24. April 2024 | Arbeitsmarktpolitik
Positive Bewertungen bei Kontakt, aber viele Betriebe kennen die Dienstleistungen des Arbeitgeber-Service der Bundesagentur für Arbeit nicht
Als zentraler Ansprechpartner für Arbeitgeber erbringt der Arbeitgeber-Service (AG-S) der Bundesagentur für Arbeit (BA) vielfältige arbeitgeberorientierte Dienstleistungen rund um das Thema Personal. Neben der Vermittlung passender Bewerberinnen und Bewerber liegt ein weiterer Schwerpunkt des AG-S auf der individuellen Arbeitsmarktberatung zu alternativen Strategien der Arbeits- und Fachkräftesicherung. Diese umfasst unterschiedliche Handlungsansätze der Personalrekrutierung, -bindung und -entwicklung sowie entsprechende finanzielle Unterstützungsleistungen der BA.
Um herauszufinden, wie Arbeitgeber den Arbeitgeber-Service der BA nutzen und bewerten, erfolgte im zweiten Quartal 2023 im Rahmen der IAB-Stellenerhebung eine telefonische Sonderbefragung bei rund 7.500 Betrieben. Dabei lag ein Schwerpunkt auch auf Betrieben, die in den letzten zwölf Monaten nicht in Kontakt mit dem AG-S standen.
Die Befragung im zweiten Quartal 2023 hat ergeben, dass innerhalb der letzten zwölf Monate 25 Prozent der Betriebe Kontakt und 72 Prozent keinen Kontakt zum AG-S hatten (siehe Abbildung 1). Für die kommenden zwölf Monate planten 13 Prozent der befragten Betriebe, die Dienstleistungen des AG-S in Anspruch zu nehmen.
Die Befragung wurde in ähnlicher Form bereits im zweiten Quartal 2018 durchgeführt (lesen Sie hierzu einen 2019 im IAB-Forum erschienenen Beitrag von Mario Bossler und anderen). Für die im Folgenden vorgestellten Ergebnisse ist daher an zentralen Stellen eine vergleichende Einordnung möglich.
Die Mehrheit der Betriebe mit Kontakt zum Arbeitgeber-Service bewertet diesen positiv
Der Anteil der offenen Stellen, die der BA durch die Betriebe insgesamt mit Vermittlungsauftrag gemeldet werden, betrug im zweiten Quartal 2023 rund 41 Prozent. Im Vergleich zu 2018, als die Meldequote 53 Prozent betrug, wurden die Dienstleistungen der BA also weniger in Anspruch genommen.
Die Betriebe, die innerhalb der letzten zwölf Monate Kontakt zum AG-S hatten, vergaben im Rahmen der Befragung im zweiten Quartal 2023 für ihre Zufriedenheit mit den Leistungen des AG-S Noten zwischen 1 („sehr gut“) und 6 („sehr schlecht“): 75 Prozent der Betriebe mit mindestens 250 Beschäftigten und 67 Prozent der Betriebe mit weniger als 250 Beschäftigten bewerteten die Leistungen des AG-S mit „sehr gut“ oder „gut“.
Allerdings schneidet der AG-S bei den Betrieben mit weniger als 250 Beschäftigten schlechter ab: In dieser Gruppe vergaben über 10 Prozent der Betriebe die Note „ausreichend“ oder schlechter, während diese Bewertungen nur von knapp 4 Prozent der Betriebe mit mindestens 250 Beschäftigten vergeben wurden (siehe Abbildung 2).
In der Befragung vor fünf Jahren wurden vergleichbare Anteile berichtet: Im zweiten Quartal 2018 bewerteten 79 Prozent der Betriebe mit mindestens 250 Beschäftigten und knapp 67 Prozent der Betriebe mit weniger als 250 Beschäftigten die Leistungen der vergangenen drei Jahre mit „sehr gut“ oder „gut“.
Kann der AG-S keine passenden Bewerberinnen und Bewerber vermitteln, führt dies zu Unzufriedenheit
Um die Ursachen für die geringe Inanspruchnahme der Dienstleistungen des AG-S näher zu beleuchten, wurden diejenigen Betriebe, die in den letzten zwölf Monaten Kontakt zum AG-S hatten, zu den Gründen für mögliche Unzufriedenheiten befragt. Sie sollten im Fall einer Bewertung mit der Note 2 („gut“) oder schlechter angeben, weshalb das Angebot des AG-S nicht ihren Erwartungen entsprach (siehe Abbildung 3).
