26. Juni 2019 | Serie „Zukunft der Grundsicherung“
Arbeitslosenversicherung: Aktuelle Reformvorschläge würden die Grundsicherung in begrenztem Ausmaß entlasten
Ziel der Arbeitslosenversicherung ist es, Menschen in Arbeitslosigkeit finanziell abzusichern. Das Arbeitslosengeld verschafft Arbeitslosen zudem mehr Zeit für die Suche nach einem geeigneten Arbeitsplatz. In wirtschaftlichen Krisenzeiten stabilisieren die Versicherungsleistungen die gesamtwirtschaftliche Güternachfrage.
Die Arbeitslosenversicherung ist dabei auch ein Umverteilungsmechanismus. Sie verteilt nicht nur finanzielle Mittel zwischen Menschen mit niedrigem und hohem Arbeitslosigkeitsrisiko um, sondern auch zwischen Betrieben und Branchen mit unterschiedlich stabilen Beschäftigungsverhältnissen sowie zwischen Regionen, die unterschiedlich stark von Arbeitslosigkeit betroffen sind.
In welchem Umfang Menschen von der Arbeitslosenversicherung in die Grundsicherung für erwerbsfähige Hilfebedürftige wechseln, hängt unter anderem von den Anspruchsvoraussetzungen für einen Bezug von Arbeitslosengeld und von der maximalen Bezugsdauer der Versicherungsleistung ab. Denn wer beim Verlust des Arbeitsplatzes kein Arbeitslosengeld I erhält oder dieses nach Auslaufen der Bezugsdauer nicht mehr bekommt, ist unter Umständen auf Arbeitslosengeld II angewiesen.
Leichter zu erfüllende Zugangsbedingungen für den Bezug von Arbeitslosengeld und längere Bezugsdauern werden daher immer wieder als probate Mittel in die politische Diskussion eingebracht, um die Dynamik des Zugangs in Hartz IV zu drosseln.
Dabei spielen Gerechtigkeitsargumente eine zentrale Rolle. Menschen, die in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben, eventuell schon seit vielen Jahren, sollen davor bewahrt werden, vorzeitig auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen zu sein. Wie im Folgenden gezeigt wird, dürfte sich die Zahl der Hartz-IV-Beziehenden dadurch allerdings nur in begrenztem Umfang reduzieren lassen.
Erleichterter Zugang zu Arbeitslosengeld kann das Verhalten positiv wie negativ beeinflussen
Wer Arbeitslosengeld beanspruchen möchte, muss sich zunächst bei der Agentur für Arbeit arbeitslos melden. Aktuell muss man hierfür in den beiden Jahren vor der Meldung (Rahmenfrist) mindestens zwölf Monate (Anwartschaftszeit) versicherungspflichtig beschäftigt oder aus sonstigen Gründen versichert gewesen sein. Bei überwiegend kurzen Beschäftigungsverhältnissen sieht das Gesetz unter bestimmten Bedingungen eine verkürzte Anwartschaftszeit von sechs Monaten vor; diese Regel nutzen aber weniger als 1.000 Personen pro Jahr.
Das Qualifizierungschancengesetz erweitert die Rahmenfrist ab dem Jahr 2020 von 24 auf 30 Monate. Ob die Rahmenfrist weiter verlängert und die Anwartschaftszeit verkürzt werden sollten, ist politisch umstritten. Die Befürworter argumentieren, dass kürzere Anwartschaftszeiten auch solchen Personen den Zugang zum Arbeitslosengeld eröffnen würden, die ansonsten keine Gegenleistung für ihre Beitragszahlungen erhalten. Auf der anderen Seite könnten Personen, die nur ab und zu und nur für kurze Zeit beschäftigt sind, dann regelmäßig Leistungen beanspruchen, die den Gegenwert ihrer Beitragszahlungen bei Weitem überträfen.
Aus ökonomischer Sicht kann ein erleichterter Zugang zum Arbeitslosengeld I das Verhalten von Arbeitslosen und Betrieben positiv wie negativ beeinflussen. So könnten kurze Beschäftigungsverhältnisse für Arbeitslose „attraktiver“ werden und diese deshalb eher bereit sein, wieder eine neue Stelle anzunehmen. Umgekehrt könnte aber auch die Konzessionsbereitschaft von Arbeitslosen verringert und damit Arbeitslosigkeit verlängert werden. Eine bessere Absicherung bei Arbeitslosigkeit könnte zudem bei manchen Arbeitgebern die Hemmschwelle senken, Personal zu entlassen. Zu der Frage, ob entsprechend veränderte Regelungen tatsächlich zu Verhaltensänderungen der beiden Marktseiten führen, liegen für Deutschland allerdings noch keine Befunde vor.
