Dass individuelle Eigenschaften einen wichtigen Einfluss darauf haben, wie schnell nicht erwerbstätige Hartz-IV-Bezieherinnen wieder in Beschäftigung kommen, überrascht kaum. Bemerkenswert ist indes, dass die Erwerbserfahrung und der Bildungsstand des Partners ebenfalls eine Rolle spielen können. Mitunter ist es auch die spezifische Kombination der jeweiligen Partnereigenschaften, die einen Unterschied macht. Das zeigt eine in der Zeitschrift „Forum Arbeit“ publizierte IAB-Studie, die für das IAB-Forum überarbeitet wurde.

Die Erwerbsbeteiligung in Westdeutschland war über Jahrzehnte hinweg vom klassischen Alleinverdienermodell geprägt: Der Mann arbeitete Vollzeit, die Frau blieb daheim und kümmerte sich um Haushalt und Kinder. Auch wenn dieses Modell heutzutage an Bedeutung verloren hat, hängen die Beschäftigungschancen von Frauen noch immer nicht allein von deren individuellen Eigenschaften wie Bildung und Erwerbserfahrung ab, sondern auch von denen des Partners. So zeigen verschiedene internationale Studien, dass ein hohes Einkommen des Partners eine traditionelle Rollenaufteilung mit nur geringer Erwerbsbeteiligung der Frau begünstigen kann. Widersprüchlich hingegen sind die Ergebnisse verschiedener Studien zu der Frage, wie die Bildung des Partners den Erwerbseinstieg von Frauen beeinflusst.

Um die Frage zu beantworten, welche Faktoren die Beschäftigungschancen von Bezieherinnen von Arbeitslosengeld II (ALG II) in Westdeutschland erhöhen beziehungsweise mindern (Ostdeutschland wurde nicht untersucht), wurden neben den persönlichen Eigenschaften der betroffenen Frauen auch die des Partners in den Blick genommen.

Dies ist insofern von besonderer Bedeutung, als es sich beim ALG II um eine Haushaltsleistung beziehungsweise eine Leistung handelt, die für eine Bedarfsgemeinschaft gezahlt wird. So sollen laut Gesetz alle Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft dazu beitragen, durch eigene Erwerbstätigkeit die Bedürftigkeit des Haushalts zu reduzieren. Dies betrifft natürlich auch Frauen aus Haushalten mit ehemals traditioneller Arbeitsteilung. Ob Paare bereit sind, eine ehemals eingespielte Rollenaufteilung auf gesetzlichen Druck hin zu ändern, ist indes eine offene Frage, der im Folgenden nachgegangen wird.

Frauen mit hoher Erwerbserfahrung kommen sehr viel schneller wieder in Beschäftigung

Ein wichtiger Faktor, der sich positiv auf die Chancen von ALG-II-Bezieherinnen in Westdeutschland auswirkt, wieder in Beschäftigung zu kommen, ist ihre persönliche Erwerbserfahrung. Bei Frauen mit höherer Erwerbserfahrung sind die Eintrittsraten in Beschäftigung – andere Faktoren herausgerechnet – mehr als doppelt so hoch als bei ihren Geschlechtsgenossinnen mit weniger Erwerbserfahrung (siehe Abbildung 1).

Grafik "Übergang nicht erwerbstätiger ALG-II-Bezieherinnen in Beschäftigung nach eigener Erwerbserfahrung und der Erwerbserfahrung des Partners"

Zudem spielt hier die Erwerbserfahrung des Partners eine Rolle. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn vor Eintritt in den ALG-II-Bezug eine traditionelle Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau im eingangs beschriebenen Sinne vorlag. Dies dürfte am ehesten dann der Fall sein, wenn die Frau selbst über wenig, ihr Partner aber über eine hohe Erwerbserfahrung verfügt. Tatsächlich fallen die Erwerbseintrittsraten dieser Frauen niedriger aus als in anderen Konstellationen.

Frauen mit hoher Erwerbserfahrung finden deutlich schneller wieder in Arbeit – unabhängig von der Erwerbserfahrung ihres Partners. Und auch Frauen mit geringer Erwerbserfahrung schneiden interessanterweise etwas besser ab, wenn deren Partner ebenfalls über eine geringe Erwerbserfahrung verfügt.