Mit einem Anteil von 98 Prozent berichteten fast alle Betriebe, die die Leistungen mit „schlecht“ oder „sehr schlecht“ bewerteten, dass die BA keine passenden Personen vermittelt hatte. Über alle Noten hinweg war dies der Hauptgrund für Abschläge bei der Beurteilung.
Zu beachten ist, dass der AG-S grundsätzlich nur solche Personen vermitteln kann, die sich bei der BA arbeitsuchend gemeldet haben (betreut und unbetreut). Von den rund 4,4 Millionen bei der BA im Oktober 2023 arbeitsuchend gemeldeten (und somit vermittelbaren) Personen waren 2,6 Millionen oder knapp 60 Prozent in den Rechtskreisen SGB III und SGB II arbeitslos gemeldet.
Anton Klaus und Ralf Beckmann weisen in ihrem aktuellen Bericht „Arbeits- und Fachkräftemangel trotz Arbeitslosigkeit“ darauf hin, dass mehr als die Hälfte der arbeitslosen Menschen in Deutschland keine Qualifikation hat, die den Anforderungen der meisten Stellenangebote genügt: „Sie suchen eine Tätigkeit im Helfersegment, der Großteil der gemeldeten Arbeitsstellen richtet sich jedoch an qualifizierte Fachkräfte.“ Je länger eine Person arbeitslos ist, desto eher ist eine Suche im Helfersegment wahrscheinlich. Somit ist zu erwarten, dass die Personen, die von der BA vermittelt werden können, nicht immer den Anforderungen der Arbeitgeber entsprechen.
Die BA befindet sich hier in einem klassischen Zielkonflikt. Einerseits muss sie die von den Betrieben eingeforderte Vermittlung (beziehungsweise die Vermittlungsqualität) verbessern. Andererseits muss sie – auch in Zeiten von Fachkräfteengpässen – allen arbeitsuchenden Personen (neue) Chancen und Möglichkeiten am Arbeitsmarkt aufzeigen.
Ein Lösungsansatz, den der AG-S bereits verfolgt, ist eine Arbeitsmarktberatung für Betriebe, die mit Qualifizierungsberatung und Qualifizierungsangeboten verbunden wird und die mit einer entsprechenden Förderung nach dem Qualifizierungschancengesetz, dem Arbeit-von-Morgen-Gesetz und dem Weiterbildungsgesetz flankiert und realisiert wird.
Wenn der AG-S Personen vorschlägt und diese sich nicht bewerben, sorgt dies ebenfalls für Kritik
Ein zweiter wichtiger Kritikpunkt der befragten Betriebe betrifft fehlende Bewerbungen von Personen, die der AG-S vorgeschlagen hat. Arbeitgeber werden über die Vermittlungsvorschläge informiert, die arbeitsuchenden Personen unterbreitet wurden. Wenn diesen Vorschlägen keine entsprechenden Bewerbungen folgen, kann dies ebenfalls zu Unzufriedenheit auf Arbeitgeberseite beitragen. Fast 83 Prozent der Betriebe, die den AG-S mit „schlecht“ oder „sehr schlecht“ beurteilten, berichteten, dass sich von der BA vorgeschlagene Personen letztlich nicht beworben hatten.
Bei der Interpretation der genannten Punkte ist zu berücksichtigen, dass der AG-S zusammen mit der Arbeitnehmerorientierten Vermittlung für die Vorschlagsunterbreitung zuständig ist. Er kann außerdem nur bedingt Einfluss auf die marktnahe Qualifizierung von Bewerbenden und deren Bewerbungsverhalten nehmen, da hierfür andere Einheiten der BA im Fokus stehen.
Die obigen Befunde sind daher unter der Einschränkung zu interpretieren, dass diese nicht notwendigerweise alleinig auf die Arbeit des AG-S zurückzuführen sind. Denn hier kann nicht zwischen der Arbeit des AG-S und der weiteren am Vermittlungsprozess beteiligten Einheiten wie Arbeitsagenturen (AA) sowie gemeinsame Einrichtungen der BA und eines kommunalen Trägers (gE), Arbeitnehmerorientierte Vermittlung (ANoV), Integrationsfachkräfte (IFK), Berufsberatung vor dem Erwerbsleben (BBvE) und Arbeitgeberorientierte Vermittlung (AG-V) differenziert werden.