Verlängerung der Rahmenfrist um sechs Monate entlastet die Grundsicherung vergleichsweise wenig
Unabhängig von möglichen Verhaltenseffekten hätten geänderte Regelungen auch einen rein rechnerischen Effekt auf die Zahl der Anspruchsberechtigten. Die ungefähre Größenordnung lässt sich retrospektiv abschätzen. Im Rahmen einer Studie, die als IAB-Kurzbericht 9/2019 publiziert wurde, wurde dies für Personen untersucht, die im Jahr 2017 ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis beendeten und dann mindestens einen Monat keinen neuen Job angenommen hatten.
Wäre die Rahmenfrist bereits 2017 von 24 auf 30 Monate verlängert worden, hätten in der untersuchten Gruppe etwa 54.000 Personen mehr als bisher Anspruch auf Arbeitslosengeld I gehabt. Schätzungen zufolge hätten etwa 22.000 Personen diesen Anspruch auch geltend gemacht.
Grund dafür, diese Leistung nicht in Anspruch zu nehmen, kann zum Beispiel sein, dass die Betroffenen bereits eine neue Tätigkeit in Aussicht haben, sich (zeitweilig) aus dem Arbeitsmarkt zurückziehen oder das zu erwartende Arbeitslosengeld ohnehin sehr niedrig ausfällt. Möglicherweise ist ihnen ihr Anspruch aber auch gar nicht bekannt oder sie scheuen die bürokratischen Hürden. Bei einem Teil dürfte es sich um Personen mit einem Wohnsitz im Ausland handeln, die nach Ende ihrer Beschäftigung in Deutschland zumindest vorübergehend in ihr Heimatland zurückkehren.
Von den 54.000 Personen, die durch eine verlängerte Rahmenfrist zusätzlich Anspruch auf Arbeitslosengeld I erworben hätten, erhielten rund 11.000 unter der aktuellen Regelung nach Ende ihrer Beschäftigung Arbeitslosengeld II. Während ein Teil von ihnen schon als Beschäftigte ergänzende Leistungen der Grundsicherung bezog, war dies bei etwa 6.000 Personen einen Monat vor Beschäftigungsende noch nicht der Fall. Bei ihnen wäre die finanzielle Lage ihrer Bedarfsgemeinschaft entscheidend dafür gewesen, ob das Arbeitslosengeld I zur Deckung des Lebensunterhalts ausgereicht hätte.
Damit wäre es voraussichtlich nur einem Teil dieser 6.000 Personen gelungen, die Hilfebedürftigkeit zu vermeiden. Daher ist zu erwarten, dass die sechsmonatige Verlängerung der Rahmenfrist die Grundsicherung in sehr begrenztem Ausmaß entlasten wird.
Verkürzung der Anwartschaftszeiten würde die Zahl der Anspruchsberechtigten deutlich erhöhen
Im Vergleich zu längeren Rahmenfristen würden kürzere Anwartschaftszeiten die Zahl der zusätzlichen Anspruchsberechtigten deutlich stärker erhöhen. Sie würden für viele Personen aber auch nur zu relativ kurzen Anspruchsdauern führen.
Der am weitesten gehende Politikvorschlag sieht eine Rahmenfrist von 36 statt 30 Monaten und eine Anwartschaftszeit von 4 statt 12 Monaten vor. In diesem Fall hätten nach der IAB-Studie 597.000 Personen zusätzlich einen Anspruch auf Arbeitslosengeld I erworben, den voraussichtlich rund 217.000 auch genutzt hätten.
154.000 Personen, die einen zusätzlichen Anspruch auf Arbeitslosengeld I erworben hätten, erhielten 2017 entsprechend der aktuellen Regelungen nach Ende ihrer Beschäftigung Arbeitslosengeld II. Davon waren 86.000 Neuzugänge in Hartz IV. Sie hätten die Hilfebedürftigkeit verlassen können, wenn das Arbeitslosengeld bedarfsdeckend gewesen wäre.