Frauen ohne Schulabschluss haben schlechtere Beschäftigungschancen

Der Bildungsabschluss der beiden Partner beeinflusst ebenfalls die Beschäftigungschancen von ALG-II-Bezieherinnen. In Bezug auf ihren eigenen Schulabschluss haben Frauen mit Haupt- oder Realschulabschluss die höchsten Erwerbseintrittsraten. Ihre Übergangsraten in Beschäftigung sind, wenn man wiederum andere Faktoren herausrechnet, um 22 beziehungsweise 28 Prozent höher als bei Frauen ohne Schulabschluss (siehe Abbildung 2). Bei Frauen mit Fach- oder Hochschulreife liegen die Erwerbseintrittsraten um 17 beziehungsweise 15 Prozent höher als bei Frauen ohne Schulabschluss. Ein Schulabschluss erhöht also die Erwerbschancen westdeutscher Frauen, die Arbeitslosengeld II beziehen, deutlich.
Aber auch der Bildungsabschluss des Partners kann eine Rolle spielen. So ließe sich vermuten, dass Partner mit höherer Bildung ein stärker egalitäres Rollenverständnis aufweisen und die Partnerin stärker dabei unterstützen, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Zudem können sie mehr Hilfe beim Schreiben von Bewerbungen leisten.

Die empirischen Befunde bestätigen diese Vermutung jedoch nur teilweise. So wirkt sich ein Haupt- oder Realschulabschluss des Partners – im Vergleich zu einem fehlenden Schulabschluss – in der Tat positiv auf die Übergangschancen der Frauen in Beschäftigung aus (siehe Abbildung 2). Überraschend ist indes, dass die Erwerbseintrittsraten von Frauen, deren Partner die Fachhochschul- oder Hochschulreife haben, sogar leicht niedriger sind als die von Frauen mit Partner ohne Hochschulabschluss. Eine Erklärung hierfür ist, dass es insgesamt wenige Personen mit Fachhochschul- oder Hochschulreife in der Stichprobe der ALG-II-Bezieher gibt. Dies ist somit eine hoch selektive Gruppe, die weitere Hemmnisse beziehungsweise Erwerbshindernisse aufweist, die im Rahmen dieser Analyse nicht berücksichtigt werden konnten.
Grafik "Übergang nicht erwerbstätiger ALG-II-Bezieherinnen in Beschäftigung nach eigener Bildung und Bildung des Partners"

Fazit

Die Erwerbschancen von Grundsicherungsbezieherinnen sind zumindest in Westdeutschland besonders gering, wenn sie über wenig persönliche Erwerbserfahrung oder keinen Schulabschluss verfügen.

Aber auch die Erwerbserfahrung des Partners spielt eine Rolle: Eine hohe Erwerbserfahrung des Partners, die mit einer geringen Erwerbserfahrung der Frau zusammenfällt, geht im Schnitt mit geringeren Erwerbseintrittsraten der Frau einher. Frauen aus Haushalten, in denen die vormalige Arbeitsteilung zwischen den Partnern also tendenziell dem des männlichen Alleinverdieners entsprach, bedürfen daher besonderer Unterstützung bei der Arbeitsuche. Um sie gezielt zu fördern, ist es wichtig, die traditionelle Arbeitsteilung in der Partnerschaft nicht als gegeben hinzunehmen, sondern in Beratungsgesprächen konkret nach den Erwerbsvorstellungen und -wünschen der Frauen zu fragen und mögliche Alternativen aufzuzeigen.

Daten und Methoden

Zusammensetzung der Stichprobe: Die für diese Untersuchung betrachteten westdeutschen Frauen lebten mit einem Partner zusammen und traten zwischen Oktober 2005 und Dezember 2007 in den ALG-II-Bezug ohne gleichzeitige Beschäftigung ein. Die Eintrittsraten dieser Frauen in Beschäftigung wurden im Zeitraum bis Dezember 2008 mithilfe von ereignisanalytischen Verfahren untersucht. Um die frühere Erwerbsbeteiligung abzubilden, wurde die Beschäftigungsdauer jedes Partners in den letzten zehn Jahren herangezogen und aufsummiert.

Bei den Analysen wurde eine Vielzahl weiterer Eigenschaften berücksichtigt, um deren Einfluss zu kontrollieren. Dazu gehören Alter, Staatsangehörigkeit, Bildung, früheres Einkommen beider Partner, Gesundheit, Behinderung, Familienstand, Kinder, Kalenderzeit und regionale Informationen (Arbeitslosenquote, Anteil der ALG-II-Bezieher, Bevölkerungsdichte, Bruttoinlandsprodukt, Erwerbsquote, Kinderbetreuungsangebot).

 

Literatur

Hipp, Lena; Leuze Kathrin (2015): Institutionelle Determinanten einer partnerschaftlichen Aufteilung von Erwerbsarbeit in Europa und den USA. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 67(4), S. 659–684.

Kopf, Eva; Zabel, Cordula (2017): Frauen im SGB II – welche Rolle spielt der Partner? In: Forum Arbeit, H. 2, S. 6-11.

 

 

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