fließbandarbeit“, betonte Fernandez. Das Projekt soll eine optimale Eingliederung der Beschäftigten in Deutschland gewährleisten und unterstützen.
Deutschkenntnisse sind nach Fernandez‘ Einschätzung ein zentrales Element in diesem Prozess. Obwohl die Fachkräfte bereits ein gewisses Sprachniveau mitbringen (A2- oder B1-Niveau), würden manche Unternehmen dennoch Vorstellungsgespräche mit Bewerbern ablehnen, die diese noch nicht auf Deutsch führen können – trotz bezahltem Dolmetscher.
B1 sei vielen Unternehmen nicht genug. Dies zeigt laut Fernandez, dass sich der Fachkräftebedarf nicht automatisch in eine Bereitschaft insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen übersetzt, Kompromisse einzugehen, damit dieser Fachkräftebedarf auch gedeckt werden kann.
Workshop 2a: „Personalbedarf und Rekrutierung“
Lehner: Unser Wettbewerb soll dazu beitragen, Best-Practice-Beispiele zur Fachkräftesicherung bei Unternehmen bekannter zu machen
Antonia Lehner, Referentin für Fachkräftesicherung bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Nürnberg für Mittelfranken, berichtete über den „IHK-Innovationspreis Fachkräfte“, den der Ausschuss für Fachkräftesicherung der IHK Nürnberg für Mittelfranken auch 2023 vergeben hat. Prämiert wurden innovative und engagierte Unternehmen aus der Region, die kreativ und wirkungsvoll dem Fachkräftemangel begegnen.
„Unser Wettbewerb soll dazu beitragen, Best-Practice-Beispiele zur Fachkräftesicherung bei Unternehmen bekannter zu machen“, erklärte Lehner. Bewertungskriterien waren laut Lehner Kreativität, die Übertragbarkeit auf andere Unternehmen, eine messbare Wirkung, Nachhaltigkeit, eigenes Employer Branding und Diversität. Von den fünf Unternehmen, die ins Finale gekommen waren, machte am Ende die CG TEC Carbon und Glasfasertechnik GmbH in Spalt das Rennen. Die Auszeichnung würdigt das Konzept des Unternehmens, das mit Firmenkooperationen und Azubi-Events für eine vielfältige Ausbildung ihrer Nachwuchskräfte sorgt.
Bereits vor einigen Jahren hatte CG TEC begonnen, zusammen mit anderen Unternehmen aus der Region eine Kinderferienbetreuung einzurichten. Weiterhin bieten die beteiligten Firmen ihren Auszubildenden gemeinsame Schulungen an. Zudem gibt es einen „Azubi-Tausch“, bei dem die Nachwuchskräfte die jeweils anderen Betriebe für ein bis zwei Wochen pro Jahr kennenlernen.
Gürtzgen: Als besonders erfolgreiche Rekrutierungskanäle haben sich persönliche Kontakte erwiesen
Prof. Nicole Gürtzgen, Leiterin des Forschungsbereichs „Arbeitsmarktprozesse und Institutionen“ am IAB, präsentierte in ihrem Vortrag aktuelle Zahlen zum Fachkräftebedarf und zu Wegen der Personalgewinnung auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Laut Gürtzgen deuten alle verfügbaren Indikatoren aus der IAB-Stellenerhebung darauf hin, dass die Arbeitsmarktanspannung in den letzten Jahren erheblich zugenommen hat.
„Als besonders erfolgreiche Rekrutierungskanäle haben sich persönliche Kontakte erwiesen“, sagte Gürtzgen. Dieser Rekrutierungsweg führte nach ihrer Analysen im vergangenen Jahr bei 37 Prozent der Stellenbesetzungen zum Erfolg. Zum Vergleich: Internet-Jobbörsen (ohne die Bundesagentur für Arbeit) oder die eigene Firmen-Homepage haben nur in 20 beziehungsweise 14 Prozent der Fälle zu Neueinstellungen geführt.
Außerdem, so Gürtzgen, beenden Beschäftigte, die über persönliche Kontakte rekrutiert wurden, ihren neuen Job zumindest im ersten Jahr nach Jobbeginn seltener als Beschäftigte, die über andere Wege ins Unternehmen kamen.
Plentinger: Jede ungeeignete Besetzung kostet Unternehmen rund 80.000 Euro
Michael Plentinger, Geschäftsführer der Greple GmbH, stellte sein Konzept der Verbindung von Eignungsdiagnostik und Kompetenzmanagement vor. Der Softwareentwickler unterstützt Organisationen dabei, mithilfe datenbasierter Verfahren die Kompetenzen ihrer Beschäftigten zielgerichtet weiterzuentwickeln, sodass diese möglichst gut zu den Anforderungen der Unternehmen passen.