Viele Betriebe bemängeln zudem die Qualität der Beratungsleistungen
Ein dritter wichtiger Punkt, der mit Abschlägen bei der Bewertung des AG-S einhergeht, betrifft nicht erfüllte Erwartungen der Betriebe an die Beratungsleistungen des AG-S. Über drei Viertel der Betriebe mit einem schlechten oder sehr schlechten Votum bemängelten die Qualität der erfolgten Beratung.
Als weitere Gründe nannten die Betriebe eine schlechte Erreichbarkeit des AG-S und eine lange Bearbeitungsdauer. Da die Zahl dieser Nennungen vergleichsweise gering ist und mit zunehmend schlechter Bewertung weniger stark steigt, sind diese Kritikpunkte jedoch nicht die Treiber für Abschläge bei der Bewertung.
Im Rahmen der Sonderbefragung im zweiten Quartal 2023 wurden auch diejenigen Betriebe um ihre Einschätzung gebeten, die in den letzten zwölf Monaten keinen Kontakt zum AG-S hatten. Das waren drei Viertel aller befragten Betriebe (siehe Abbildung 1). Von diesen Betrieben gaben 92 Prozent an, keine weitere Unterstützung durch den AG-S zu benötigen. 75 Prozent führten an, keinen Personalbedarf zu haben (siehe Abbildung 4).
Diese Ursachen für eine fehlende Inanspruchnahme sind durch den Arbeitgeber-Service nicht zu beeinflussen und auch nicht per se negativ einzuschätzen. Viele Betriebsstätten in Deutschland haben nur wenige Beschäftigte, so haben rund drei Viertel aller Betriebe weniger als zehn Beschäftigte. Diese kleinen Betriebe haben vergleichsweise selten eine Stelle neu zu besetzen.
51 Prozent der Betriebe sind die Dienstleistungen des Arbeitgeber-Service nicht bekannt
71 Prozent der Betriebe, die in den letzten zwölf Monaten keinen Kontakt zum AG-S hatten, gaben zudem an, dass ihnen die Dienstleistungen des AG-S nicht bekannt sind (siehe Abbildung 4). Die übrigen 28 Prozent dieser Betriebe erklärten, die Dienstleistungen des AG-S zu kennen. Von den Betrieben, die „weiteren Unterstützungsbedarf“ sahen (8 Prozent), kannten 69 Prozent die Dienstleistungen des AG-S nicht.
Bezieht man die hochgerechnet 1,1 Millionen Betriebe ohne Kenntnis der Dienstleistungen des AG-S auf alle 2,1 Millionen Betriebe in Deutschland, zeigt sich, dass insgesamt 51 Prozent aller Betriebe zum Befragungszeitpunkt nicht über das Dienstleistungsangebot des AG-S informiert waren.
Ein Vergleich mit den Ergebnissen aus dem Jahr 2018 ist nur mit Einschränkungen möglich, denn diese Abfrage bezog sich auf einen möglichen Kontakt zum AG-S in den vergangenen drei Jahren und nicht, wie aktuell, auf die letzten zwölf Monate. Damals waren die Dienstleistungen des AG-S 31 Prozent der Betriebe nicht bekannt.
Für Betriebe ohne Kontakt zum AG-S passt das Angebot häufig nicht zu ihren Bedarfen
Von den 28 Prozent der Betriebe, die das Angebot des AG-S zwar kannten, es aber in den vergangenen zwölf Monaten nicht in Anspruch genommen hatten (siehe Abbildung 4), erklärten 37 Prozent, das Angebot passe nicht zu ihren Bedarfen (siehe Abbildung 5). Positiv ist hervorzuheben, dass nur für 7 Prozent dieser Betriebe schlechte Erfahrungen in der Vergangenheit dazu beigetragen haben, dass der AG-S in den letzten zwölf Monaten nicht erneut kontaktiert wurde.
Die Erhebung der möglichen Gründe hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit: Rund 42 Prozent der angesprochenen Betriebe gaben andere (nicht weiter differenzierbare) Gründe an.
Fazit
Insgesamt kann der fehlende Personal- und Unterstützungsbedarf überwiegend kleiner Betriebe zu einem großen Teil den hohen Anteil von Betrieben ohne Kontakt zum AG-S von 72 Prozent erklären. Aufseiten des AG-S bestehen jedoch Probleme im Hinblick auf die Bekanntheit des Dienstleistungsangebots und das Erwartungsmanagement, die es zu lösen gilt.