Auch längere Bezugsdauern werden diskutiert
In der arbeitsmarktpolitischen Debatte geht es auch darum, ob die maximale Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes für Ältere verlängert werden sollte. Die maximale Bezugsdauer beträgt derzeit je nach Alter zwischen 12 und 24 Monaten (siehe Tabelle):
Mitunter wird argumentiert, dass Personen, die lange Jahre gearbeitet und folglich über lange Zeit Beiträge zur Arbeitslosenversicherung geleistet haben, länger Arbeitslosengeld beziehen sollten. Dies soll sie davor schützen, schon nach relativ kurzer Arbeitslosigkeit auf Hartz IV angewiesen zu sein – aber auch davor, gegebenenfalls Rücklagen für den Ruhestand auflösen und Wohnvermögen veräußern zu müssen.
So hat die SPD kürzlich vorgeschlagen, die maximale Bezugsdauer bei mindestens 20 Beitragsjahren um weitere drei, ab 25 Beitragsjahren um sechs und ab 30 Beitragsjahren um neun Monate zu verlängern. Damit soll die Lebensleistung von Arbeitslosen mit langjährigen Erwerbsbiografien besser gewürdigt werden.
Aus ökonomischer Sicht können längere Anspruchsdauern den Anreiz mindern, eine Beschäftigung aufzunehmen. Eine großzügigere Regelung gibt Arbeitslosen zwar mehr Zeit, nach einem für sie passenden Arbeitsplatz zu suchen. Eine längere Dauer der Arbeitslosigkeit kann aber auch bewirken, dass die Qualität der Jobangebote für Arbeitslose tendenziell sinkt.
Längere Bezugsdauern haben spürbare Verhaltenseffekte
Aus Studien von Stefan Bender, Johannes Schmieder, Simon Trenkle und Till van Wachter lassen sich Faustregeln ableiten, wie sich eine längere Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes in Deutschland auswirken dürfte. Bei einer um einen Monat längeren maximalen Bezugsdauer
- verlängert sich die Zeit bis zur Aufnahme einer neuen Beschäftigung je nach Altersgruppe um zwei bis fünf Tage,
- steigt die Dauer des Arbeitslosengeldbezugs um etwa 10 Tage,
- sinken die Wiedereinstiegslöhne geringfügig um etwa 0,1 Prozent,
- lassen sich keine Unterschiede bei den Vermittlungsaktivitäten der Bundesagentur für Arbeit feststellen.
Dies sind die mittleren Effekte für alle Arbeitslosen der untersuchten Altersgruppen. Dabei spiegelt der erstgenannte Effekt einen reinen Verhaltenseffekt wider, weil sich manche Arbeitslose mehr Zeit mit der Jobsuche lassen, wenn sie von einer längeren Bezugsdauer ausgehen.
Der zweite Effekt schließt diesen Verhaltenseffekt ein, geht aber deutlich darüber hinaus. Denn mit der maximal möglichen Bezugsdauer steigt automatisch auch die tatsächliche durchschnittliche Bezugsdauer, weil nunmehr auch Personen einen Leistungsanspruch haben, der nach bisheriger Rechtslage bereits abgelaufen wäre.
Die Autoren nutzen für ihre Analysen die Tatsache aus, dass die maximale Bezugsdauer bei der Überschreitung bestimmter Altersgrenzen zunimmt. Genau an diesen Stellen steigt die Verweildauer in Arbeitslosigkeit sprunghaft an (mögliche Effekte unterschiedlicher persönlicher oder arbeitsmarktbezogener Merkmale sind dabei herausgerechnet). Bei Altersgrenzen, an denen die Anspruchsdauer nicht steigt, finden sich solche abrupten Verhaltensänderungen nicht.
Stärkere Orientierung der Bezugsdauer an den Beitragszeiten dürfte die Grundsicherung geringfügig entlasten
Mit Blick auf den oben erwähnten Vorschlag der SPD, die Dauer des Arbeitslosengeldbezugs auch an die Lebensleistung zu koppeln, stellt sich die Frage, ob dies zu einer merklichen Entlastung der Grundsicherung beitragen würde.