Plentinger betonte: „Fehlbesetzungen kosten Unternehmen rund 80.000 Euro je ungeeigneter Besetzung.“ Damit das nicht passiert, nutze Greple künstliche Intelligenz, um auf Basis von über 14.000 definierten Kompetenzen individuelle Karriereoptionen zu ermitteln.
Unternehmen können es sich nach seiner Überzeugung nicht leisten, ohne fundierter Datenbasis zu rekrutieren. Hybride Personalentscheidungen, die sich sowohl auf das menschliche Urteil als auch auf datenbasierte Analyse stützen, führten zu den besten Ergebnissen in der beruflichen Orientierung, so Plentinger.
Workshop 2b: „Ausbildung und Fachkräftesicherung in der ökologischen Transformation“
Mense: Green-Skills-Berufe scheinen weniger unter dem demografischen Wandel zu leiden
Dr. Andreas Mense, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsbereich „Regionale Arbeitsmärkte“ am IAB, stellte die Ergebnisse eines aktuellen IAB-Kurzberichts zum Thema „Ausbildungsmarkt und ökologische Transformation“ vor. Auszubildende würden sich zunehmend für Berufe mit potenziell umweltfreundlichen Tätigkeiten, sogenannten Green Skills, entscheiden. Die Zahl der begonnenen Ausbildungsverhältnisse in Berufen mit potenziell umweltschädlichen Tätigkeiten („Brown Skills“) sei hingegen stark zurückgegangen.
Mense schilderte zunächst, wie das Autorenteam mit Hilfe des am IAB entwickelten „Greenness-of-Jobs-Index (GOJI)“ das Umweltschutzpotenzial verschiedener Berufe gemessen hat. Der Bedarf an Auszubildenden bei Berufen mit „Green Skills“ hat demnach stark zugenommen: Die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen in diesen Berufen stieg zwischen 2013 und 2022 um 26,8 Prozent, während bei den Berufen mit „Brown Skills“ im gleichen Zeitraum ein Rückgang um 10,5 Prozent zu verzeichnen war. Gleichzeitig schrumpfte die Zahler der Bewerber*innen zwar in allen Berufsfeldern, bei Berufen mit „Brown Skills“ aber mit 48,3 Prozent sehr viel stärker als bei Berufen mit „Green Skills“ (-3,7 Prozent).
Bei der Zahl der tatsächlich realisierten neuen Ausbildungsverhältnisse tritt ein noch stärker Unterschied der beiden Berufsfelder zu Tage: Während die Zahl der neuen Ausbildungsverhältnisse in Berufen mit „Brown Skills“ zwischen 2013 und 2022 um 15 Prozent sank, stieg die Zahl bei Berufen mit „Green Skills“ im gleichen Zeitraum um 14 Prozent.
Mense betonte zudem die starken regionalen Unterschiede, die unter anderem der demografischen Struktur und dem lokalen Transformationsdruck geschuldet seien. „Green-Skills-Berufe scheinen weniger unter dem demografischen Wandel zu leiden,“ erklärte er. Jeder Beruf, so das Fazit der Studie, habe das Potenzial, umweltfreundlicher zu werden, was auch dessen Attraktivität erhöhen könne.
Michailowa: Die ökologische Transformation stellt uns auch in der Ausbildung vor Herausforderungen
Steffi Michailowa, Head of Learning & Development bei der Thermondo GmbH, dem mit gut 800 Beschäftigten größtem Heizungsinstallationsbetrieb in Deutschland, berichtete von ihren Erfahrungen in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung und von der großen Dynamik, die mit dem derzeitigen Haupttätigkeitsfeld des Betriebs, der bundesweiten Installation von Wärmepumpen, einhergeht.
Dass neben 500 Beschäftigten im Handwerk dank der IT-optimierten Geschäftsprozesse auch über 50 Personen im IT-Bereich des Unternehmens arbeiten, zeigt eindrücklich, dass ökologische und digitale Transformation häufig Hand in Hand gehen (lesen Sie dazu auch ein 2020 im IAB-Forum erschienenes Interview mit Florian Lehmer und Markus Janser). Die Thermondo GmbH befindet sich dabei gerade selbst in einer ökologischen Transformation. Das Unternehmen hatte zu Beginn ihrer Gründungsphase vor circa zehn Jahren auch noch Öl- und Gasheizungen verbaut, aber inzwischen das Geschäft mit Ölheizungen ganz aufgegeben. Ende des Jahres sollen auch keine Gasheizungen mehr installiert werden.
Diese Transformation hin zu nicht fossilen Technologien stellt das Unternehmen laut Michailowa auch vor Herausforderungen, da relevante Ausbildungsinhalte für die Energiewende, wie die Installation von modernen Wärmepumpen, in den Ausbildungsordnungen häufig noch zu kurz kommen. Auch die steigenden Anteile von gewerkeübergreifenden Tätigkeiten (Elektrotechnik, Hochbau usw.) und der rasche technologische Wandel in der Gebäudeenergietechnik erhöhen die Ansprüche an die Fachkräfte vor Ort.