Es ist das Selbstverständnis des AG-S, im Bedarfsfall für Betriebe als erste Adresse zur Lösung bestehender Fachkräfteprobleme zur Verfügung zu stehen, um die betrieblichen Anforderungen mit hoher Beratungs- und Vermittlungsqualität zur Zufriedenheit zu erfüllen. Dies kann nur gelingen, wenn die Bekanntheit der Dienstleistungen des AG-S bei den Betrieben gesteigert wird. Die Sonderbefragung zum Arbeitgeber-Service im zweiten Quartal 2023 macht deutlich, dass der AG-S gerade in Bezug auf seine Marktdurchdringung in den letzten fünf Jahren an Boden verloren hat.
Die nach wie vor mehrheitlich gute Gesamtbewertung der Dienstleistungen des AG-S durch derzeitige Kundinnen und Kunden spiegelt die Zufriedenheit der Betriebe mit der erbrachten Leistung wider. Dennoch besteht die Gefahr, dass insbesondere im Falle einer schlechten Passung der Bewerberinnen und Bewerber im Vermittlungsgeschäft, durch die fehlende Mitwirkung der Arbeitsuchenden im Prozess oder eine nicht den Erwartungen entsprechende Beratungsqualität Unzufriedenheit entsteht, die über kurz oder lang zu einer sinkenden Akzeptanz seitens der Betriebe führt.
Ziel des AG-S sollte sein, diese Gefahr des Kundenverlusts zu minimieren und auf der Basis einer gesteigerten Bekanntheit gegenüber allen Betrieben gleichermaßen ein guter persönlicher Ansprechpartner zur Lösung von akuten wie künftigen Problemen am Arbeitsmarkt zu sein.
In aller Kürze
- Die Mehrheit der Betriebe mit Kontakt zum Arbeitgeber-Service (AG-S) der Bundesagentur für Arbeit (BA) bewertet diesen positiv. Eine schlechte Passung der Bewerberinnen und Bewerber im Vermittlungsgeschäft oder die am Ende fehlende Bewerbung von zu vermittelnden Personen führt zu deutlichen Abschlägen bei der Bewertung. Eine schlechtere Bewertung wird auch vergeben, wenn die Beratungsqualität nicht den Erwartungen der Betriebe entspricht.
- 25 Prozent der befragten Betriebe hatten innerhalb der letzten zwölf Monate Kontakt zum AG-S der BA. Der hohe Anteil von Betrieben ohne Kontakt zum AG-S erklärt sich zum großen Teil durch ihren fehlenden Personal- und Beratungsbedarf. Den Betrieben ist jedoch teilweise auch das Dienstleistungsangebot des AG-S nicht bekannt.
- Über die Hälfte der Betriebe kennt derzeit die Dienstleistungen des AG-S nicht. Dieser Anteil hat sich in den letzten fünf Jahren deutlich erhöht. Eine höhere allgemeine Bekanntheit sowie eine gute Beratungsqualität und Vermittlungsleistung sind entscheidend, dass sich die Relevanz des AG-S als Akteur am Arbeitsmarkt steigern kann.
Literatur
Bossler, Mario; Kubis, Alexander; Rebien, Martina (2019): Arbeitgeber bewerten die Dienstleistungen der Bundesagentur für Arbeit überwiegend positiv. In: IAB-Forum, 22.08.2019.
Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2024): Arbeits- und Fachkräftemangel trotz Arbeitslosigkeit. Arbeitsmarkt kompakt.
Bild: TONI MADER mbs
DOI: 10.48720/IAB.FOO.20240424.01
Hentschke, Anna; Kubis, Alexander (2024): Positive Bewertungen bei Kontakt, aber viele Betriebe kennen die Dienstleistungen des Arbeitgeber-Service der Bundesagentur für Arbeit nicht, In: IAB-Forum 24. April 2024, https://www.iab-forum.de/positive-bewertungen-bei-kontakt-aber-viele-betriebe-kennen-die-dienstleistungen-des-arbeitgeber-service-der-bundesagentur-fuer-arbeit-nicht/, Abrufdatum: 17. November 2024
Autoren:
- Anna Hentschke
- Alexander Kubis