Die unmittelbaren mechanischen Effekte einer solchen Änderung lassen sich retrospektiv nicht abschätzen, da der Vorschlag bislang nicht genauer spezifiziert ist. Die nachfolgenden Auswertungen basieren daher auf verschiedenen Annahmen und bieten nur erste Anhaltspunkte für mögliche Auswirkungen auf die Grundsicherung (zur Datengrundlage und Methodik siehe Infokasten „Daten und Methoden“).
Ausgangspunkt ist der Befund, dass den verfügbaren Daten nach im Jahr 2014 knapp 400.000 Personen den Bezug von Arbeitslosengeld aufnahmen, die hochgerechnet mehr als 20 Jahre gearbeitet hatten (siehe Abbildung). Unterstellt man, dass Menschen in der ehemaligen DDR ab dem Alter von 22 Jahren beschäftigt waren, steigt diese Zahl auf gut 460.000. Diese beiden Größen lassen sich als Unter- und Obergrenzen interpretieren.
Davon schöpften schätzungsweise zwischen 52.000 und 56.000 Personen die ihrem Alter entsprechende maximale Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I voll aus. Wiederum 7.000 von ihnen bezogen anschließend innerhalb eines Jahres Arbeitslosengeld II, waren also Neuzugänge in Hartz IV.
Mit anderen Worten: Der Anteil der Arbeitslosen mit langen Vorbeschäftigungszeiten, die von der Arbeitslosenversicherung in die Grundsicherung wechseln, beläuft sich auf weniger als zwei Prozent. Nur wenige Personen würden also den Bezug von Arbeitslosengeld II vermeiden, wenn die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I an die Lebensleistung gekoppelt würde.
Dies schließt nicht aus, dass Personen mit langen Vorbeschäftigungszeiten nach Ende der Bezugsdauer in deutlich größerem Umfang Anspruch auf Hartz IV hätten. Gleichwohl lehrt die Erfahrung, dass ein Teil von ihnen diesen Anspruch nicht geltend macht. Wieder andere müssten vermutlich in größerem Umfang Rücklagen für ihre Alterssicherung auflösen oder frühzeitig in Rente gehen. Dies lässt sich aber auf Basis der vorliegenden Daten nicht quantifizieren.
Fazit
Mithilfe der derzeit diskutierten oder bereits beschlossenen Reformen der Arbeitslosenversicherung kann die Zahl der Menschen, die Arbeitslosengeld II beziehen, allenfalls moderat verringert werden. Dies gilt insbesondere für die anstehende Verlängerung der Rahmenfrist um sechs Monate.
Kürzere Anwartschaftszeiten würden die Zahl derjenigen, die zusätzlich Anspruch auf Arbeitslosengeld I hätten, zwar deutlich stärker erhöhen, für viele Personen aber nur zu relativ kurzen Anspruchsdauern führen. Dass Menschen dadurch dauerhaft den Bezug von Arbeitslosengeld II vermeiden können, dürfte daher ebenfalls die Ausnahme sein. Ganz abgesehen davon, dass die administrativen Kosten aufgrund häufigerer Wechsel zwischen Arbeitslosenversicherung und Grundsicherung gleichzeitig steigen dürften.
Auch die Verlängerung der maximalen Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I für Menschen mit langen Beitragszeiten würde keinen entscheidenden Beitrag zur Vermeidung von Hartz IV leisten. Letzteres muss natürlich nicht das primäre Ziel einer entsprechenden Reform sein. Es kann auch in erster Linie darum gehen, innerhalb der Arbeitslosenversicherung, die bereits jetzt zwischen Personen, Betrieben, Branchen und Regionen umverteilt, die Umverteilungskriterien zu verändern. Allerdings ist davon auszugehen, dass mit der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes auch die Dauer der Arbeitslosigkeit steigen würde.
Gleichzeitig ist fraglich, ob eine längere Anspruchsdauer positive Effekte auf Löhne und Beschäftigungsqualität hätte. Eine Alternative, um unerwünschte Verhaltenseffekte zu vermeiden und gleichzeitig Lebensleistung in der Arbeitslosenversicherung zu honorieren, könnten beispielsweise Schadensfreiheitsrabatte bei den Versicherungsbeiträgen langjährig Beschäftigter sein. Weitere mögliche Ansatzpunkte könnten in der Grundsicherung ein höheres Schonvermögen oder großzügigere Regelungen zur angemessenen Unterkunft sein. Dies – wie auch die Art und Weise der Gegenfinanzierung – müsste aber letztlich politisch diskutiert und entschieden werden.