Abschließend skizzierte Michailowa mögliche Lösungsansätze: Ausbau der Ausbildungstätigkeit (zum Teil im Verbund mit Partnern), kontinuierliche Weiterbildung mit innovativen Elementen (zum Beispiel ein Weiterbildungs-Truck, der zu den Fachkräften vor Ort fährt) und Kooperationen mit anderen Betrieben. Schließlich hob sie das große Potenzial von anerkannten beruflichen Teilqualifikationen hervor.
Kawohl: Die geografische Lage sowie die Größe und Art des Unternehmens haben den größten Einfluss auf die Wahl des Ausbildungsbetriebs
Steffen Kawohl, Fachreferent für die Themenbereiche „Energiewende“ sowie „Arbeit und Bildung“ beim Deutschen Mittelstands-Bund (DMB), erläuterte in seinem Workshop die Position des DMB und präsentierte Beispiele von „Best Practice“ aus Unternehmen. In den 25.000 Mitgliedsunternehmen des DMB gilt der Fachkräftemangel laut Kawohl als eine der größten aktuellen Herausforderungen. Ausbildung sei hierbei ein wesentlicher Schlüssel zur Eindämmung des Problems.
Laut Kawohl haben die geografische Lage sowie die Größe und Art des Unternehmens den größten Einfluss auf die Wahl des Ausbildungsbetriebs. Umwelt- und Klimaschutzaspekte seien für die Bewerber*innen ebenfalls von zunehmender Bedeutung. Schon jetzt profitierten Betriebe im Wettbewerb um Auszubildende, wenn sie sich verstärkt im Umwelt- und Klimaschutz engagieren – insbesondere, wenn sie mit anderen Betrieben aus dem gleichen Umfeld beziehungsweise der gleichen Branche konkurrieren.
Als ein Beispiel nannte er den Ausbildungstag „Hallo Zukunft” in Hankensbüttel (lesen Sie dazu auch ein Interview mit Aline Henke). Ein weiteres Beispiel für „Gute Praxis“, das Kawohl anführte, handelte von einem Mitgliedbetrieb aus der IT, der eine Ausbildung online durchgeführt und damit sehr positive Erfahrungen gemacht habe.
Nicht zuletzt gilt es, das Image der dualen Berufsausbildung zu verbessern, einen stärkeren Fokus auf die Berufsorientierung zu legen, das Potenzial von vermeintlich schwächeren Bewerber*innen zu sehen und die Bedingungen für Auszubildende – insbesondere die räumliche Erreichbarkeit der Betriebe – zu verbessern.
Ergebnisse aus der Podiumsdiskussion
Im Anschluss an die Workshops diskutierten Vanessa Ahuja, Vorständin Leistungen und Internationales der Bundesagentur für Arbeit (BA), Markus Lötzsch, Hauptgeschäftsführer der IHK Nürnberg für Mittelfranken, Dr. Martin Varga, Referatsleiter beim Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes, und Professor Ulrich Walwei, Vizedirektor des IAB, und über zentrale Lösungsansätze bei der Arbeitskräftekräftesicherung. Die Podiumsgäste erörterten mit Moderatorin Petra Boberg beispielsweise die Notwendigkeit von Synergien zwischen verschiedenen Akteuren sowie die Bedeutung früher Berufsorientierung.
Lötzsch: Wir müssen zusammen agieren, abseits der gewohnten Wege
Markus Lötzsch kritisierte die Trägheit von Prozessen, insbesondere in Bezug auf die Fachkräftezuwanderung. Er betonte, dass aus seiner Sicht kein Erkenntnisdefizit, sondern ein Umsetzungsproblem vorliegt. Beispiel Pflegeheime: Diese hätten in aller Regel hohen bürokratischen Aufwand, aber zu wenig Ressourcen, um ihre Prozesse zu digitalisieren. So fehle zum Beispiel in vielen Einrichtungen WLAN. Er hob außerdem die hohe Schulabbrecherquote hervor.
Anknüpfend daran wies Vanessa Ahuja auf die immer noch zu hohe Zahl an jungen Menschen ohne Schulabschluss beziehungsweise ohne Ausbildung hin. Lötzsch betonte die Bedeutung von Synergieeffekten durch vertiefte Kooperation. So müssten verschiedene Akteure wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die BA und die Betriebe auch abseits der gewohnten Wege zusammenarbeiten. Es sei pragmatisches Handeln gefragt. Als Beispiel nannte er die Bereitschaft der Betriebe, ihre Azubis besser zu coachen.