Literatur
Schmieder, Johannes; von Wachter, Till; Bender, Stefan (2016): The causal effect of unemployment duration on wages: Evidence from unemployment insurance extensions. American Economic Review 106, S. 739–777.
Schmieder, Johannes; von Wachter, Till; Bender, Stefan (2012): The effects of extended unemployment insurance over the business cycle: Evidence from regression discontinuity estimates over 20 years. The Quarterly Journal of Economics 127, S. 701–752.
Schmieder, Johannes; Trenkle, Simon (2016): Disincentive effects of unemployment benefits and the role of caseworkers. IZA discussion paper 9868.
Stephan, Gesine (2019): Anspruchsvoraussetzungen beim Arbeitslosengeld: Längere Rahmenfrist hat überschaubare Auswirkungen. IAB-Kurzbericht Nr. 9.
Daten und Methoden
Datenbasis ist eine 2-Prozent-Stichprobe der Integrierten Erwerbsbiografien (IEB) des IAB in der aktuellen Version 13.01.00-181010. Die IEB umfassen unter anderem Episoden gemeldeter abhängiger Beschäftigung sowie des Bezugs von Arbeitslosengeld. Die Auswertung geht in drei Schritten vor:
- Zunächst wird für alle Personen, die im Jahr 2014 den Bezug von Arbeitslosengeld aufgenommen haben, die erste Leistungsepisode ausgewählt. Zurückschauend wird dann berechnet, wie hoch zuvor ihre „Lebensleistung“ war, ob sie also mindestens 20, 25 oder 30 Jahre versicherungspflichtig beschäftigt waren. Der Übersichtlichkeit halber werden die Ergebnisse hier nur zusammengefasst dargestellt (Lebensleistung von mehr als 20 Jahren Beschäftigung). Dabei werden hier zwei Varianten gerechnet: In der ersten Variante werden nur die verfügbaren Informationen genutzt – Beschäftigungszeiten liegen für Westdeutschland ab dem Jahr 1975 und für Ostdeutschland ab dem Jahr 1992 vor. In der zweiten Variante wird unterstellt, dass alle Personen, deren erste Beschäftigungsmeldung aus Ostdeutschland stammt, ab einem Alter von 22 Jahren bis zum Jahr der Einheit ununterbrochen beschäftigt waren.
- Im nächsten Schritt wird angenommen, dass die maximalen Bezugsdauern nur solcher Personen verlängert würden, die bereits unter den geltenden Regelungen einen Anspruch auf die maximal mögliche Bezugsdauer gehabt hätten. Von Interesse ist, wer von ihnen die maximale Bezugsdauer tatsächlich in Anspruch nimmt und dabei auch die Verlängerung nutzt. Hilfsweise wird hier geprüft, wie viele der Personen die ihrem Alter gemäße maximale Bezugsdauer (von bis zu zwei Jahren) in Anspruch genommen haben. Nicht berücksichtigt wird in dieser überschlägigen Rechnung, ob Personen während des Bezugs von Arbeitslosengeld an der Förderung beruflicher Weiterbildung teilgenommen haben (Tage in solchen Maßnahmen werden nur halb auf die verbleibende Bezugsdauer angerechnet).
- Im Mittelpunkt des Interesses steht hier die Schnittstelle zur Grundsicherung für Arbeitsuchende. Daher wird in einem dritten Schritt ausgewertet, ob der erste Bezug von Arbeitslosengeld II für die im zweiten Schritt identifizierten Personen nicht mehr als 30 Tage vor und nicht mehr als 360 Tage nach der für das Alter maßgeblichen maximalen Bezugsdauer erfolgte. Eine solche Aufnahme würde darauf hinweisen, dass Bedürftigkeit mit dem Auslaufen des Arbeitslosengeldes entstanden ist.
Stephan, Gesine (2019): Arbeitslosenversicherung: Aktuelle Reformvorschläge würden die Grundsicherung in begrenztem Ausmaß entlasten, In: IAB-Forum 26. Juni 2019, https://www.iab-forum.de/arbeitslosenversicherung-aktuelle-reformvorschlaege-wuerden-die-grundsicherung-in-begrenztem-ausmass-entlasten/, Abrufdatum: 18. November 2024
Autoren:
- Gesine Stephan