Ahuja: Zwischen den Behörden ist ein besserer Datenaustausch erforderlich
Vanessa Ahuja unterstrich die Bedeutung der frühzeitigen Berufsorientierung in Vorabgangsklassen und regte an, dies auch in die Lehrpläne zu integrieren. Auch sprach sie sich für einen deutlich besseren Datenaustausch zwischen den Behörden aus, um Prozesse zu beschleunigen und zu erleichtern. Außerdem machte sie deutlich, dass der Beschäftigungszuwachs in den vergangenen Jahren hauptsächlich auf Zuwanderung aus dem Ausland zurückzuführen ist. Vor diesem Hintergrund warnte Ahuja vor den schädlichen Auswirkungen des Rechtspopulismus auf die Wirtschaft: „Rechtspopulismus schadet und blockiert, das muss noch präsenter werden.“
Varga: Der Arbeitskräftemangel ist auch im Zusammenspiel aus demografischen Faktoren und qualifikatorischem Mismatch begründet
Nach Einschätzung von Ulrich Walwei ist Arbeitskräftemangel in wirtschaftlich schwierigen Zeiten struktureller, nicht konjunktureller Natur. Dies stelle ein erhebliches Risiko für Betriebe und Volkswirtschaft dar. Gewerkschafter Varga pflichtete dem bei und sieht den Mangel durch das Zusammenspiel aus demografischen Faktoren und qualifikatorischem Mismatch begründet. Außerdem sprach er die Spaltung des Arbeitsmarktes an: Manche Arbeitgeber verhielten sich durchaus sehr mitarbeiterorientiert, dies treffe aber keineswegs auf den gesamten Arbeitsmarkt zu.
Walwei: Wir müssen alle verfügbaren Hebel betätigen
IAB-Vizedirektor Prof. Ulrich Walwei hob hervor, dass die vielfältigen Maßnahmen zur Arbeitskräftesicherung nicht allein durch die Arbeitsmarktpolitik bewerkstelligt werden können: „Wir müssen alle verfügbaren Hebel betätigen.“ Als Beispiele nannte er Digitalisierung und Diversität. Diese seien insbesondere im Zusammenhang mit jungen Menschen zwei entscheidende Faktoren der Personalgewinnung.
Den Trend, dass gut qualifizierte Arbeitnehmer heute aus einem großen Jobpool auswählen können, betrachtet er als Zeichen dafür, dass Unternehmen flexibler werden müssten. Zudem müsse der wichtige Übergang von Schule zu Ausbildung weiter verbessert werden.
Varga betonte, dass es aus seiner Sicht zwar Engpässe am Arbeitsmarkt, jedoch keinen flächendeckenden Arbeitskräftemangel gibt. So würden beispielsweise etwa 300.000 Menschen wieder in den Pflegebereich zurückkehren, wenn die Bedingungen dort besser wären. Auch forderte er mehr Investitionen in inländische Fachkräfte.
Er verwies zudem auf die Ergebnisse einer Befragung, derzufolge Unternehmen mit guten Arbeitsbedingungen und Tarifbindung bessere Chancen hätten, junge Menschen für eine Ausbildung zu gewinnen. Zudem sprach sich Varga für Instrumente wie eine betriebliche Ausbildungsplatzgarantie aus.
Fitzenberger: Beschäftigte sind ein wichtiges Kapital – Investitionen in Beschäftigte lohnen sich
In seinem Schlusswort wies IAB-Direktor Bernd Fitzenberger nochmals auf das Paradoxon hin, dass Fachkräfte trotz Rekordbeschäftigung vielfach Mangelware sind. Insgesamt sieht er den deutschen Arbeitsmarkt auch für die Zukunft gut aufgestellt. In diesem Zusammenhang erinnerte Fitzenberger daran, dass bereits vor 15 Jahren ein Schrumpfen der Beschäftigung in Deutschland prognostiziert wurde. Das Gegenteil sei eingetreten, es sei also möglich, die Beschäftigung zu steigern. Gleichwohl müsse man sich aller Baustellen annehmen. Beschäftigte, so Fitzenberger, seien ein wichtiges Kapital – Investitionen in Beschäftigte lohnten sich für Betriebe und Gesellschaft.
Bild: NongAsimo/stock.adobe.com
DOI: 10.48720/IAB.FOO.20231124.01
Gerber, Max; Schulz, Vincent; Janser, Markus ; Kargus, Andrea; Schludi, Martin; Vallizadeh, Ehsan (2023): Bei der Arbeitskräftesicherung gilt es, jeden Hebel zu nutzen, In: IAB-Forum 24. November 2023, https://www.iab-forum.de/bei-der-arbeitskraeftesicherung-gilt-es-jeden-hebel-zu-nutzen/, Abrufdatum: 22. November 2024
Autoren:
- Max Gerber
- Vincent Schulz
- Markus Janser
- Andrea Kargus
- Martin Schludi
- Ehsan Vallizadeh